Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Capri

- Landschaft und Höhlen


Blaue Grotte

Speläologisches auf Capri


"Zuviel Berge auf zu engem Raum." - R.M. Rilke
"Zwei Kalksteinhügel voll Klatsch und Villen" - D.H. Lawrence 
"...vielleicht die schönste Insel der Welt" - Klappentext des Buches "Capri" aus dem Prestel-Verlag
"Hinter Gittertoren lagen schöne alte Villen in großen Weingärten mit schattigen Pergolen, aber diese Tore waren mir verschlossen. Die Wildheit, welche von den Felsabstürzen suggertiert wurde, ging hier mit einer übermäßigen Domestizierung einher." Mosebach, Glück auf Capri? 245

"Wer reist ist weg. Der schafft sich eine eigene Wirklichkeit auf Zeit, einen Freiraum. Ob er ihn nutzt, um Kirchen zu besichtigen oder keuchend mit dem Mountainbike Bergpässe zu bezwingen, um zu lesen, sich Gurkenscheiben auf die Augen legen zu lassen oder einfach sich der Kunst des Müßiggangs hinzugeben - ist zweitrangig." (Drobinski, Reisen neu lernen, Süddeutsche Zeitung Nr. 163,18.7.2007, S. 4)


"Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt.." Die Anfangszeile des Lieds von Rudi Schuricke dürfte noch allen, die ziemlich bald nach Ende des 2. Weltkriegs geboren worden sind, noch ein Begriff sein. Capri...Naturkleinod, wie so vieles auf dieser Welt leider bis ins Letzte vermarktet, mal gab es dreiviertellange Damenhosen, die unter diesem Namen nach 1948 vertrieben wurden, ein Motorroller mit diesem Namen kam 1958 auf den Markt, dann ein Fruchteis am Stiel, 1968 wurde ein Sportcoupe danach benannt, und noch immer gibt es die "Capri-Sonne" für die Kinder zum Trinken.

Für die Zeit vom 21. - 26. Februar 2019 hatte ich einen Flug nach Neapel gebucht. Von dort ging es erst mit dem Bus bis zum Hafen und von dort ruckzuck mit der Fähre hinüber nach Capri. Ich hatte über booking.com für ein paar Tage ein Zimmer in der Villa Striano als Bleibe bestellt. Es war ein eher einfaches Quartier im Vergleich zu den Luxushotels auf der Insel, aber für mich vollkommen ausreichend. 

Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts war ich schon einmal dort gewesen und ich wollte immer einmal wiederhin. Ich hoffte, daß alles klappen würde. Es gibt so viele Imponderabilien, daß man nie sicher sein kann, daß das passieren wird, was man eigentlich vor hatte. 

Tatsächlich erlebte ich eine massive Schlechtwetterfront mit Stürmen, daß manchmal die Luft zum Atmen wegzubleiben schien, es wurde eisig kalt, Alles, was nicht niet- und nagelfest war, flog durch die Luft und landete irgendwo wieder und wurde dann wieder weitergerissen. Die allgemeine Schiffahrt schien eingestellt zu sein, wenigstens für einige Zeit. Die Spaßtouren um die Insel mit dem Boot wurden eingestellt, denn sie waren zu riskant. An einen Besuch der Blauen Grotte war überhaupt nicht zu denken. Da knallten die Brecher an die Felswände und die Höhlenöffnung und herauskamen 10 oder gar 20 m hohe Gischtwolken. 

Ideal war der Zeitraum, wenn man die Insel praktisch ohne Touristen erleben wollte. Nur ganz wenige Häufchen von Chinesen? scharten sich hinter den Fähnchen ihrer Führer und bewegten sich auf sicheren Pfaden. Der Nachteil war natürlich, daß die die meisten Restaurants und Geschäfte noch geschlossen hatten und man sich entsprechend einzurichten hatte. Angesichts der Leere in den Gassen verwundete dann doch die Anweisung der Gemeindeverwaltung, daß es verboten sei, sich irgendwo in Capri hinzusetzen, um das etwas zu essen und zu trinken, denn es war kaum jemand da, der sich darüber hätte aufregen können. Aber wenn die Hauptsaison ist.... 2 Millionen Besucher sollen pro Jahr hierherströmen, Schon die schiere Körpermasse muß alles bis zum Straßenrand füllen! Overtourism. 
Es gibt schon noch mehr so Merkwürdigkeiten. Zum Beispiel beim "Parco Astarita" in der Nähe der Villa Jovis. Ein wunderschönes Platzerl ist das mit einem "million dollar view". Der ist den ganzen Tag bezaubernd und das ganze Jahr hindurch. Alleine da gibt es offizielle Öffnungszeiten von 10 bis 14 Uhr. Danach ist er wieder geschlossen. Und Montags ist er überhaupt zu. Wer denkt sich so etwas aus? Wie kann man die Natur so "einkasteln"? Fast schon "natürlich": Das Verzehren von Speisen auf dem Parkgelände ist verboten. Dazu paßt dann auch, daß die öffentliche Toilette mit einem Gitter versperrt und zu war. Was macht da ein Menschen, der ein dringendes Bedürfnis hat? Einfach "den Stecker ziehen", wie bei einem Roboter, das geht wohl nicht. Eigentlich müßte man sein "Geschäft" dann direkt vor der Türe erledigen - aber das ist auch keine Lösung, denn die Menschen, die dann die "S..." aufräumen werden, sind wie immer die "Unteren", denn die eigentlich verantwortlichen "Oberen" sind wohl gerade anderweitig beschäftig! Oder soll man jetzt auch für Menschen "Hundebeutel" mitführen?

