Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Charlottenhöhle bei Hürben, Schwäbische Alb
Bärenschliff
Wie zuverlässig ist unser Gedächtnis? Diese wichtige Frage, die Psychologen seit langem schon sehr skeptisch beantworten, und die in ihrer Bedeutung gar nicht in der Praxis zu unterschätzen ist, hab ich mir auch gestellt, als ich am 22. August 2004 zum zweiten Male die Charlottenhöhle bei Hürben zusammen mit Willi Adelung besuchte.
Es war schon lange her seit meinem ersten Besuch. Es war 1975 nach einem Besuch des Eselsburger Tals. Alles, was da noch übrig war, das war die Erinnerung an einen Tropfstein, der überall und immer wieder abgebildet wird, und einen langen, ziemlich engen Felsschlauch, der irgendwann zu Ende war. Das kommt raus dabei, wenn die Erinnerung abstrahiert, abstrahiert, abstrahiert, sprich das Hirn vergißt, vergißt, vergißt. Was bleibt dann noch übrig.
Ab und zu tut eine Auffrischung ganz gut, mit vielen Dingen, und besonders im Falle der Charlottenhöhle war das eine sehr angenehme Erfahrung.
Wir hatten einen Führer der Extraklasse, einen, wie ich schon lange nicht mehr erlebt habe. Engagiert und kompetent führte er die kleine Besuchergruppe, schließlich waren wir schon gegen 10 Uhr da, durch die Schlauchhöhle. Wenn man alles auch ein Wort reduzieren müßte, ich würde dieses Wort einfach wählen.
Es waren 3 an der Kasse abzuliefern. Wenn man sieht, wie andere Schauhöhlenverwaltungen wirklich "hinlangen", dann ist das noch wirklich ein "vernünftiger" und vertretbarer Preis (2 Wochen vorher war ich etwa in der Tinaztepe-Höhle in der Türkei und hatte an der Kasse ganz einfach 5 hinzulegen. Den Rest habe ich mir dann selbst erschlossen).
Von "Wartezeit" zu sprechen, das wäre ein Witz, allenfalls ein kurzer Aufenthalt, um wieder in den eigenen Atemrhythmus zu kommen, nachdem wir ein paar Meter von der Straße heraufgetrottet waren.
Für die Besucher gab es sogar ein richtiges "Preisausschreiben", das mich sofort zum Nachdenken angeregt hat. Die Lösungsfrage war: "Wie lange ist die Charlottenhöhle?" Ich habe mir den Aufgabenzettel zumindest mitgenommen. Wer ist schon wirklich kompetent, diese Frage zu beantworten? Wer ist der Guru, der schon flatwise weiß, was wirklich "richtig" ist. Kennen wir heutigen Menschen denn wirklich den Gangverlauf hinter dem "Höhlenende" und wissen damit absolut Bescheid? Und wie stehts denn mit der "Exaktheit"? Was ist "Länge"? Der Führungsweg? Die "Gesamtlänge", die ja sowieso keiner der Besucher zu sehen bekommt? Und wie genau ist sie denn die Länge? 587 m? - oder vielleicht 587,5 m oder 587, 55 m oder 587, 555 m....? Das ist hier nur ein Spiel, aber es hat einen ernsten Hintergrund. Denn wie "lange" sind unsere Höhlen wirklich? Was ist denn Länge überhaupt? Was nimmt man auf bei der Ermittlung der "Gesamtlänge" und was ignoriert man? Sollte nicht eigentlich viel mehr "the rule of the thumb" gelten? Grob geschätzt und paßt schon.
Für die Wertschätzung, die man so einem Schauhöhlenbesuch später noch entgegenbringt, ist das ja auch vollkommen irrelevant. Richtig "frisch von der Leber weg" wurde uns das Prinzip der Entstehung der Höhlen erklärt. Wer oft in Höhlen geht, der kann als das Dozieren ja schon gar nicht mehr hören. Aber hier wurde es charmant vorgebracht, es waren Kinder da, da zog das Sprudelbeispiel mit dem CO² richtig gut, was manchmal richtig nervig ist, die Analogiensuche zwischen Höhlenformen und Sprachschatz, "die Teufelsküche", "die Eule", "der Abt", hier funktionierte es sogar auch bei mir. Wie war das doch nochmal in der Bibel? Man müsse wieder zum Kind werden, um in den Himmel zu kommen (nie erwachsen werden?). Mein Verstand begann auch hier eine "Madonna mit Kind" in Gewurle der Formen zu sehen, einen "Berggeist" habe ich versucht mir vorzustellen, bislang war mir noch keiner begegnet.
