Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft, Kultur und Höhlen im Mittelteil der Ardèche, F


Ardéche bei Balazuc, 2024


Was ist das "Schönste Dorf Frankreichs", das "plus belle village de France"? Die Frage ist nicht wirklich zu beantworten, weil es einfach zu viele sind - und jedes seinen eigenen charakteristischen Charme hat. Ganz nah beieinander sind im Mittelteil der Ardèche gleich zwei: Vogüé und Balazuc.

Vogüé schmiegt sich an das Nordufer der Ardéche, ein kleines Haus an das andere, darüber ein renoviertes Schloß mit vier Rundtürmen und einen "Hängenden Gärten", noch einmal darüber prachtvolle Felskulissen und die Chapelle Ste. Cerice im romanischen Stil. Folgt man dem weiß-gelb markierten Steiglein aus dem Dorf hinauf zum Kirchlein, weitet sich der Blick auf den Fluß und die felsige Umgebung immer mehr. Geht man noch ein paar Schritte weiter, dann erreicht man einen heute aufgegebenen Steinbruch, der früher große Bedeutung hatte. Eine seltene Art von Kalkstein kommt hier an die Oberfläche und wurde bevorzugt in mühsamer Handarbeit abgebaut, weil die Nachfrage danach groß war, weil er gut für Bauzwecke verwendet werden konnte. Heute bekommt der Besucher auf Schautafeln die notwenigen Erläuterungen. Kehrt man zurück ins Dorf, dann findet man vielleicht auch die Rue des Puces, angeblich die schmalste Straße Frankreichs.

Folgt man der Uferstraße von Vogüé der Ardèche abwärts, dann sieht man vor sich das Eisenbahnviadukt für die Strecke Vogüé-Aubenas. Dort verkehren heute keine Züge mehr, sondern dient heute als voie verte den Radlern und Fußgängern, die sich dort weit weg vom Straßenverkehr heute bewegen können. Am Weg dorthin fällt in den hohen Felsen eine Hausruine auf, die früher wohl der Sicherung des Zugangs in das Dorf diente und wegen des schwierigen Zugangs wohl kaum einnehmbar war.

Direkt an der Straße in den Felsen daneben öffnen sich die zwei Zugänge des "Baumes de Vogüé" oder "Events du Pontet". Es handelt sich um Quellhöhlen, in denen das Wasser aus dem Ponor von Auzon und dem Höhlensystem des réseau du Coiron wieder zutage tritt. Bei den herbstlichen Hochwasserereignissen treten hier Wassermengen von 20m³/s aus, ansonsten fällt die Höhle oft trocken und man könnte in die Höhle, die heute auf 340 m Länge erforscht ist, hinein. Am Eingang gibt es aber eine seltsame Betonkonstruktion, deren Sinn man auf der Erläuterungstafel am Eingang erfährt. Es handelt sich nämlich um die Reste des einstigen dörflichen Wasserhauses, wo man das austretende Wasser genutzt hat, um die Wäsche zu säubern.
Ein Warnhinweis macht heute auf die Bedeutung der Höhle als bedeutendes Fledermausvorkommen aufmerksam und rät vom Besuch der inneren Höhlenteile ab. Kurz nach dem kurzen Eingangsstollen spaltet sich der Höhlengang in einer Halle in zwei Richtungen, die beide horizontal nach kurzen bequem begehbaren Strecken bald enden. Nach oben führt ein 26 m hoher Kamin. Ein kräftiger Luftzug bei einer Engstelle deutet daraufhin, daß es weitere Höhleneingänge weiter oben gibt. Ein Siphon wurde im Südteil auf 140 m Länge erkundet. 

Balazuc zählt auch zu den "Les Plus Beaux Villages de France ". An dem 80 m hohen Steilhang "kleben" viele alte kleine Häuser, die Pfarrkirche Sainte-Marie hat einen quadratischen Kirchturm, und es dann da noch eine Burgruine. Das Dorf ist heute wirklich kein Geheimtip mehr, im Sommer wälzen sich Menschenmengen durch die Gassen. Eigentlich ist der Verkehr auf der Straße durch den Ort untersagt und als Tourist müßte man sein Gefährt am Ortsrand auf einem teuren Parkplatz (4 Euro/2024) abstellen. Aber das tun viele dann doch nicht und fahren einfach weiter zum einem weiteren Parkplatz am Ardècheufer, von dem aus es nicht mehr so weit zum schönen Badestrang am Flußufer ist. Beim Rückweg erleben aber manche da eine böse Überraschung, weil da ein Polizist auf sie wartet und wohl gebührenpflichtig verwarnt!
Der Tourimus blüht und in jedem dritten Haus ist irgendein Souvenirgeschäft, ein Restaurant oder ähnliche "Besuchermelkmaschine". Außerdem kann man das Museum Ardéche am Ortsrand besuchen, das zu Paélodécouvertes  einlädt, geologischen Spaziergängen.
Die Gegend wurde bereits in der Steinzeit bewohnt, was entsprechende Funde belegen. Von den Galliern stammt der Name Baladnum von bal=Felsen und dunum=Anhöhe. Die Lage ist begünstigt, da an dieser Stelle eine Furt durch die Ardèche die Durchquerung des Flusses sehr erleichterte, wo die Verbindungsroute von Nimes nach Alba-la-Romaine verlief.

Mitten im Ort, direkt an der Hauptstraße, zweigt durch eine Art Felstor ein Weg ab. Die Decke ist heute von einem Gewölbe überspannt. Man kommt in einen felsigen Raum, der einen oberen Ausgang aufweist. Eine Informationstafel erklärt den Besuchern die besondere Geschichte dieses Ortes, zu dem auch gehört, daß dort eine alte Frau lange gelebt habe, von der man auch sagte, sie sei eine "Hexe" gewesen. Es ist schon erstaunlich, auf was man nicht alles stößt, wenn man sich besonders für die Verbindungen zwischen Menschen und Höhle interessiert!

Literatur:

Balazuc, J. Spéléologie du département de l'Ardèche, 1956
Gombert, Philippe, Audra, Philippe Bordure cévenole jurassique ardèchoise - ressources et évolution de l'acquifère, in: Audra, Grottes et karsts de France, Karstologia mémoires 2010, Nice Sophia-Antipolis, S. 296f.
Marchand, Thierry Inventaire spéléologique du département de l'Ardèche, Tome 1: Les Gras du Coiron à La Baume, CDS 07, 2001

Links:

https://www.france-voyage.com/frankreich-stadte/vogue-29700.htm

https://de.gorges-ardeche-pontdarc.fr/entdecken/top-sehenswuerdigkeiten/vogue/

https://www.france-voyage.com/frankreich-tourismus/balazuc-2073.htm

https://de.gorges-ardeche-pontdarc.fr/entdecken/top-sehenswuerdigkeiten/balazuc/

https://levielaudon.org/la-ferme/

https://www.balazuc.fr/

Landschaft, Kultur und Höhlen im Departement Ardèche


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