Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Bären- und Karlshöhle bei Sonnenbühl-Erpfingen


Im Moment, 2012, ist die Bärenhöhle bei Erpfingen noch die meistbesuchte Schauhöhle der Schwäbischen Alb. Man kann sich schon fragen, warum das so ist. Vermutlich ist es ihre günstige geographische Lage. Für den Fall, daß aus den Plänen für den Ausbau der Blauhöhle etwas wird, rund 50 km weiter östlich, dann würde schnell klar, was da für Welten dazwischen liegen. Da eine gewaltige, vom Menschen fast nicht berührte Höhle, da ein Hohlraum, der seit Tausenden von Jahren von Lebewesen aufgesucht wird. In großem Stil waren das erst einmal die Höhlenbären, viel später dann der Mensch. Und der ist schließlich das größte Raubtier auf diesem Planeten. Wobei "Größe" ja immer sehr relativ ist. Im Vergleich zu den Sauriern sind wir Kröten, aber genug davon machen auch alles nieder.

Die Entdeckungsgeschichte der Bärenhöhle zeigt exemplarisch das Schicksal vieler Höhlen. Höhlen werden gefunden, benutzt, geplündert, versteckt, deren Betreten wird verboten, der Eingang wird vermauert, gesprengt, oder auch das Gegenteil passiert: Sie wird geöffnet, für wenige, für viele, für alle. Oder einer hängt ein Schild davor: Betreten verboten, Privatbesitz. Und so weiter.

Von der Bärenhöhle wird die geradezu rührende Wiederentdeckungsgeschichte gerne erzählt von dem Schullehrer Fauth, der 1934 beim Kräutersammeln seine Schnupftabakdose verloren habe. Vermutlich mußte der sich in der freien Natur einen Teil seiner Nahrung suchen, weil das Gehalt so schmal gewesen war, daß es, so die schöne deutsche Redewendung, zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel war. Jedenfalls fiel ihm diese Uhr, dieses Symbol für alle "Erziehung zur Pünktlichkeit", in eine Felsspalte. Er wollte, mußte sie wohl wieder haben, aber das war nicht so einfach. Ein Hohlraum tat sich da auf, dessen Grund nur mit Hilfe einer Leiter zu erreichen war. Sie wurde geholt und los ging die Bonanza. "Herrliche Tropfsteine und zahlreiche Bärenknochen" fand man, davon ist heute nichts mehr da. Alles wurde nach oben geschafft, geplündert in Stile von erdgebundenen Freibeutern. Die Bärenknochen waren die ersten, die man auf der Schwäbischen Alb entdeckte, die Menschen- und Kulturreste stammten aus unterschiedlichen vorgeschichtlichen Epochen. Zwischen der Wiederentdeckung und den alten Höhlennutzungsperioden war auch etwas passiert: Man hatte die Leichen von Pesttoten dort "entsorgt".

"Karlshöhle" heißt die "Erpfinger Höhle", weil man den damals noch herrschenden feudalistischen Verhältnissen seinen Tribut zollte. Der damalige "Kronprinz" und spätere "König" Karl I von Württemberg "stattete" der Höhle einen Besuch "ab" - was war an dem denn so unterschiedlich zu uns allen, daß man sich zu solchen Formulierungen verstiegen hat? Heutige Antwort: Nichts. Man ließ sich dann einen Steintafel meißeln und am Eingang anbringen: Der X hat am Y-Tag die Höhle besucht..Hosiannah"

1949 passierte etwas Entscheidendes. Warum eigentlich nicht anläßlich des Besuches des "Hohen Besuches"? Die Frage ist müßig. Der damalige Höhlenführer Karl Bez schaute sich halt wirklich die Höhle an, beobachtete das Verhalten der Fledermäuse und schaute dort nach, wo sie im Berg verschwanden. Die wichtige Fortsetzung wurde gefunden und "erschlossen". Die Gänsefüßchen schreibe ich bewußt. Denn der Gitterkäfig ist das Zeichen davon. Der Mensch muß hier eingeschlossen werden, nicht das, was außerhalb ist. Später sind es hohe Gitterzäune, die den ungehinderten Blick auf die kleine Gruppe von Tropfsteinsäulen verstellen.