Aber es ist halt das Spiel zwischen Form und Inhalt, Phantasie und vernunftvergewaltigtem Verstand, das man mitmacht oder halt nicht. Am Eingang bekommt man keinen Euro zurück, wenn man seine Erwartungshaltungen nicht bestätigt bekommen hat.
Ich habe es genossen, hier mal eine richtig gute Schauhöhlenführung mitgemacht zu haben. Wie ich das begründe? Da war ein "Höhlenführer", der diesen Namen verdient (ich bewundere diese Leute - ich kenne das. Nach den Filmvorführern, die ja praktisch gar keine Möglichkeit haben ihre Existenz zum Vorschein zu bringen (oder doch?), kommen für mich für Höhlenführer (das Präsenzmaterial ist ja hauptsächlich der "Stein"). Besonders gut hat mir der Bezug zum Teufel gefallen. Die Teufelsküche, Teufels Klumpfuß und am Ende gar das Antlitz des Teufels, festgesteinert im Ensemble der Höhlenwand.
Und die haben eine richtig clevere Lösung für das "Problem" des Fotographierens in der Höhle! Natürlich ging es gleich los. Digitalkamera heraus, drauf los, hier ein "Schuß/Blitz", dort ein "Schuß/Blitz". Sofern man den Luxus eines Sofortbildes auf der Kamera hatte - ich hatte das nicht, siehe später, hätte man da vielleicht noch korrigieren können..........
Das Hürbetal | |
Hürben | |
Ein Beitrag zu Karst & Küche: das Restaurant "Charlottenhöhle" |
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Mal was ganz Besonderes: mal kein Kriegerdenkmal,
sondern ein Gedenkstein für |
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Das Werbebanner für die Höhle - |
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Am Eingang | |
Der Höhlenplan | |
In der Eingangszone | |
Der "Berggeist" | |
Ein "geflickter" Bodentropfstein | |
Unterwegs | |
Inschriften früherer Besucher | |
Sinterschmuck | |
Die "Radieserl von unten" mal anschauen |
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Im Reich des Teufels: "Teufelsküche" und "Teufelsklumpfuß" |
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Im Reich des Höhlenbären: noch ein Bärenschliff |
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Lampenflora | |
Übermannshoher Tunnelgang | |
Für manchen vielleicht noch viel interessanter
gewesen als die ganze Höhle: die erste elektrische Beleuchtung! |
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Ein ganz besonderer Tropfstein: dessen Alter kennt man ganz genau, weil er sich erst bilden konnte, nachdem dort der Stromdraht befestigt worden war - sein Alter liegt bei gut 100 Jahren |
Auch Schauhöhlen entwickeln sich weiter. Die Höhle alleine bringt es offenbar heutzutage nicht mehr. Man muß schon noch einiges Zusätzliches "bieten", auch damit man mit der Konkurrenz anderer Schauhöhlen mithalten kann.
Im März 2011 bin ich mal abends bei der Charlottenhöhle vorbeigekommen und habe gestaunt. Was da nicht alles dazugekommen ist, im Vergleich zu früher. Das neue Höhlenmuseum hatte schon zu. Das zentrale Schauhöhlengebäude schloß gerade. Aber der Kinderspielplatz mit den vielen Höhlen im Hügel, die hat immer offen. Tüchtige Zeitgenossen haben schon begonnen, die Innenwände der Tunnels anzumalen. Bücken braucht man sich da nicht und durchquetschen auch nirgends. Vielleicht hat man da ja auch an unsere wachsende Schar der "Alten" gedacht, die man im Rollstuhl da durchschieben wird! Und einen neuen "Markt" hat man auch schon erschlossen. Beim Höhlengebäude beginnt und endet eine Art Probejakobsweg. Um einen nahe gelegenen Hügel hat man ein Stationenprogramm angelegt, wo nun wohl meistens Kinder angesprochen werden sollen. Stellvertretend für viele bedeutende Orte unterwegs auf dem Original, gibt es Tafeln, wo man bestimmte Punktzahlen notieren soll. Wenn man die richtige Summe zusammenbekommt, dann gibt es Freikarten fürs Teddybärenmuseum in der Nähe! Wenn das kein Anreiz ist, sich anzustrengen?
