Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Foiba di Basovizza und ihre Umgebung, Triester Karst, I


An der Straße von Basovizza nach San Lorenzo Jezero passiert man heute eine nationale Gedenkstätte Italiens, die "Foiba di Basovizza". Mit "Foiba", das sich vom lateinischen Wort "fovea, fossa" bzw. vom kroatischen "fojba" ableitet, wird zuerst einmal ein Schacht verstanden. Davon gibt es im istrischen Raum alleine 1.700. Einen fürchterlichen Beiklang bekam dieses Wort durch eine Praktik, die auf italienisch "spingere nella foiba" heißt, auf deutsch: In einen Schacht gestoßen werden. Hauptsächlich wird er für Geschehnisse heute verwendet, die sich sich am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 nach Abzug der deutschen Truppen und vor dem Einmarsch der Allierten in den Triester Raum zutrugen. Damals übernahmen neuen Machthaber unter Marschall Tito das Regime, die einen nennen sie kommunistische Partisanen, die anderen Mitglieder der jugoslawischen Armee, und wüteten in den 40 Tagen ihrer kurzen Herrschaft unter der Bevölkerung Triests.

Wie viele Menschen in diesen Tagen umgebracht wurden, das ist nicht genau mehr festzustellen. Die Schätzungen schwanken zwischen 7.000 und 15.000 Menschen. Viele davon landeten in den Foibas. Ein Zeugnis für dieses Grauen lieferte eine 500 m³ umfassende Schicht im Schacht von Basovizza, die die Leichen enthielt. Es wird berichtet, daß viele vorher noch gefoltert wurden, ehe sie in den Schacht von ca. 200 m Tiefe gestürzt wurden. Manche wurden vorher erschossen, viele sollen lebend hinuntergestoßen worden sein. Eine besonders perfide Methode sei gewesen, zwei Menschen zusammenzubinden durch Stacheldraht, einen erschoß man, den anderen habe man lebendig mit hinuntergestoßen.
Einige Menschen müssen den Sturz überlebt haben und verbrachten dann ihre letzten Stunden in der Tiefe des Schachts zwischen der Leichen der Vorangegangenen.

Lange Zeit hat man die grauenhaften Vorgänge verdrängt, versucht sie zu vergessen. Eine Marmorplatte wurde über dem Schacht angebracht. 1992 schließlich wurde der Ort zum "monumento nazionale" erklärt und der 10. Februar jeden Jahres zum Gedenktag für die Opfer der Foiba-Massaker erklärt.

Deshalb waren die Blumen auch noch recht frisch, als wir im Februar 2010 an einem sehr nebligen und regnerischen Tage dort einmal vorbei geschaut haben. Das Wetter paßte perfekt zur Atmosphäre. Niemand außer uns und dem Wächter in der Gedenkstätte war dort. Die Marmorplatte ist inzwischen noch von einer Eisenplatte bedeckt, die eine typische Rostschicht trägt.
Besonders eindrucksvoll ist ein Marmorkunstwerk, das die speläologischen Verhältnisse im Zusammenhang mit deren Bezug zum Menschen zeigt. 256 Meter ist der Naturschacht tief, auf dessen Grund ein horizonaler Gang noch einige Hundert Meter weiterführte. Der ist aber schon lange nicht mehr zugänglich, denn schon nach Ersten Weltkrieg hat man dort österreichische Kanonen entsorgt. Die allmähliche Auffüllung ging so Schritt um Schritt weiter, einschließlich der Foibamassaker. 1957 war der Schachtboden schon um 120 m höher!

Zu erwähnen ist noch, daß dieser Ort leider nicht der einzige ist, was man das "Infoibare" praktiziert hat. Von der Foiba di Opicina heißt es, daß man dort ungefähr 200 Personen umgebracht hätte, unter anderen die Frau und das Kind eines Karabinieri. Als Täter werden auch genannt die italienischen Faschisten, die deutschen Besatzungstruppen... und diese Praktik wurde schon mindestens seit 1943 angewendet....

 

 


Unglaublich, was man im Internet an Schrott zu lesen bekommt:

"Die Foiba von Basovizza ist ein fast 300 Meter tiefer Karstschlot. Er wurde 1904 errichtet, um dort Steinkohle zu fördern. Am Ende des Zweiten Weltkrieges ...


Angesichts solcher Greuel, die einem den Atem rauben, wäre es verständlich, wenn es anschließend kein Leben mehr gäbe. Die Sinnfrage stellt sich sowieso da nicht mehr. Aber es geht eben weiter. Neues Leben wächst auch an den Stellen, wo es massivst vorher zertreten, abgesägt, zerschossen wurde.

