Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Höhlen im Pantalicagebiet, Sizilien, I
Das Gebiet von Pantalica im Hinterland von Syrakus im Westen Siziliens ist inzwischen zum Weltkulturerbe erklärt worden. Eine große Gedenksäule zeigt das jedem Besucher gleich am Eingang zum "Riserva Naturale Orientata" heute deutlich.
Die Sikuler hätten sich erstmals um 1300 v. Chr. dort angesiedelt. Viel ist davon nicht mehr übrig geblieben, hauptsächlich das Anaktoron, einstmals wohl der Sitz des Stammesfürsten. Was uns heute noch beeindrucken kann, das sind die Grabhöhlen, um die 5.000 sind es. Wer an bestimmten Stellen die steilen Felshänge anschaut, der sieht die schwarzen rechteckigen Öffnungen verstreut überall wie Bienenwaben. Die Lage ist sehr geschützt auf einem Bergsporn zwischen zwei tiefen Flußschluchten, der des Anapo und der des Calcinara.
Erreichbar ist die Siedlung von mehreren Seiten her. Von Sirakus aus kann man über Ferla oder Sortino auf einer Fahrstraße bis ins Herz des Gebiets vordringen. Dort endet die Straße dann absolut an einem kleinen Parkplatz und es bleibt einem am Ende nur der lange Rück auf derselben Straße. Beim Eintritt in die Hauptzone ist ein kleiner Haltepunkt, von dem aus man auf einem schmalen Weg die Höhlenkirche von San Miciario erreichen kann. Sie war früher mit einem Gitter verschlossen, aber heute ist längst alles aufgebrochen und entsprechend in einem Zustand, der das weitere Zusperren auch nicht mehr rechtfertigen würde. Auf dem Weg dorthin kommt man an mehereren künstlichen Höhlen vorbei, manche sicherlich Gräber, manche wohl auch Aufenthaltsräume. Wer genau hinschaut, der wird auch den Eingang zu einer richtigen Höhle finden, die dort liegt. Daß es eine echte Höhle ist, erkennt jeder sofort an den Raumformen, die einfach ganz anders sind. Veränderungen durch den Menschen scheint es hier aber nicht gegeben zu haben. Vielleicht wurde sie mal als Stall für die Tiere benützt. Sie erstreckt sich soweit in den Berg, daß man, um in die inneren Teile zu kommen, unbedingt eine Taschenlampe braucht. Wer noch weiter hinein will, der braucht wohl auch einen Schlaz, denn da gilt es sich flach auf den Bauch zu legen und vorwärts zu robben!
Vom Ende der Fahrstraße aus kann man über die
Schlucht hinwegschauen auf die andere Talseite, wo von Sortino
her auch eine Straße herführt und endet. Dorthin kann man auf
einem schönen Weglein auch wandern. Unterwegs zweigt ein Steig
ab, unbezeichnet, der zum Eingang einer weiteren Höhle führt.
Seltsam ist es schon, wieviel Geld man da ausgegeben hat, um den
Weg dorthin möglich zu machen mit betonierten Steiganlagen und
den man dann mit einem Gitter abgesperrt hat. Inzwischen ist auch
dieses aufgebrochen und wer den Bauch einzieht, der kommt
unschwierig hinein. Ein paar Meter auf allen Vieren über den
Schotter und man steht in einem kleinen Höhlensaal voller
beschädigter Tropfsteine und einem Höhlengraffitti aus
deutscher Hand. Auch hier braucht man unbedingt eine
Taschenlampe.
Unterwegs in die Schlucht kommt man an einer weiteren und früher
verschlossenen Höhlenkirche mit letzten Resten eines Wandfreskos
vorbei. Verschiedenen künstliche Hohlräume sind links und
rechts vom Weg auszumachen. Am Fuße der Schlucht ist
unübersehbar die Grotta dei Pipistrelli auszumachen. Es soll
sich um eine geräumige Horizontalhöhle handeln. Als wir
versucht haben, dorthin zu kommen, gelang uns das nicht!
Trockenen Fußes haben wir es nicht geschafft. Da hätte man
tiefer ins Wasser des Baches steigen müssen, der durch die Sohle
des wunderbar verwucherten Naturparadieses fließt. Überall
Oleander und anderes Gestrüpp. Auf Trittsteinen wird der
Calcinara erst einmal überquert, die völlig überwucherte Ruine
einer alten Mühle, teilweise in Felsüberhänge hineingebaut,
ist damit zu erreichen. Auf der Südseite der Schlucht ist eine
riesige Halbhöhle, in deren Wandseite eine Mauern noch erhalten
sind und eine Treppe, die in einer von Menschen geschaffene
Kammer führt. Das könnte sehr gut ein alter Kultplatz gewesen
sein. Heute dient sie als Scheißhaus!
Für die Erkundung des ganzen Gebiets sollte man sich viel Zeit nehmen. Ein oft empfohlener Wanderweg führt durch die Schlucht des Anapo auf den Spuren einer ehemaligen Eisenbahn, die im 20. Jahrhundert mal hier Menschen und Zitrusfrüchte transport hatte. Einer der schönsten Plätze Siziliens für mich!
Literatur:
Schröder, Thomas | Sizilien, Michael-Müller-Verlag, 5. Auflage 2004 |
Baedecker | Sizilien, 8. Auflage 2005 |
Gobetti, Andrea | L'Italia in Grotta, Roma 1991 |
Mesina, Caterina, Groß, Nikolaus | Wandern auf Sizilien, DUMONTaktiv, Hamburg 2002 |
Links:
http://www.italien-inseln.de/tempel-ruinen/necropoli-di-pantalica.html
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