"Auch Schauhöhlen entwickeln sich weiter", das habe
ich oben geschrieben. Als 2021 wieder einmal ein Speläo-Südwest-Treffen der
Höhlenforscher abgehalten werden konnte, nachdem Corona im Moment gezähmt
erscheint, hatte sich der örtliche Verein bereit erklärt, dies dort zu tun.
Dabei hörten wir dann, daß auch in der Charlottenhöhle weitergeforscht wurde
und ca. 60 m Neuland dazu gekommen sind. Und man macht sich Hoffnungen auf noch
viel mehr. Immerhin war eine Befahrung für einige Teilnehmer möglich und die
kamen dann leicht angeschmutzt alle wieder zurück.
Wer wollte, der konnte an einer kostenlosen Schauhöhlenführung teilnehmen, was
auch ich mir nicht entgehen ließ. Inzwischen ist die Beleuchtung auf einen
zeitgemäßen Stand gebracht worden, was heißt, daß man viele Räume und Ecken
der Höhle inzwischen unbeleuchtet läßt. Das macht den Besuch um einiges
Natürlicher, weil ja die Grundfarbe tieferer Höhle ohnehin das Schwarz ist.
Der große Unterschied zu früher waren die Masken, die man sich im Moment noch
über Nase und Mund ziehen muß. Die Führerin tat auch gleich rabiat kund, daß
jeder, der sich nicht daran halte, sofort die Höhle wieder zu verlassen habe.
Photographieren darf man zwar, aber, wenn ich das recht verstanden habe, nur im
innersten Raum, wo man wieder umkehrt und denselben Weg wieder zurückgeht, den
man gekommen ist. Durch die Möglichkeiten der modernen Fototechnik,
insbesondere wenn man ein Smartphone benutzt, bekommt praktisch niemand mehr
überhaupt mit, wenn jemand ein Bild macht, wenn man die zur Verfügung
gestellte Beleuchtung nutzt. Ich hatte noch eine Taschenlampe dabei und die
macht dann den kleinen Unterschied bei den Bildern aus.
Die Gruppen müssen auch relativ klein gehalten werden, was durch eine Erhöhung des Besuchstempos etwas kompensiert wird. Mitten auf der Strecke ist eine Art Wechselbahnsteig, wo die eine Gruppe raus und die andere rein geht. Da macht eine zeitliche Koordinierung notwendig, die natürlich auch nicht immer klappt. Wir waren zu schnell zurück und hatten noch ein wenig zu warten, ehe die nächste Gruppe da war. Dann ging es zügig zurück, vorbei an alten Inschriften, der Lampenflora und dem anderen fein beleuchteten Höhleninhalt.
Die Charlottenhöhle liegt am Jakobsweg und hat dieses Thema aufgenommen. Es gibt in der Umgebung das "Jakobswegle", und, wer mag, bekommt auch einen passenden Stempel in sein Pilgerbüchlein.
Literatur:
Adam, K.D., Binder, H., Bleich, K.-E., Dobat, K. | Die Charlottenhöhle bei Hürben, Abh. Karst- und Höhlenkunde,,, Reihe A, Heft 3, 1.-3. Aufl. München (1968/1983) |
Binder, Hans, Luz, Anke u. Hans Martin | Schauhöhlen in Deutschland, Aegis Verlag, Ulm 1993 |
Hummel, M. | 100 Jahre Charlottenhöhle Hürben, Giegen a.d.Br. / Die Entdeckung und Erschließung der Charlottenhöhle, Karst und Höhle 1993, München 1993 |
ohne Verfasserangabe | 75 Jahre Charlottenhöhle Hürben, Schwäbische Alb, Laichinger Höhlenfreund 5-1968, S. 17 |
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