Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Höhlen am Montréal-de-Sos, Ariège, F
"Montréal-de-Sos", wo lag das bloß?
Ich hatte von einer kleinen Höhle Wind bekommen, aber hatte
keinerlei Ahnung wo sie lag. In Tarascon hatte ich mir eine gute
Karte der Gegend gekauft, aber nirgends war sie eingezeichnet.
Der Vicdessous, ein kleiner Fluß, der in Tarascon in die Ariège
mündet, sollte nicht weit sein, aber südwärts ging es auf der
Karte nicht sehr weit. Dann kam der Blattschnitt. Wir versuchten
es im Juni 2010 trotzdem und ich versuchte in Vicdessous, dem Ort
mit dem gleichen Namen wie der Fluß, ein wenig mehr
herauszubekommen. Das Office de Tourisme hatte mittags
geschlossen, aber auf einer ausgehängten Karte war am Fluß auf
der anderen Seite ein Höhlenzeichen eingezeichnet. Wir fuhren
hin und schauten nach. Tatsächlich waren in der Felswand
zwischen Brücke und Stauwehr auf der flußabwärts rechten Seite
ein paar Öffnungen zu sehen. Nach ein wenig Suchen fand ich dann
tatsächlich die kleinen Eingänge. Sie endeten alle wieder recht
schnell, eines war mit einem großen gerundeten Felsblock innen
verschlossen. Das war nicht die Höhle, die wir gesucht hatten.
Das war nur was für Speläologen, die natürlich auch schon hier
gewesen sind, weil an den Eingängen Zahlen angebracht sind. Wir
suchten weiter. Auf Nachfrage in einem Campingplatz bekamen wir
die Auskunft, daß auch oben am Berg direkt über dem
Campingplatz sich Höhlen befinden würden. Dazu müßten wir
hinauf nach Olbier fahren und dann zu Fuß weitergehen.
Aus dem anfänglichen Unwissen wurde langsam solide Erfahrung.
Eine gute Teerstraße führt hinauf in den kleinen Ort, von dem
aus kein Weg mehr weiterführt. Mit öffentlichen Mitteln,
natürlich auch aus dem EU-Etat, hat man diesen kleinen Kalkklotz
heute gut für die Öffentlichkeit erschlossen. Ausgeschilderte
und gepflegte Wege führen nach oben. Viele interessieren sich
einfach nur für die Burg, die dort einst errichtet worden ist
und deren wieder restaurierte Reste heute wieder zu sehen sind.
Spektakulär ist das nicht, aber ein schönes Stück
Regionalgeschichte. Einfach schön ist die Lage in der
Landschaft, die einen 360°-Grad-Blick ermöglicht, auch, so
erläutern einem die Informationstafeln, auf die zentrale
Pyrenäenstörung, die daran "schuld" ist, daß sich
dieses 450 km lange Gebirge inzwischen aus der Erdkruste so hoch
aufgekrümmt hat.
Wer mit dem Blick eines Höhlen"forschers" hier herauf kommt, darf überrascht sein. Überall sind richtige kleine Höhlen. Mal nicht tief unten im Tal, wo es sie ja, siehe oben, auch gibt, sondern ganz in der Nähe des Gipfelaufbaus. Der Weg hinauf führt auf der Westseite durch sie, sofern man sich in die Portale hinein und 20 oder 30 m weiter wieder heraus begibt. Es gibt auch Umgehungen, die es nicht unbedingt erforderlich machen, daß man durch geht, aber das geht natürlich ein kleiner Schuß "Abenteuer" verloren, weil es auch dunkel und wieder hell wird. Es gibt auch Abzweigungen, die in Gangteile führen, die immer niedriger und niedriger werden. Die begehen nur die ganz Begeisterten und mit Lampen gut ausgerüsteten. Die Höhlen tragen auch Namen, die man auf den am Eingang angebrachten Tafeln erfährt, z.B. "Grota de los Femnas".
Bekannt, manche sagen und schreiben auch, berüchtigt, ist dieser Ort vor allem durch eine Felszeichnung geworden, die heute fast schon vollständig zerstört ist. Letzte Restchen sind noch zu sehen, aber längst nicht mehr als Ganzes wahrzunehmen. Die Zerstörung begann mit deren "Entdeckung", wie so oft auf diesem Planeten. 1939 fand sie ein Joseph Mandement, zuerst einmal Journalist. Die Prähistorie wurde seine Spezialiät, er fand wohl einige prähistorische Kunstwerke in der Höhle von Niaux, später in Bedeilhac. Er unternahm auch einige Grabungen in Niaux und in Mas d'Azil. Aus heutiger Sicht war das überhaupt keine "Wissenschaft", sondern wohl eher "Kommerz", weil die Fundstücke dann weiterverkauft wurden. Noch weit bekanntere "Namen" hätten das damals ja auch gemacht, aber darüber wird heute der "Mantel des Schweigens" gelegt.
Angeblich gehört ein Besuch dieses Felsens und seiner Höhle zum Standardprogramm von bestimmten Gruppen von Rosenkreuzern und Anthroposophen, die in dieser Region den Spuren der Katharer folgen oder gar den "Gral" suchen. Als ich dort war, war ich alleine. Ein Geschenk. An solchen geschichtsträchtigen Orten einfach zu sein, auch keinen wissensmächtigen Führer dabei zu haben, der einem oft was erzählt, was ich überhaupt nicht wissen will, vielleicht vorher oder hinterher, aber nicht gerade da. Auch nicht geführt worden zu sein, sondern sich selbst den Weg gesucht zu haben. Das ist es eigentlich.
Alles unter einen Hut zu bekommen, das ist oft nicht einfach. Ein klassiches Erlebnis dazu hatte ich dort. Wir hatten einen guten Zeitvorrat, aber die Unbekanntheit des Geländes, der Wunsch viel mitzubekommen, alles das führte dazu, daß ich erst eine Viertelstunde vor unserem gebuchten Termin in der Höhle von Niaux beim Auto zurück war. Rein ins Auto, starten, losfahren, Gas geben. Ich war pünktlich Am Eingang. Wer nicht pünktlich war, das waren die Leute von der Höhle. Die haben sich verspätet, bald um eine halbe Stunde! Practice, what you preach. Und haben damit ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt, ihre credibility!
Literatur:
Gailli, René | La petite grotte mystique de Montreal-de-Sos, Caougno 16-1992, S. 21ff. |
Zagelow, Galaad G. | Sabarthez, éditons 3 cedres, Ussat |
Links:
- http://auzatvicdessos.free.fr/MONTREAL.HTM
- http://www.gadal-catharisme.org/montreal-sos_9_88_en.htm
- http://www.lebarri.com/montreal.php
- http://www.pays-du-montcalm.com/sport/SPELEO/INDEX.HTM
- Landschaft und Höhlen in den Pyrenäen
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