Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Cabrespine, Aude, F
Der Eingang in die Höhle war immer schon
bekannt. Der Fluß Clamoux versinkert an verschiedenen Stellen in
der Nähe der kleinen Ortschaft Cabrespine im Untergrund. An
einer Stelle, die "Le Reboul" (der Strudel) heißt, ist
es möglich, durch eine Felsspalte in die Höhle "Lo
Gaugnas" einzudringen. Wie archäologische Funde
bestätigen, war das bereits in Bronze- und Jungsteinzeit der
Fall.
Erstaunlich früh wurde die Höhle auch schon schriftlich
erwähnt. Am Jahre 1570 taten sich die Müller von Villeneuve und
andere Leute aus den benachbarten Dörfern zusammen, um am 28.
Mai ein Stück Land zu kaufen. Absicht war, den bei Le Gaougnas
verschwindenden Fluß umzuleiten und für sich zu nutzen. Zehn
Monate im Jahr liegt das Flußbett ausgetrocknet da und die
flußabwärts liegenden Dörfer darben. Dafür haben die Leute,
die viele Kilometer weiter westlich leben in der Nähe der
Pestrilquelle, mehr Wasser. Alte Legenden wollten immer schon von
einer Verbindung zwischen beiden Örtlichkeiten gewußt haben.
Enten hätten die lange unterirdische Passage schon vor langer
Zeit gemacht, hieß es.
Oberhalb dieser Versickerung liegt ein großer Schacht, Barrenc genannt. Er wurde im Jahre 1880 erstmals von einem "Feldschütz" befahren, der auf dem Grunde die Leiche eines Pierre Balette fand. 1927 warf man mal einen Hund hinunter und der kam, so wird erzählt, zurück zu seinem Herrn durch die im Tal liegende Gaougnashöhle. 1935 erforschen erstmals der S.C. Montagne-Noire et Espinouze die Höhle,1959 wird endgültig die Verbindung zwischen den beiden Höhlen begangen und erstmals der unterirdische Fluß erreicht. 1961 gelingt der erste Färbeversuch, der 1962 wiederholt wird, und bestätigt, daß es eine Verbindung zwischen Sickerstelle und Pestrilquelle gibt. 52 Stunden später tritt die Farbe wieder zutage, 110 m tiefer und in 7,5 km Luftlinienentfernung. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre lagen die Höhepunkte der Forschung dort. Inzwischen ist man bei bei mehr als 17 km Gesamtganglänge und der Plan zeigt, daß man etwa die halbe Strecke zwischen Sickerstelle und Quelle erforscht hat. 1988 wurde die Höhle für den Tourismus eröffnet und belebt inzwischen den Tourismus in der ansonsten eher einsamen Gegend.
Die Höhle liegt in dünnen paläozoischen Kalksteinschichten. Zwei Arten kommen vor: heller Dolomitkalk des unteren Devons und schwarzer Plattenkalk und Seelilien-Kalkschiefer aus dem Silur. Das Alter des Gesteins liegt bei 380 bis 420 Millionen Jahre, also um vieles älter als etwa unsere Fränkische Alb. Die Höhle liegt genau an der Gesteinsgrenze. Die Gesteinsarten sind mehr oder weniger metamorph und in Marmor umgewandelt. Undurchlässige Schiefer und Sandsteine begrenzen das Kalkgebiet. Die Schichter stehen fast senkrecht und verlaufen in Ost-West-Richtung.
Von all dem hatten wir keine Ahnung, als wir, das waren Alfred Schlagbauer, Christian Kriesten und ich, Anfang April 2002 dort einmal die Schauhöhle besuchten. Die Höhle zu finden ist keine Kunst, da überall große Schilder den Weg weisen. Eine breite Teerstraße führt hinauf zum Parkplatz direkt vor dem Höhleneingang. Wir gingen hinein ins Schauhöhlengebäude, es hieß, da sei gerade eine Führung, wir schlossen uns noch an und verstanden halt nur wenig, weil die Führerin ihre sehr engagierte Erklärung halt in französisch nur gab und uns da ein paar Vokabeln zum vollen Verständnis noch fehlten. So sahen wir halt nur die Höhle und nichts drumherum. Schacht und Schluckstelle wären sicherlich auch wert, besucht zu werden. Wir sahen und rochen halt den großen Hauptsaal, wirklich riesig (150 x 40 x 170 m).Starke Scheinwerfer erleuchten die vielfarbige Pracht. Ein besonderer Gang ist der Blick nach unten. Ein Schacht reicht bald 100 m in die Tiefe und verschwindet im Dunkel. Der Grund ist aber wieder erleuchtet und deutet auf die Fortsetzung hin, die man in einer eigenen Speläosafari, die angeboten wird, auch erkunden kann.
Das mit dem Riechen war ernst gemeint. Irgendwie hat man wohl das Gefühl, daß es dem Wein etwas Gutes antut, wenn man ihn in der Höhle altern läßt und so stehen mehrere große Holzfässer am Führungsweg, wo wohl die Höhlencuvée sich entwickelt.
