Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Speläologisches im Sarcatal
Eingang in die Bus del Diaul aus der Ferne gesehen
Bei Arco mündet die Sarca in den Gardasee nach einem kurzen Lauf von Trient her. Sie läuft in einem ausgeprägten, fruchtbaren Tal, das von den Gletschern geschaffen worden ist. Links und rechts ragen steile Felsflanken empor, die zu hohen Gipfeln führen, dem Monte Casale, dem Monte Bondone, dem Monte Stivo und anderen.
Der Talboden ist dicht besiedelt. Die Räume dazwischen füllen viele Apfel- und Kiwiplantagen. Das Gebiet ist touristisch sehr erschlossen, weil es zu einer Art Paradies für Wanderer, Mountainbiker und Kletter entwickelt worden.
Für den Höhleninteressierten gibt es nur wenig, aber trotzdem erwähnenswertes. Eine einzige größere Höhle ist die Bul del Diaol, nordöstlich von Arco. Ihre Länge wird mit 800 m angegeben. Der Gesamthöhenunterschied beträgt 60 m. Eine Beschreibung von ihr aus dem Jahre 1886 in den Annuario SAT von Vincenzo Zucchelli gehört zu den frühesten der Region.
Neben dieser echten Karsthöhle lassen sich noch andere Objekte besuchen, die mehr dem Rand des Phänomens "Höhle" zuzurechnen sind, die aber trotzdem hier erwähnt werden sollen:
- Höhlen unter Felsdächern
Von Dro aus läßt sich in einem kleinen Spaziergang die Felsenkirche von San
Paolo erreichen. Sie wurde 1186 erstmals urkundlich erwähnt und besteht aus
einem Raum mit einem anschließenden Zimmer. Bei Restaurierungsarbeiten kamen
1950 wieder Gemälde zum Vorschein, die Abendmahlsszenen und Vorkommnisse aus
dem Leben des Heiligen Paul zeigen. Normalerweise ist die Kirche geschlossen,
wird aber nach Anmeldung geöffnet. Die Klause wird auch in den Schriften von
R.M. Rilke erwähnt. "Unter einem überhängenden Fels, fast wie von der
Wucht des Schiefergesteins erdrückt, schimmert ein kapellenartiger Bau, mit
steifen Fresken bemalt; unwirtliche Stufen steigen sacht zu dem wildverwachsenen
Eingang..Die Thür neben dem Altar schattete so tief, dass ich jeden Augenblick
das Gefühl hatte, in ihrem sanften Zurückweichen in verschrumpften Conturen
die Gestalt eines alten Mönchs zu sehen..."
https://www.outdooractive.com/de/poi/garda-trentino/eremo-di-san-paolo-arco/40652905/
- Gletschermühlen
In der Nähe von Vezzano kann man auf dem Antonio Stoppani-Themenweg
an 10 Gletschertöpfen vorbeischauen, auf Italienisch heißen sie "marmitte
dei giganti". Es gibt eine Nord- und eine Südroute, die zu jeweils anderen
Gletschermühlen führen. Lnage Zeit hindurch sah man zwar die tiefen, meist
runden Löcher im Felsen, konnte sich aber nicht vorstellen, wie sie entstanden
sein könnten. Nur "Riesen" schienen zu einem solchen Werk in der Lage
gewesen zu sein. Wer an den Inhalt der Bibel glaubte, meinte zu wissen, daß sie
Spuren der Sintflut wären. Erst im 19. Jahrhundert kamen einige Leute, die sich
noch bescheiden "Naturforscher" oder "naturalists" nannten,
nicht gleich "Wissenschaftler", auf die Idee, daß es hier einstmals
gewaltige Gletscher gegeben haben könnte, Louis Agassiz, Jean de Charpentier,
James D. Forbes, Eduard Schimper, Ignaz Venetz, ein paar der Pioniere der
Eiszeitforschung seien hier genannt, die sich anfangs noch auslachen lassen
mußten, als sie mit der "Eiszeitidee" erstmals an die Öffentlichkeit
traten und damit das alte, von den christlichen Vorstellungen geprägten
Weltbild massiv in Frage stellten.
