Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Zwischen Wiesensteig und Drackenstein, Schwäbische Alb


Folgt man dem bis zu 200 m tief ein die Kuppenalb eingeschnittenen Filstal von der Quelle abwärts, dann stößt man nach wenigen Kilometern auf einen idyllisch gelegenen Ort - Wiesensteig. 

In Höhe von Mühlhausen im Tale liegt am südlichen Talhang der Eingang in die Todsburger Höhle. Sie liegt heute ganz im Lärmausstrahlbereich der Autobahn, deren einer Ast nicht weit entfernt davon unterhalb Teil des Albaufstiegs ist.

Die Verhältnisse müssen früher ganz andere gewesen sein. Da "quälte" sich aus heutiger Sicht der Verkehr vom Tale in die Höhe. Das blieben unterwegs aber viele auch "hängen". Genossen Speis und Trank in den Gaststätten am Weg, übernachteten dort, brachten Geld in die Gegend, die damals mal blühte. Gaststätten überall in den kleinen Orten entlang der Straße. Heute (2012) - leere Häuser. "Vor allem die Holländer. Die aßen Kalbfleisch. Und bestellten auch noch Nachtisch!" "150 Essen mittags, da hätten Sie keinen Platz mittags hier gefunden." Aussagen unserer Wirtin, die uns im Juni 2012 bediente, und die uns den entscheidenden Tip gab, wo wir denn den Schlüssel zur "Todsburger Höhle" bekommen könnten. Ich hatte noch einen alten Computerausdruck in der Hand. Da stand noch: Schlüssel beim Wirtshaus "Zum Eselseck" - aber das gab es schon seit 4 Jahren gar nicht mehr. Es soll im Umbau begriffen sein. Wieder versucht es offenbar jemand. Auch in schwierigen Zeiten. Heute gibt es den Schlüssel in der "Schönen Aussicht". Wir fanden das Etablissement, in dem tagsüber überhaupt nichts los war. Ein Formular flott ausgefüllt, schon hatte ich den Schlüssel.

Es galt nun die Höhle zu finden. Ich finde das immer wieder spannend. Denn die alten Erinnerungen sind praktisch wieder weg, nach 40 Jahren. Aber wir haben es dann doch geschafft. Die Spuren im Gelände waren einfach leitend. Aber man muß sie schon noch lesen können, wenn man nicht so ein GPS-Gerät nur in der Hand hält. Ich finde es OHNE viel spannender und belohnender! Da sieht man zuerst mal nicht viel, folgt den Trampelspuren und, plötzlich, ums Felseck herum, auf einmal, der Höhleneingang.

Zumindest die Eingänge zu den meisten Höhlen auf der Schwäbischen Alb sind seit Urzeiten schon bekannt. Von der Todsburger Höhe gab es zumindest die Sage, daß sich ein Geheimgang "stundenweise" bis zum Drackenstein erstrecke, als quer durch das ganze Bergstück bis auf die andere Seite reiche. Aus dem Jahre 1877 stammt der erste Hinweis, daß  italienische Arbeiter, die beim Bau der Wasserleitung beschäftigt waren, in die Höhle eingedrungen seien und "viele Tropfsteine hinausgetragen" hätten. Wie hat das früher denn dort ausgesehen? Ein örtlicher "Verschönerungsverein" machte sich wohl in der Zeit um 1890 daran, die Höhlen mit "Wegen und Stegen" zu versehen, damit mehr Menschen in die Höhle konnten. Eine "gotisch begehbare Halle" wurde erschlossen, ein Schluf vom "Mannsdicke" machte wohl Schwierigkeiten - es gibt ihn noch heute.

Eine Erfolgsgeschichte wurde die Erschließungsgeschichte nie. Und heute ist die Höhle nicht von "Höhlenforschern" begehbar, die immer nur aufrecht gehen können, nicht bücken wollen bzw. müssen, sich nicht dreckig machen wollen, es einfach bequem haben wollen. Das funktioniert auch heute noch nicht - nach 120 Jahren "Erschließungsgeschichte", glücklicherweise.

Wem die natürlichen Quälereien zu viel sind, der muß halt umdrehen, selbst wenn er den Schlüssel zur Eingangstüre in die Höhle hat. Es lohnt sich aber, auf den am Boden liegenden wackligen Holzbrettern unterhalb der niedrigen Felsdecke durchzurutschen. Erst wird es mal höher, dann zeigt uns auch wieder einmal der Fels, wer den Maßstab vorgibt. Nicht wir "kleine Menschlein", wenn wir nicht gerade Sprengstoff im Rucksack" haben. Stellvertretend für uns, gewählt ja durch unsere demokratischen Rituale, tun das ja das "Bundesministerium für Verkehr", das "Bundesministerium für Wirtschaft" und ähnliche Institutionen.

Ein bißchen feuchte Strecke, dann konnten wir die mit Wasser gefüllten Becken verlassen, große Sinterbecken, und es war möglch, in eine kleine versinterte Halle einzusteigen. Jenseits davon war schon wieder ein Wasserbecken, noch mehr Sinter. Es galt sich am Rande an den Figuren festzuhalten, wenn man kein Fußbad haben wollte. Danach ging es rutschig und glitischig weiter. Mit einer Kamera in der Hand, das war nicht wirklich verlockend. Ein paar Bilder, dann ging es wieder zurück. Lehmverschmiert, angefeuchtet. Am besten zieht man am Eingang standesgemäß Schlaz und Stiefel an, eine gute Beleuchtung ist nicht schlecht - und ist bereit, daß man sich ein wenig einsaut, vielleicht mal richtig naß wird und am Schluß auch noch am Bauche ganz hinter kriecht, das ist die passende Einstellung!

Nordöstlich von der Todsburger Höhle verbirgt sich im Waldboden ein unscheinbares Felsloch, das zu einer der bedeutendsten Schachthöhlen der Schwäbischen führt. Über den Eingang zum Todsburger Schacht ist heute ein Gitter angebracht. Den Schlüssel dazu soll es im Rathaus Mühlhausen geben und, zumindest lt. Binder/Jantzschke-Führer, wieder im "Eselseck" (siehe oben!). 1936 wurde er erstmals befahren, allerdings nur bis - 40 m. Die Höhle ist ein ganzes System von Schächten, Gängen und Hallen und ist sowohl auf Schichtfugen und längs tektonischer Klüfte angelegt. (T - 69 m).

Beim Bau der Autobahn wurde das Drachenloch im Osthang des Filstales zerstört. Einstmals soll dort ein Drache gelebt haben, der die Tochter des Königs dort gefangen gehalten hatte. Ein junger Ritter, der Westerheimer genannt, kam, sah und siegte. Er bezwang den Drachen, befreite die Jungfrau und bekam sie vom Vater zur Frau. Die tausendfach wiedererzählte Geschichte.


Literatur:

Binder, Hans Höhlenführer Schwäbische Alb, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart und Aalen 1977
Binder, Hans, Jantzsche, Herbert Höhlenführer Schwäbische Alb, Konrad Theiss Verlag, DRW, 2003
o.V. Schertelshöhle bei Westerheim seit 175 Jahren Schauhöhle, Laichinger Höhlenfreund 2007, S. 142

Links:

https://www.wiesensteig.de

https://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/845/Wiesensteig

Höhlen im Filstal


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