Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Gipshöhle von Monticello, I
Gipshöhlen sind relativ selten im Vergleich zu den vielen Karsthöhlen dieser Erde. Und sie liegen meist in ganz anderen Gegenden, halt dort, wo es den Gips gibt. Weil der ein beliebter Baustoff ist, gibt es damit die Gipshöhlen oft auch schnell nicht mehr. Sie werden einfach abgebaut mit dem Gestein. Was wir heute noch als Höhle wahrnehmen ist oft nur noch der Rest einer früher viel größeren Entität, die halt aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht zerstört worden ist. Das können wir hier in Bayern studieren, z.B. bei den Höllern, aber auch z.B. in der größten Gipshöhle des Piemont, der Grotta dei Gessi di Monticello.
Am 30. Oktober 2002 war mal eine dreiköpfige Gruppe aus Südbayern da unterwegs, Alfred Schlagbauer, Peter Forster und ich. Die guten Veröffentlichungen über die Höhlen im Piemont machten es relativ einfach, die Höhle zu finden. Auf 208 Meter Seehöhe liegt einer der Eingänge südlich von Monticello d'Alba mitten in den nach Süden geneigten Rebhängen. Vorher muß man allerdings durch ein wachsendes Industriegebiet mit kläffenden Kötern und Verbotschildern und Fabrikhallen wandeln. Hat man die hinter sich, dann kann man zum Haupteingang der unterirdischen Anlage auf geschottertem Weg wandern oder über die Wiese rechts zu einem kleinen wilden Schlupfloch. Der künstliche Teil der "Bergwerkshöhle" ist volumenmäßig weit größer als der natürliche. Heute dient der vom Menschen geschaffene Teil als unterirdische Garage für Traktoren und landwirtwirtschaftliche Maschinen, aber auch als Aufbewahrungsort für irgendwelches altes Zeug, seien es nun hölzerne Wagenräder, Drahtkisten, bauchige Glasflaschen oder alte Einzelschuhe. Es wird berichtet, daß sich hier auch mal eine Champignonzucht macht befunden habe. Heute ist das alles aufgegeben, kaum mehr jemand scheint sich mehr um diese Kunsthöhle zu kümmern. Die gemauerten Absperrungen sind heute alle aufgebrochen, es macht keine Schwierigkeiten mehr überall hinzukommen. Der natürlich Höhlenteil besteht meist aus engen Spaltengängen, die man im günstigsten Falle aufrecht begehen kann, die aber meist nur so groß sind, daß man sich wie ein Hund oder gar eine Schlange bewegen muß, um weiterzukommen. "If you have seen one, you have seen them all". Dieses englische Sprichwort gibt auch hier genau die Situation wieder. Man muß wirklich nicht auch noch in die siebte Spalte hinein, sie wirkt genauso wie alle anderen. Lediglich an einer Stelle mündet der da bequeme erreichbare Gang in einer doppelt mannshohe Halle mit einem Schutthang am Ende und tiefen Lehmtrockenrissen am Boden.
Irgendwo hatte jemand Gipssteine herausgeschlagen und im Gang liegenlassen. Drehte man sie in geeigneter Weise ins Licht begannen die glatten Flächen zu glänzen und zu spiegeln. Sollte man sich einen mitnehmen? Ich ließ meine Finger davon, denn draußen sind sie nur deplaziertes Schaustück, losgelöst von seinem Ursprung, genauso austauschbar wie all die Millionen anderen Dinge unserer Warenwelt. Hier sind sie her und hier zeigen sie uns die Schönheit der ursprünglichen Natur.
Die Umgebung der Haupteingänge | Das "wilde" Schlupfloch |
Blick durch die Gitterabsperrung des Haupteingangs auf die Lagerräume |
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Typische Gipshöhlenprofile | |
Bei den Gipssteinen | |
Schichtige Einlagerung im Gipsgestein | |
Gipskristalle an der Wand Foto Schlagbauer |
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Der größte Raum in der natürlichen Höhle mit großen Trockenrissen im Höhlenlehm Foto Schlagbauer |
Literatur:
Links:
Speläologisches im Piemont
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