Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Grotta di Rio Martino, Piemont, I
Bekannt ist der Eingang zu dieser schönen Höhle in 1530 m Seehöhe schon seit Urzeiten gewesen. Die erste schriftliche Erwähnung stammt schon um 1600 herum. 1856 wurde der erste Plan veröffentlicht. Sie zu finden ist ja nicht schwer. Man braucht nur dem starken Nebenbach des hier noch ein schmales Gerinne darstellenden Po zu folgen und kommt auf einem heute breit ausgelatschten Weg zum großen Höhlenportal. Man hat vorher aus der Poebene heraus von Turin sich immer südwestlich halten müssen, bis man nach Crissolo gekommen ist, ein kleines Dörfchen kurz vor dem "Ende der Welt". Dahinter sind dann nur noch die Berge.
Der Bach entspringt im Hangschutt, hat aber eine Überlauföffnung, an der der Besucher der Höhle unmittelbar vorbeikommt. Auch hier kam man kriechenderweise hinein in die Erde. Dann passiert man Terrassen am Berghang, wer auch immer die gebaut hat und zu welchem Zwecke. Vielleicht waren es die österreichischen Pioniere gewesen, die1917 den ersten Vorstoß über das bis dahin bestehende Höhlenende unternahmen: einen hohen Wasserfall, der, so wissen wir heute aus 40 m Höhe herunterkommt. Sie bauten eine Konstruktion aus Leitern und Plattformen und erreichten so da obere Ende. Hat man soviel Manpower zur Verfügung, dann kann man auch leicht Terrassen am Höhleneingang bauen.
Am Eingang steht die übliche Informationstafel, wo man auch
einen Höhlenplan vor Augen hat. Ein dreieckiger Tunnel nimmt
einen auf und man kann bequem bergwärts aufsteigen. Eine weite
Halle tut sich auf, links ist eine Felstafel an der Wand, wohl
die Reproduktion eines Fundes aus der Höhle. Darauf sind
Felsritzungen, schlangenförmige Gebilde, stilisierte Menschen,
Symbole. War das mal ein Kultstein? Scheint hier vielleicht für
kurze Zeit die Sonne in die Finsternis und traf diese Zeichen? An
den Wänden der Eingangshalle sind viele Inschriften, ja ganze
eingemeißelte Paneele. Hinten geht nur noch ein immer kleiner
werdender Gang bergwärts, der am Ende zum Gang auf allen Vieren
zwingt. Hier war wohl früher eine Absperrung. Gleich dahinter
wird es wieder größer, es geht bequem horizontal weiter und aus
der Ferne ist bereits Wasserrauschen zu hören. Schließlich
steht man am Höhlenbach, der den ganzen Boden ausfüllend, von
links kommt und rechts unter einen niedrigen Bogen wieder
verschwindet. Als Besucher überquert man das nasse Element ganz
bequem auf einem dicken Holzbrett und erreicht so trocken das
andere Ufer. Dies ist der erste Rest einer einstigen
Erschließung der Höhle als Schauhöhle. Sie hat sich aber nicht
gelohnt, weshalb das Unternehmen wieder aufgegeben wurde. Viel
Arbeit hat man sich da gemacht. Die Auf- und Abstiege und
Querungen sind mit zahlreichen Stufen im Fels für die Besucher
erleichtert worden. Wo es notwendig ist, da sind heute wieder
Eisenketten installiert, die ein bißchen mehr Sicherheit
vermitteln. Denn gelegentlich bewegt sich der Besucher so hoch
über den Bachbett, daß ein Sturz ersthafte Folgen haben könnte
und auf jeden Fall zu vermeiden ist. Auf diese Weise muß man bei
ein bißchen Geschicklichkeit nicht mal Gummistiefel an der
Füßen haben, um bis in die große Wasserfallhalle, die
Pissaihalle zu kommen.
Unterwegs verzweigt sich der Gang immer wieder, aber diese
Nebengänge läßt man normalerweise alle beiseite, weil der
Hauptgang einfach zu groß und spektakulär ist, als daß man
sich da mit kleiner dimensionierten Löchern lange abgeben
würde. Es geht mal auf mal ab, man überquert mehrmals den Bach
einige Meter über der Sohle des Gangs auf gut fixierten dicken
Brettern, kommt durch eine große Halle und auch an paar
Tropfsteinen vorbei. Kurz vor der großen Halle ist rechts in
einer Nebenkammer eine Art Schrein entstanden. Mehrere
Gedenktafeln erinnern an verstorbene Höhlenforscher, eine kleine
Marienfigur, geschmückt mit Blumengirlanden aus Plastik zeugen
von religiösem Gedankengut.
Dann wird es schwierig, sich weiter vernünftig zu unterhalten.
Die beiden Stränge des Wasserfalls donnern gewaltig aus der
Höhe. Die Luft ist voller Gischt, da tobt die Natur unter der
Erde. Aus der Halle führt nur noch der Weg nach oben weiter. Ein
Seil hängt an der Hallenwand herunter, das wohl dem entsprechend
ausgerüsteten Forscher ermöglicht in SRT-Manier weiterzukommen.
Steil in die Höhe führende Räume führen zum oberen Ende des
Wasserfalls, das man in ausgesetzter Weise mit Seilsicherung
erreicht. Danach geht es großräumig nach mehrere Hundert Meter
weiter. Die Gesamtganglänge wird heute mit 3000m + angegeben bei
einem Gesamthöhenunterschied von + 188m. Die eingehenden
geologischen Uuntersuchungen haben gezeigt, daß erst ein kleiner
Teil des vermuteten Höhlensystems in der Nordflanke von Monte
Grane mit seinen 2314 m und der Punta Gardetta mit 2101 m bislang
gefunden worden ist.
Eingang | |
Steinplatte mit Ritzzeichen im Eingang | |
Gedenktafel an einen verstorbenen Höhlenforscher (Busca Pancalieri Caramanga) |
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Gedenktafel an einen verstorbenen Höhlenforscher (F. Costa) Er wurde von den Deutschen im KZ Mauthausen umgebracht. (Im italienischen Text steht bemerkens- werter Weise "von den Nazis") |
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Bodenstruktur | |
Foto Schlagbauer | |
Foto Schlagbauer | |
Foto Schlagbauer | |
Foto Schlagbauer | |
Literatur:
Vittorio, Verole, Bozzello | Le Grotte d'Italia - guida al turismo sotteraneo, Bonechi Editore, Florenz 1970 |
Lana, Enrico, AGSP | BIOSPELEOLOGIA DEL PIEMONTE, Turin 2001 |
Gobetti, Andrea | L'Italia in Grotta, Roma 1991 |
Magri, Federico, A cura di | La grotta di Rio Martino (Valle Po-Piemont), Associazione Speleologi Piemontei, Regione Piemonte 2007? |
Links:
http://digilander.libero.it/enrlana/bib_1001.htm
http://www.ingranda.it/parchi/poccit/10.htm
http://www.ghironda.com/vallepo/rubriche/riomart.htm
http://cuneonotizie.supereva.it/227grotta.htm?p
Landschaft und Höhlen im Piemont
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