Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Sa Oche-Su Ventu


Der Eingang zur Sa Oche


"Sa Oche" ist sardisch und heißt "la voce", die Stimme. Die Herkunft des Namens wird mit den Lauten erklärt, die aus der Höhle dringen, wenn es Hochwasser gibt und große Wassermassen aus dem Innern der Erde quellen. Dann tauchen auch knallartige Töne auf, die sich bilden, wenn die Luft aus Luftglocken schlagartig entweicht. Ähnliches ist ja etwa aus der Bramabiau-Höhle in den französischen Causses auch bekannt. Dann fließt ein Fluß aus dem ansonsten das ganze Jahr trockenliegenden Portal, erfüllt das Flußbett und strömt dem Rio Cedrino auch oberirdisch zu.

Normalerweise sind die ersten Meter der Sa Oche-Höhle, deren Eingang auf 155 m über dem Meeresspiegel liegt, einfach zu begehen. Auf kiesigem Boden geht man zwischen hohen Felswänden bis zum ersten See. Diese Stelle war sicherlich schon seit Urzeiten dem Menschen bekannt, weil das Vorhandensein von Wasser in dieser trockenen Gegend überlebenswichtig für Tier und Mensch war.
Um tiefer einzudringen ist es notwendig, entweder mit dem Schlauchboot mitzubringen oder sich schwimmenderweise fortzubewegen. Verschiedene Gangverengungen und Felsstufen zwingen immer wieder zum Umsetzen bzw. zum Überklettern der Hindernisse. Am Ende schließt ein Siphon den Weiterweg, dessen Wasserspiegel je nach Jahreszeit um mehrere Meter schwanken kann. Hier mündet von oben ein Schachtteil in die Sa Oche, der 60 m tief ist und den Namen "Su Benticheddu" trägt.
Der Hauptfang taucht bis in 27 m Tiefe ab und hat dabei eine Weite von 4 bis 5 m. Nach dem tiefsten Punkt geht es wieder aufwärts in einem Felsspalt, der nach insgesamt 110 m Tauchstrecke in einem Su Ventu-Höhlenteil mit dem Namen "Il Caos" wieder herauskommt.




Zum Eingang der Su Ventu, dem "Windloch", kommt man auf einem kleinen steilen Pfad, der in der Nähe der Sa Oche anfängt. Man steigt etwa 50 m aufwärts und erreicht das Eingangsportal aus dem oft fühlbarer Wind streicht. Gleich dort erinnert eine Gedanktafel an Emil Vidal, der 1959 bei einer Befahrung der Seen mit einem Boot ums Leben gekommen ist. Zuerst geht es horizontal in einem kurzen Tunnel in den Berg, es folgen einige kurze Anstiege über Tropfsteinwände, kleine Schlufe sind zu überwinden, dann gibt es zwei Wege tiefer in den Berg. Der obere führt über einen 15-m-Schacht hinab in den Hauptgang, der andere mündet nach einem ausgegrabenen Schluf tiefer unten nach Passierung eines Ganggewirrs auch an dieser Stelle.

Der Hauptgang führt groß dimensioniert in den Berg. Um da weiter zu kommen muß man, so lange es geht, nur in den Seen waten, später sind sie zu tief. Dann heißt es entweder zu schwimmen oder mit Booten herumzuhantieren. Keine Alternative ist ohne Schikanen. Es ist gar nicht so einfach, aus den Becken wieder heraus- und hineinzukommen, zumal auch immer wieder kleinere Kletterstrecken von 4 bis 6 m zu überwinden sind, für die man am besten Seilsicherungen einbaut. Müßig zu sagen, daß bei Verwendung von Booten ständig das Risiko besteht, daß bei den messerscharfen Felsen, die überall herauskorrodiert sind, man ständig in Gefahr ist, sein schönes Gefährt zu löchern. Zur Genußsteigerung kommt dann bei einer Stelle, die von den englischen Höhlenschwimmern "The Duck" genannt wurde. Schwimmer können auf Wasserspiegelhöhe bleiben, sich durch so einen Halbsiphon und eine Engstelle gerade noch quetschen, aber als Mitglied einer Bootsmannschaft hilft das nicht. Da heißt es weit in die Höhe des Hauptgangs klettern, zusätzlich dann noch das Boot mit hinaufzerren, vorwärts überm Abgrund zu klettern und an einer geeigneten Stelle erst einmal das Boot wieder abzuseilen, sich dann gezielt wieder von oben im treibenden Boot zu plazieren und dann vielleicht noch zu warten, die ein anderer aus der Gruppe auch noch neben einem Platz nimmt, den man dann erst einmal an einen einigermaßen trockenen Platz bringt, wo er warten kann. Und man denke an den Rückweg! Das Ganze auch wieder rückwärts! Ein paar Stunden sind da nichts für eine kurze Tour. Dabei ist die Höhle riesig. 18 km Gesamtganglänge wird heute in den Veröffentlichungen angegeben.

 

Literatur:

Furredu, P.A., Maxia C. Grotte della Sardegna, Ediz. Fossataro 1964
Paschino, Antonello Lanaitto 1981 e 1982, Bollettino Sassarese 7-1983
Wright, Kym and Buster It's Better than Sex, Caves & Caving Winter 1996, p 29ff.
Loru, Roberto Sa Oche e i suoi sifoni, Bollettino del Gruppo Speleologico Sassarese, n. 14, 1993 p50ff
Allanach, Dave und andere 1980 Speleological Expedition to Sardinia, p 79 ff, C.P.C. Journal, Vol. 6, No. 2, pp79-107
G.C. La speleologia al servizio dell'agricoltura, Gruttas e nurras 2-1974 p 11ff
Cordingley, John Sardinia 1981, caves & caving pp14-15
Gobetti, Andrea L'Italia In Grotta, Gremese Editore, Roma 1991

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