Der bedeutendste Topf trägt den namen "Bus dei Poieti" und ist etwa
12 m tief. Eine Eisenleiter ermöglicht einen sicheren Abstieg bis zum teilweise
wassergefüllten und glitschigen Grund. An der Wand sind noch Schichten von
Kieselsteinen zu sehen, die letzte Reste früherer Wiederauffüllungen sind und
von der wechselhaften Geschichte des Platzes künden. Eine Informationstafel
oben am Eingang beschreibt die Entstehung der Gletschermühle und weist auch auf
die Nutzung des Ortes durch den Frühmenschen als Wohn- und Bestattungsort hin.
- Unterirdische Steinbrüche
Bei San Martino beginnt eine Straße, die die Westflanke des Monte Stivo
entlang führt. Unterwegs kommt man an den bei Kletterer berühmten Falesia
Policromuro vorbeiführt. Wenn man dort noch einen Parkplatz findet, dann läßt
man dort am besten sein Fahrzeug stehen und geht auf der alten, mit groben
Steinen gepflasterten Straße weiter bergauf. Dies ist der alte Weg, auf dem
früher große Felsstücke den Berg herabtransport worden sind. Sie stammten aus
den heute still gelegten Steinbrüchen, die noch heute besucht werden können.
Das Gestein besteht aus Kalkoolith aus der Jurazeit und war einstmals sehr
gefragt. Es wurde von der lokalen Bauwirtschaft für Rohrleitungen und
Aquädukte verwendet. Auch die Bildhauer verwendeten es. So finden sich Statuen
aus diesem Material in Padua und auf dem Wiener Prater.
Zurückgeblieben sind große schräge Hohlräume, die von massiven Felssäulen
unterbrochen sind. Man hat sie wohl stehengelassen, weil man Zweifel an der
Festigkeit der Decke der künstlichen Höhlen hatte. Nacheinander folgen mehrere
größere und kleinere unterirdische Anlagen.
Sarca bei Hochwasser bei Dro mit alter Brücke
> Sarcatal mit Monte Stivo |
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Die Felsenkirche von San Paolo | ||
Die unterirdischen Steinbrüche oberhalb der Falesia Policromuro | ||
2021 | ||
Felsenwohnung | ||
Felsdach mit Ritzzeichen | ||
Halbhöhlen an altem Karrenweg | ||
Bus dei Poeti | ||
Infotafel am Eingang | ||
Literatur:
Bolles, Edmund Blair | Eiszeit - Wie ein Professor, ein Politiker und ein Dichter das ewige Eis entdeckten, Argon, Berlin 2000 |
Filosi, Elena | Rainer Maria Rilke ad Arco, MAG Edizioni 2010 |
Fritz, Florian | Gardasee - Wanderführer mit 35 Tourn, Michael Müller Verlag MM-Wandern, Erlangen, 3. Auflage 2018 |
Sighel, Daniele | Grotte del Trentino, Trento 2012 |
Links:
http://www.klettern-sarcatal.com/
https://www.trentino.com/de/trentino/trient-und-umgebung/vallelaghi/vezzano/
https://www.auf-den-berg.de/wandern/gardasee/gletschertoepfe-auf-dem-geologischen-lehrpfad-stoppani-in-vezzano/
https://planetoutdoor.de/touren/wandern/geologischer-wanderweg-stoppani
https://www.sentres.com/de/familienwanderung/die-gletschergruben
https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/oolith/11578
http://www.das-kleine-portal.de/bosco_caproni.html
https://www.outdoormaedchen.de/2020/01/bosco-caproni.html
https://www2.muse.it/museo/default.asp
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