Die Landschaft des Karstes legt ja schon seit Jahrtausenden Zeuge dafür ab. Die einstmals vorhandenen großen Wälder wurden ja schon von den Römern und ihren Nachfolgern abgesägt. Irgendwann war alles kahl. Das typische Wirtschaftsprinzip des Kapitalismus. Nehmen so viel wie nur geht - und dann weiterziehen. Das geht so seit Jahrhunderten. Immer gab noch irgendwo auf dieser Erde noch eine Region, wo das auch noch so funktionierte. Bis man mal in Australien und Neuseeland auch alle Urwälder abgeholzt hatte. Dann kam man langsam wieder bei uns hier an. Irgendwann hatte man das Prinzip der "Nachhaltigkeit" dann gefunden, daß man, wenn man langfristig denkt, besser nicht mehr wegfrißt als nachwächst.

Das hat man in der Region oberhalb von Triest schon Mitte des vorletzten Jahrhunderts versucht zu praktizieren. Man begann zu experimentieren, was am Besten in der leergeräumten Region des Karstes wächst. Genau in diese Zone kann heute der Wanderer gehen, wenn er den Parkplatz an der Foiba benützt, um zur "Grotta Nera" zu gehen. Im Grunde hat das schon auch eine spirituelle Dimension. Wie können wir weiterleben, angesichts der Verwüstungen der Vergangenheit?

Der Wald ist nicht alt, der Bosco Bazzoni, junge Stämme dominieren. Zeigerförmige Schilder leiten einen durch das gleichförmige Areal ohne wirkliche charakteristische Kennzeichen. Folgt man ihnen, dann kommt man zu einer Höhle mit der Katasternummer VG 140, was darauf schließen läßt, daß sie schon seit Anbeginn der systematischen speläologischen Erfassung bekannt ist. Viele Namen hat diese Höhle schon bekommen - Caverna delle Selci - Grotta dei Morti - Caverna dei Lebbrosi.

Eine Höhle als Lebensraum für Leprakranke, das ist nichts Ungewöhnliches. An der Céze im Süden Frankreichs gibt es auch so eine Höhle, da steht noch die Mauer, hinter der man die Infizierten bis zu deren Lebensende gehalten hat. Die Lage der heute "Grotta Nera" heißenden Höhle war sehr gut für eine solche Nutzung wegen ihrer Entlegenheit geeignet. Nach dem 2. Weltkrieg benutzten Leute die Höhle, um übrig gelassene Kriegsmunition dort zu entschärfen, in dem sie sie in die Luft jagten. Das soll zu erheblichen Veränderungen in ihr geführt haben.

58 m ist sie lang, eine Tiefe von 30 m wird erreicht. Eine sehr engagierte Höhlenforschergruppe aus Triest hat sich ihrer angenommen, hat sie als Schauhöhle entwickelt, zumindest an Sonntagen.

Sonntags von 10 bis 15 Uhr ist sie heutzutage regelmäßig geöffnet und wird von der Gruppo Speleologico San Giusto betreut. In einzelnen Stationen wird die Entwicklung der Menschheit in kleinen nachgebauten Szenen gezeigt.

 

   

 

http://www.dailymotion.com/video/x5gchd_la-grotta-nera-di-trieste_travel

 

 

 


Literatur:

Hofmann-Montanus, Hans, Petritsch, Ernst Felix Die Welt ohne Licht, Verlag Josef Habbel, Regensburg 1952
Gobetti, Andrea L'ITALIA IN GROTTA, Rom 1991
Boegan, E., Bertarelli, L.V. Duemila grotte, T.C.I., Milano 1926
Gherlizza, Franco -100, Club Alpinistico Triestino Gruppo Grotte, Triest 1983
Gherlizza, Franco, Radacich, Maurizio Grotte della Grande Guerra, Trieste 2005
Czarnowska, Martyna Von Vertriebenen und Verschwundenen, Wiener Zeitung 22. Februar 2006

Links:

http://www.foibadibasovizza.it/

http://www.gerhardfrey.de/-/Triest.html

20620.pdf (application/pdf-Objekt)

123people Ergebnis für http://www.cnj.it/FOIBEATRIESTE/Capitolo_I.htm

123people Ergebnis für http://www.comunedimilanocollettivoprendiamolaparola.org/Appr...

123people Ergebnis für http://marco2000.altervista.org/flatnux/materialevario/operaz...

http://altocasertano.wordpress.com/2009/02/09/10-febbraio-litalia-ricorda-i-martiri-delle-foibe-esercitiamo-dovere-collettivo-della-memoria/

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Landschaft und Höhlen im Triester Karst


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