Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen am Monte Cucco, Umbrien, I
Der Monte Cucco, ein 1566 m hoher Berg im Hauptkamm der Apeninnen in Umbrien, liegt heute im "Parco del Monte Cucco". Er hat diesen Status bekommen, weil sich dort auch heute noch einige vom Menschen noch relativ unberührt gebliebene Gebiete befinden, wo es "große Buchenwälder" gibt, "unberührte Wasserläufe" und ein riesiges Höhlensystem. Wolf und Goldadler haben dort noch ihr Wohngebiet. An kulturellen Highlights finden sich alte Klöster, u.a. Sant'Emiliano und San Girolamo. Das hat auch eine ökonomisch Ursache, denn die reichen Eigentümer des Gebietes sollen sich den Erhalt dieses riesigen Gebietes auf ihre Fahnen geschrieben haben.
Im Internet werden Anfang 2006 23.638 m als Gesamtganglänge und 923 m als Gesamthöhenunterschied für die Grotta die Monte Cucco auf der Seite von CENS genannt.
Bekannt ist diese Höhle seit Hunderten von Jahren. 1759 erstmals von F. Gabrielli erwähnt (1775 erschien von ihm die Veröffentlichung: "Descrizione della Grotta di M. Cucco. Storia dell'Agro Pesarese, Bologna), aber in der Höhle finden sich Inschriften, die bereits auf Begehungen im XV. Jahrhundert hindeuten. 1889 forschte Jean-Baptiste Miliani gründlicher in der Höhle und erstellte den ersten Höhlenplan, der oberen eher horizontalen Gänge. 1967 begann es ein ganz neuer Abschnitt der Forschung, als Mitglieder des G.S. CAI Perugia am Südende der riesigen "Salle Margherita" (140 x 30 x 70 m) eine Fortsetzung fanden, die in die Tiefe führte. Auch in die Höhe wurde geforscht, wobei z.B. ein 63 m hoher Schlot, der "pozzo del Nibbio" erstiegen wurde, was schließlich zur Entdeckung eines neuen, höher gelegenen Eingangs führte. Viele Seitenzweige wurden noch gefunden, so daß die Höhle heute zu den längsten Italiens gehört.
Auch in der näheren Umgebung wurde intensiv geforscht und 30 weitere Höhlen gefunden. Die längste davon ist die Buca di Faggeto Tondo. Daß es sie gibt, das ist kein Zufall, sondern sie sind ein von der Entwicklung der Landschaft rundum nicht zu trennender Teil und verläuft teilweise nur 20 m unter der Oberfläche. Im weiteren Umkreis sind über 140 Höhlenobjekte bislang bekannt und 6 davon haben einen anthropospeläologischen Bezug. Bei einigen sieht man es schon am Namen: Grotta de San Donino, Grotta de Sant'Agnese, Androni dell'Eremo. Teilweise sind das kleine Höhlen oder Felsdächer, die von den Hirten als Unterstand genutzt wurden, die Grotta dell'Agnese wurde in Kriegszeiten als Unterschlupf benutzt, teilweise wurde das in der Höhle zum Vorschein kommende Wasser genutzt, in vier Höhlen finden sich noch Spuren früherer Besiedelung wohl durch einen Eremiten. In der Androni dell'Eremon auf der Ostseite des Monte Cucco lebt heute noch einer.
Das gesamte Wasser aus den Höhlen kommt in der Scircaquelle in
528 m Seehöhe wieder zu Tage.
Erreichbar ist die Höhle von Sigillo aus, das zu dem idyllischen Ort Costacciaro gehört. Man folgt zuerst der Straße ins Val di Ranco, vom der dann ein alter Ziehweg weiter Richtung Berggipfel führt. Direkt an ihm ist der Höhleneingang. Lange Zeit hindurch war der Zugang in die Höhle durch eine massive Eisenleiter sehr erleichtert, die allerdings inzwischen wieder entfernt worden ist. Nun braucht man für den 25 m-Eingangsschacht wieder entsprechende Schachtausrüstung. Am Grunde beginnen großräumige Gänge und Hallen, die einfach zu begehen sind.