Viel hatten die Schauhhöhlenerschließer nicht verändern müssen, um von der Außenwelt in die Höhle zu kommen. Ein kurzer Tunnel genügte. Die Tagnähe sieht man noch wo anders. In der Decke zeigt sich ein Kamin, der mit zwei langen Baumwurzeln, die sollen von Eichen stammen, versehen ist, ein nichtalltäglicher Anblick.
Der Formenschatz der Sinterwelt ist reichlich vorhanden, auch kleine Palmenstammstalagmiten und Disquen (im deutschsprachigen Führer als "Platten" übersetzt). Höhepunkt sind die üppigen Deckenaragonite, die in dieser Weltgegend häufiger vorkommen, wo anders, z.B. bei uns, in dieser Qualitätsstufe nirgends zu finden sind. Wir haben dafür anderes.
Ein paar Fotos
Die Information, daß es eine Möglichkeit gäbe, tiefer in diese außergewöhnliche Höhle auch als Normalsterblicher hineinzukommen, nämlich über eine "Safari souterain", die blieb in unseren Köpfen hängen. Bei der 2003er Tour nach Südfrankreich wollten wir sie weiterverfolgen. Ein Telefongespräch von Philippe Crochet mit dem Jemandem, ich weiß nicht, wer es war, machte es möglich. Auf unserm Zettel stand nur: "Samedi/Saturday 12h30 entrance". Wir waren überpünktlich da, die beiden ganz kompetenten und freundlichen Führer auch, allein die Schar der "clients" ließ etwas warten. 39 kostet so ein Spaß, Speleos "sont graduits". Wer zahlt, bekommt einen Helm mit LED-Leuchten und einen Bauchgurt mit zwei Sicherungsleinen mit Karabinern.
Erst haben wir den Schauhöhlenteil besucht und dann ging es erst richtig los. Ein Deckel im Betonboden des Führungswegs wurde hochgehoben. Ein Loch tat sich darunter auf. Auf einer Leiter ging es runter, dann war erstmals der Sicherungskarabiner einzuhängen. Eine Querung war zu machen. Da darf wirklich keine und keiner hinunterrutschen - der Tod, 50 m tiefer, wäre ziemlich sicher. Dann kommt was einzigartiges. Eine Art Stiegenhaus aus lauter schräg gestellten kurzen Leitern, die immer nur durch kleine Öffnungen zugänglich sind, liegt vor einem. Mit dickem Bauch oder halt mit entsprechendem Schleifsack als Fotograph, da wird das schon zur Tortur oder zur Unmöglichkeit. Irgendwann hat man das Hin und Her hinter sich. Es geht wieder über seilgesicherte Querungen nach unten. Es wird wirklich aller Wert auf Sicherheit gelegt und auch alles getan, daß möglichst niemandem was passiert. Ganz professionell.
Dann hat man irgendwann den Boden erreicht. Bis hierher reichen die Riesenscheinwerfer, die auch den normalen Schauhöhlenbesuchern wenigstens einen Blick nach unten in diese Riesenhalle gestatten. Ein kleiner Felsschlitz, und es geht weiter nach unten. Ein Doppelkombination von Aluleitern ermöglicht dann den endgültigen Abstieg bis zur Flußsohle. Still kommt aus einer Ecke das klare Nass und fließt weiter ins Dunkel. Hier fällt natürlich gleich der schwarze Schlauch auf, der hier installiert ist, um das Wasser nach oben zu pumpen, damit man es in der Schauhöhle weit oben nutzen kann.
Nun beginnt ein etwa 1 km langer Parcous, der es wert ist, einmal wenigstens im Leben gemacht zu haben. Der übliche Formenschatz der Unterwelt ist da und noch ein bißchen mehr. Bei einer großen Halle kehrten wir um. Es reichte, aber wie wir später auf dem Höhlenplan sehen konnten - das war praktisch gar nichts, was wir zu sehen bekommen hatten. Vielleicht 5 von 50 cm auf dem Plan. Unglaublich. Was wir gesehen hatten, reichte schon vollkommen für einen Tag. Aber da war ja noch viel viel mehr.
Ein wunderbarer Beitrag zum Thema:
"Was trägt ein Mensch, wenn er eine Höhle
betritt". - das Werbeposter vor dem Höhleneingang Mini vielleicht? |
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Im großen Stiegenhaus | ||
An den großen Quergängen | ||
Auf Aluleitern unterwegs | ||
Unser Führer / nos guides | ||
Unterwegs im Höhlenfluß | ||
Touristen im Nebel | ||
Hier fängt alles an - an der Höhle oberhalb der Versickerungsstelle |
Literatur:
Minvielle, P. | Grottes et Canyons, Ed. Denoel, Paris 1977 |
Tessonne, G. de la | Riesentropfsteinhöhle von Cabrespine, Editions du Castelet, Boulogne 1989 |
Chabert, Claude | LES GRANDES CAVITÉS FRANCAISES; 1981 |
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