Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Grotte des Demoiselles
und Höhlen in der Umgebung, Herault, F


"Ihnen bleibt der Atem stehen, ihre Fantasie macht den Rest."  - aus dem Schauhöhlenprospekt


Unweit von Ganges im Departement Herault liegt im Inneren des Plateaus von Thaurac eine seit langem bekannte und viel besuchte Schauhöhle, die Grotte des Demoisselles. Auf einer bequemen Teerstraße kann man die Bergflanke bis fast an den Höhleneingang hinauffahren. Ein paar Meter geht es noch auf Treppen hoch und kann von dort das herausragende Panorama über das Tal der Herault und die monts de la Séranne genießen. Dreht man sich um, dann steht man vor einer hohen weißen Kalkfelsmauer. Ein modern gestalteter und in weiß gehaltener Eingangspavillion nimmt die ganze Breite ein. Darüber lugt in einer Felsnische eine alte Steinmauer herunter, wohl der Rest einer früheren Unterkunft. Es ist die grotte des Camisards du Thaurac.

Heute braucht der Besucher nicht mehr mühsam erst einmal aufs Plateau zu klimmen und dann in einen Naturschacht einsteigen, ehe er zu der im wesentlichen aus einer riesigen Halle bestehenden Höhle kommt. Ein großer Schrägaufzug nimmt ihm heute die Mühe ab. Läßt er sich hochtransportieren, dann kommt er auch an der Felsnische links vorbei, worin ein schwarzer Höhlenbär in hochgereckter Haltung etwas drohend herauslugt.

Oben hat man eine Kaverne aus dem Berg gesprengt, wo sich die Nutzgebäude heute befinden. Es geht nun durch kleine Felstunnels, tropfsteingeschmückte kleine Kammern und Räume in vielen Windungen ein bißchen auf und ab, ehe man in der Ferne das Tageslicht hereinblinzeln sehen kann. Man hat den natürlichen Eingangsschacht erreicht, der heute mit einem großen Stahlgitter abgedeckt ist. Es geht nun nach links und hinein in die riesige Tropfsteinhalle, die ihresgleichen suchen darf (120 m lang, 80 m breit und 52 m hoch). Auf aus Beton geschaffenen Steinbalkons umkreist man die Halle und steigt dann bis zum Grund der Halle ab, wo die "Jungfrau mit ihrem Kind" zu bestaunen ist, laut Schauhöhlenprospekt der "herrlichste Stalagmit, geschaffen vom Wohlwollen von Millionen von Wassertropfen geschaffen, auf einem doppelten Sockel errichtet". Wer sichs antun will, der steigt dann auf Stiegen wieder hinauf und geht herum um die Halle, wobei er am Salle de musique vorbekommt. Der Führer versammelt seine Schäflein um sich und beginnt fachmännisch auf den Tropfsteinen zu klopfen. Frère Jacques war durchaus als Melodie herauszuhören. Dann können sich auch die Besucher austoben und die Steine zum Klingen bringen. 
Es geht dann den ganzen Kreis in der Halle herum, auf "vorwärtsstrebenden Hängestegen" (Schauhöhlenprospekt) und denselben Weg wieder zurück. Wer erschöpft ist, der kann mit der Bahn wieder herunterfahren. Wers als Training ansieht, der kann auf Stufen den Schrägtunnel wieder hinab laufen, durch die Souvenierbude und das Cafe am Eingang hinter sich lassen und dann wieder hinaus ins Freie.

Bekannt war der Eingang zur Höhle wohl der Bevölkerung wohl schon immer. In ihrer Phantasie war sie bevölkert von übernatürlichen Wesen und mysteriösen Gestalten, weshalb sie auf okzitanisch "la bauma de la fadas, de las damiselas" hießt, auf deutsch die "Höhle der Feen oder Jungfrauen". Noch heute bekommt man die Geschichte vom jungen Schafhirten Jean erzählt, der auf der Suche nach einem verlorenen Schaf in den Schacht gestürzt sei und nach seiner Rettung im Dorf dann erzählte, er habe in der Höhle Tausende von tanzenden Feen im Loch erblickt.

Die Höhle diente vielen Menschen schon als Versteck. Da waren mal die Camisarden, Rebellen in den Religionskriegen, katholische Priester in der Zeit der Französischen Revolution und andere Verfolgte in stürmischen Zeiten. 
Einen kennt man sogar mit Namen, Marsollier des Vivetières, der als junger Mann erstmals 1776 am Eingang stand und einen der frühesten schriftlichen Berichte über eine Höhlenbefahrung geliefert hat: "L'échelle de corde est déployée et accrochée à une stalactite: on s'encourage et on regarde, mais on recule. Un précipice horrible s'offrait de tous côtes: une pierre jetée mettait un temps considerérable à descendre...". In der Mitte des 18. Jahrhunderts haben die ersten touristischen Besuche stattgefunden. Speläologisch begann mit dem Besuch durch Eduard Martel 1883 ein neues Zeitalter. 1929 wurde ein Eingangstunnel geschaffen, um die Öffentlichkeit leichter in die Höhle kommen zu lassen.

Vor dem Zweiten Weltkrieg begann man mit einer Tradition. Am Weihnachtsabend versammelten sich die Winzer der Umgebung, um einer Messe dort beizuwohnen, wo die Coupo Santo gesungen wurde, die Marseillaise des Midi: "Éveillez-vous, pécaire, car votre Maître a besoin de vous!" Später veränderte sich das ein wenig und heute wird nur noch liturgische Musik gespielt. Die hervorragenden musikalischen Qualitäten des Raums wurden im übrigen auch mal für eine Fernsehaufzeichnung des Balletts "Salome" einmal genutzt, in der Ludmilla Tcherina die Hauptrolle besetzte.

Was die meisten Besucher nicht zur Gesicht bekommen werden, das ist die außergewöhnliche Höhlenfauna. Da lebt z.B. ein Käfer mit dem Namen Bathysciné Spophves lucidilus, ein Tausendfüßler, der Typhloblaniulus virei heißt, die Spinne Sabacon paradoxus  und auch ein Pseudoskorpion, der, wissenschaftlich bezeichnet, als Roncus cerberus aufscheint. Das ist schon mehr was für Spezialisten.

In der Schlucht, durch die der vom Mont Aigual kommende Hérault südlich von Ganges heute fließt und die eine Begrenzung des Plateaus von Thaurac bildet, gibt es einige kleinere Höhlen. Eine davon war auch mal Schauhöhle, der Aven des Lauriers, die aber nach dem Tod wieder aufgegeben wurde. Heute sind da nur noch ziemlich trist wirkenden Überreste von der Ferne zu sehen. Ein kleines Schild "proprieté privée' hängt nach immer (2007) am aufgebrochen Törchen.

Inschrift an der Höhlentür

Eine weitere Höhle wird in einem Buch erwähnt, das Durchgangshöhlen als Thema hat: die Grotte du Maire-Trou du Renard (Fuchsloch).

Der enge obere Eingang - grad so groß vielleicht ein Fuchs noch ein bisserl was dazu durchkommt
- danach wird es aber gleich weiter

Direkt an der Fahrstraße liegt eine weitere Höhle.

 

 

 

Literatur:

Aellen, V., Strinati, P. Die Höhlen Europas, München 1977
Minvielle, Pierre Guide de la France souterraine, Tchau, éditeur 1970
Martel, E.A. Les Causses Majeurs, Millau 1936

Links:

Funiculars, Funiculaires, Funicolare, DFB (Michel Azéma) Demois01

 Show Caves of France Grotte des Demoiselles

Streifzüge durch die Höhlen Südfrankreichs


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