Bilder aus den Höhlen des Monte Cucco...
Eine Fledermaus | |
Diese Leiter existiert nicht mehr. |
In Costacciaro gab es in der 80er und darauffolgenden Jahren ein großes Höhlenforscherzentrum, das Centro Nazionale di Speleologia, in einem alten Gebäude, das man hervorragend wieder hergerichtet hatte. 50 Schlafplätze bot man an, Aufenthaltsräume und alles, was sonst noch zu einem angenehmen Aufenthalt gehörte. Speleologische Schulungskurse wurden angeboten und internationale Treffen für Höhlenfilm und -photographie. PHANTASPELEO wurde das und war über Jahre hinweg ein großer Erfolg.
Inzwischen wird es als CENS weitergeführt.
Mai/Juni 2007 war ich mal wieder, zusammen mit den Chiemgauer Höhlenbären dort. Wir hatten ein Superquartier auf dem Campingplatz RIO VERDE. Da war die bald 30köpfige Truppe bestens aufgehoben, besonders in den Momenten, wo der Himmel gar kein Einsehen hatte, daß Zeltler und Wohnmobileure sich mit Wolkenbrüchen schwer tun. Dann konnten wir in das kleine Aufenthaltshaus einrücken, gewärmt vom offenen Feuer im Kamin.
Es war eine sehr aktive Zeit. Die Mountainbikertruppe stürmte den Berg mit ihren Rädern und scheute auch vor schmalen Bergpfaden nicht zurück. Die Höhlenforscher schauten in die Buca di Faggeto Tondo. In die Grotta di Monte Cucco ging es leider nicht, weil wir keinen Schlüssel hatten für die inzwischen bestens verschlossene Höhle. Die Canyonisten, und das waren die allermeisten, schauten die Schlucht des Rio Freddo an. Ein starkes Erlebnis, für den, der so etwas mag. Da sind Abseilstrecken bis zu 18 m drin, zahlreiche Klettersteilen, ein Quergang und tiefer Gumpen. Bei meiner Größe reichte gerade das Wasser noch bis unter das Kinn. Kleinere Leute müssen schwimmen. Glücklicherweise ist nichts passiert, obwohl es schon knapp dran war.
Ein paar Bilder
Rio Freddo-Tour | ||
f | ||
Der "Schmerz" läßt wieder nach |
Spaziergang zum Höhleneingang und auf den Gipfel
Der schon einige Zeit jetzt vollkommen vergitterte Eingang in die Höhle |
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Die Plattform vor dem Eingang | ||
Einsamer Aufstieg | ||
Die Gipfel | ||
Literatur:
Puletti, E. u.a. | GLI ANTRI DEL MONTE CUCCO: PERCORSI SPELEOLOGICI TRA UOMO E NATURA, MONTELLO, p 173 ff. |
Antonini, Giuseppe | MONTE CUCCO, FONDO "GALANTE", SPELEOLOGIA 11, 1984, S. 21ff. |
Novelli, Andrea | LA BUCA DI FAGGETO TONDO, SPELEOLOGIA 17, 1987, S. 37ff. |
Gobetti, Andrea | L' ITALIA IN GROTTA, Gremese Editore, Roma 1991 |
Guzzetti, Fausto | RELATIONSHIPS BETWEEN THE INTERNAL AND EXTERNAL EVOLUTION OF THE MONTE CUCCO KARST COMPLEX. UMBRIA, CENTRAL ITALY., Int. J. Speleol. 16 (1987), pp. 111-124 |
Courbon, Paul, Chabert, Claude | ATLAS DES GRANDES CAVITÉS MONDIALES, UIS FFS 1986 |
Iuretig, L. | La grotta die M. Cucco, Atti Congr. Naz., Genova 1972, I : 95 - 101 |
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