Noch einmal nach Capri fahren? Das muß nicht sein. Es gibt so viele andere wunderbare Plätze auf dieser Erde, die noch nicht so vollgedrängt, überbesetzt und verregelt sind. Noch...

Anfahrt von Neapel her
Marina Grande

> Der Müll im Hafenbecken

In Capri auf dem Hauptplatz
Am Belvedere Canone
Bei den Faraglioni
> die gesperrte Via Krupp / einer der "schönsten Wege der Welt"
< Am Ende von Anacapri - der Faro
1904 Auf dem Weg zur neuentdeckten Grotta Meravigliosa

 


Literatur allgemein:

Blubacher, Thomas Frei und Inspiriert - Sehnsuchtsorte der Dichter, Denker, Künstler und Aussteiger, Elisabeth Sandmann, München 2013
Bunin, Iwan Ein Herr aus San Francisco - Erzählungen 1914/1915, Dörlemann, Zürich 2017
Cerio, Claretta Capri, mare, Hamburg 2010
Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethemuseum und des Goethe-Museums Düsseldorf / Anton- und Katharina-Kippenberg-Stiftung, Katalog im Auftrag des  Reise ins unterirdische Italien, INFO VERLAG, Karlsruhe 2002
Haller, Andreas Golf von Neapel, MM-Verlag, Erlangen 2017
Jaeckel, Ellen Katja Golf von Neapel Amalfiküste, MERIANmomente, München, 3. Auflage 2017
Löwenstein, Hubertus Prinz von Capri für Kenner, LangenMüller, München Wien 1979
Luca, Pina de, Liguori, Daniela (Hrsg.) Die Bildung der Sinne. Rilke auf Capri, Stauffenburg Colloquium, Tübingen 2016
Maak, Niklas Die Capri-Sonne, Süddeutsche Zeitung Nr. 38, 15. Februar 2001, S. 19
Meyer-Lohr, Yvonne, Cerio, Claretta, D'Aniello, Umberto Capri, Prestel-Verlag, München 2007
Negendanck, Ruth, Pese, Claus Zauberinsel Capri - Auf den Spuren deutschsprachiger Künstler, Wienand, Köln 2018
Raddatz, Fritz J. Der Winterfelsen, ZEIT MAGAZIN 30.9/1.10.1989, S- 56-104
Schwab, Andreas Zeit der Aussteiger, C.H.Beck, München 2021
Schoepp, Sebastian Wohl dem, der länger bleibt, Süddeutsche Zeitung Nr. 91, 21. April 1998, S. III
Sonnentag, Stephanie Von wegen rote Sonne, Süddeutsche Zeitung 19. September 2000, Seite V2/3
Steinfeld, Thomas Süden ohne Schmelz - Harte Felsen, scharfe Ränder: Die Capri-Bilder des italienischen Fotografen Umberto D'Aniello, Süddeutsche Zeitung Nr. 239, 17.10.2007, S. HF2
Steinfeld, Thomas 'Der glückliche Mensch auf kurvigen Wegen - Dokument eines gelebten Symbolismus: Auf der Insel Capri wird die Felsenstraße "Via Krupp" wiedereröffnet, Süddeutsche Zeitung Nr. 148, 27. Juni 2008, S. 17
Welter, Andrea Capri - Schroffe Felsen - blaues Fenster, in: KENNST DU DAS LAND - Italienbilder der Goethezeit, PINAKOTHEK-DUMONT; München 2005

Links:

Capri Tourism
il gabbiano di capri–Die Möwe von Capri
Freunde der Deutschen Evangelischen Kirche auf Capri 
http://www.capriwatch.it/?p=1939
http://www.ioviaggio.it/sentiero-del-pizzolungo-a-capri
https://www.cittadicapri.it/

You-Tube-Filme:

https://www.youtube.com/watch?v=kMXHoLXFJMI

https://www.faz.net/aktuell/reise/capri-eine-insel-fuer-alle-sinne-13717285.html


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