Irgendwann ist die Tour vorbei. 292 m lang soll die Höhle sein, so das Ergebnis der exakten Neuvermessung. Ich war froh, daß der Alptraum vorbei war.

Das Fotographieren in der Höhle war erlaubt. Das muß wirklich, angesichts der grassierenden Höhlenphotoverbote in Schauhöhlen europaweit, gelobt werden. Aber welchen "Berater" hatten denn die Verwalter der Höhle, daß sie das "Blitzen" verboten haben? Als "Begründung" werden die Fledermäuse genannt, die durch das Blitzen aufgeschreckt würden. Gibt es da überhaupt welche? Es sollen nur ganz wenige sein. Und wenn die noch da sind, warum denn? Stört es sie wirklich? Mögen es vielleicht einige Vertreter dieser Tiergattung, daß sie wahrgenommen werden, z.B. in Form eines Photos. Ist nicht vielleicht die lange Lebensdauer das Entscheidende? Lieber kurz und intensiv - statt lang und langweilig? Wer ist auf dieser Erde denn die moralische Instanz, die solche Fragen wirklich entscheiden könnte? Die Kirchen? Die "Untere Naturschutzbehörde"? Die ist in der Praxis die kritischte Institution, weil sie angeblich im Namen von "....." (WAS) Erlasse rausläßt. Die Parteien? Die "Wissenschaft"?

Nachdenklich habe ich am Rande des HÖPHOs 2012 die Höhle verlassen. Wir haben dort Bilder aus Höhlen zu sehen bekommen, die wirklich zeigen, was im Inneren unserer Erde los ist. Unglaublich ist das. Meine Phantasie reichte nicht dafür. Allerdings sind diese fragilen Schönheiten wirklich nicht für die Massen bestimmt, die losgetreten würden, wenn das alles weit bekannt würde. Manchmal ist es aber gut, wenn der Öffentlichkeitsstrahl auf ein Objekt gelenkt wird, z.B. Naika in Mexiko. Wenn die Höhle nur privaten Interessen überlassen bleibt, dann ist sie wohl verloren. Die Pumpen werden abgestellt und alles versinkt unter Wasser. Aber wenn sich die Bemühungen der ganzen Menschheit auch dorthin orientieren, dann hat vielleicht auch dieses im Grunde unglaubliches Naturobjekt eine Chance. In diesem Sinn sollten die Höhlen auch in der Öffentlichkeit gezeigt werden. Sustainable Caving.

 

 

Literatur:

Rathgeber, Thomas, Ufrecht, Wolfgang Bären- und Karlshöhle bei Sonnenbühl-Erpfingen, Cave-Bear-Researches/Höhlen-Bären-Forschungen.-Abhandlungen zur Karst- und Höhlenkunde, Heft 34: 100:106; München 2002
Wagner, Dr. Georg, Hrsg Die Bärenhöhle bei Erpfingen, 1988
Ufrecht, Wolfgang, Abel, Thekla, Harlacher, Christiop Zur plio-pleistozänen Entwicklung der Bären- und Karlshöhle bei Erpfingen unter Berücksichtigung der Sinterchronologie, Laichinger Höhlenfreund, 38 (2), Laichingen 2003
Verschiedene Zur Geologie, Paläontologie und Entstehung der Bären- und Karlshöhle bei Erpfingen, Schwäbische Alb (Kat.No. 7621/01, Laichinger Höhlenfreund, 38, Heft 2, Laichingen 2003
Hosbach, Ewald THE BÄRENHÖHLE, near ERPFINGEN, W: GERMANY, Speleo Stamp Collector 8-1982
Scheff, Jürgen Höhlenschutzbestrebungen aus dem Jahre 1834, BHKSW 12-1977, S. 18ff.
Ufrecht, Wolfgang Neuvermessung der Karls- und Bärenhöhle bei Erpfingen, Schwäbische Alb, Laichinger Höhlenfreund, 19 (1), Laichingen 1984, S. 47-52

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