Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen auf der Insel Cres, Kroatien


"Cres" spricht man "Zress" aus. So fängt es schon mal an. Das Sichgewöhnen an das "Fremde", das auch auf dieser Insel im Kvarner Golf ist. Aber wegen des "Fremden" fahren wir doch in die Fremde, oder? Oder fliehen wir im Grunde nur noch vor den immer unmöglicher werdenden Zuständen im "eigenen Land"?

Auf Cres kann man heute noch Zustände finden, die wohl früher überall auch bei uns mal gegeben hat, ehe die große "Fortschrittswalze" alles niedergemacht hat. 

Angeblich sollten da mal "Goldene Zeiten" auf uns zukommen. Der Kapitalismus (die grenzenlose Raffgier?) kämpfte und kämpft sich vorwärts, wurde zeitweise begrenzt durch den Sozialismus, "wissenschaftlich" niedergemacht durch den Kommunismus, heute haben wir, so kommt es mir vor, eher den "Speeditionalismus" - alles möglichst schnell. Hin, her und dazwischen ist mir langweilig. 

Cres gibt es noch gar nicht so lange. Vor 15000 Jahren hat es noch gar nicht als "Cres" existiert. Genauso wie all die anderen Inseln rundum. Da waren sie noch Teil der Landmasse, eh das Mittelmeer sich um rund 100 Meter hob und all das, was da lag, überflutete. Das hatte Folgen. Endemische Pflanzen- und Tierarten entstanden, d.h. solche, die nur an diesem Ort vorkommen und sonst nirgends. Und viele zoologische und botanische Exemplare blieben in ihrer Vielfalt erhalten, weil so mancher Teil der Insel ziemlich schroff und abweisend ist.

Gibt es Höhlen auf Cres? 

Angesichts des großen Kalkklotzes, der sich da aus der Adria erhebt, ist das zu erwarten. Nur wo sind sie? Eine gute Frage. Nach einer intensiven Internetrecherche und einem Studium aller zugänglichen Literatur ergaben sich nur wenige Anhaltspunkte. Für Höhlentaucher scheint es reizvolle Unterwasserobjekte zu geben, wohl alte Trockenhöhlen, die durch das Ansteigen des Meeresspiegels unter Wasser gesetzt worden sind. Bei Beli gabs einen vagen Hinweis auf eine Höhle in einem Geierreservat und dann gab es Hinweise auf 3 Höhlen am Berg Osor. Mehr nicht.

Vom 9. bis zum 14. Juni 2003 war ich mal, zusammen mit Willi Adelung und Familie, dort und habe mich umgeschaut. Als erstes bestiegen wir den Osor oder auch Osorgdica mit seinen 588 Höhenmetern und seiner prachtvollen Aussicht auf Losinj, Cres, Krk und viele Nachbarinseln. Recht reizvoll ist eine Überschreitung, wobei man den Gipfelrücken bei einer Nikolauskapelle erreicht, nachdem man den viel begangenen Weg, erst gesäumt von hohen Steinmauern und dann oft schön schattig in Kiefern- und Eichenwäldern hinter sich gebracht hat. Dort gibt es auch einen richtigen Wegweiser, der auf die angeblich 1/2 Stunde entfernte jama sv. gaudentius hinweist. Wir haben gesucht, was das Zeug hielt, von einer Höhle haben wir dann doch nichts gefunden. Es scheint sie aber tatsächlich zu geben. Im Archäologischen Museum von Osor gibt es jedenfalls eine Wandtafel, die die Geschichte des früheren Bischofs dieser alten Stadt beschreibt und auf der 2 Fotos der Höhle zu sehen sind. Sie soll der zeitweilige Aufenthaltsort dieses Mannes gewesen sein, der sich aus Wut über die Sündigkeit und Verdorbenheit der Stadtwohner zurückgezogen habe und dort oben als Einsiedler gelebt habe. Dabei habe er auch alle Giftschlangen auf der Insel verflucht und zwar so, daß es heute keine einzige auf diesen Inseln gibt! Als Länge wird 3 m angegeben. Einen Stein aus der Höhle mitzunehmen, das gilt als glücksbringend, den schon die alten Seefahrer früher mit auf die Reise nahmen. 
Eine weitere Höhle am Osorgdica, die Vela Jama, angeblich am Fuß des Televrinagipfels, lieferte den Archäologen Spuren von menschlicher Besiedelung, die 10000 Jahre zurückreichen. 

Eine weitere Höhle entdeckten wir auf einer Ansichtskarte von Martinscica. Im Ort selber nach dieser Meereshöhle zu suchen, die auch unter dem Namen Modra spilia geführt wird, ist sinnlos. Sie liegt an der Westküste der Insel unterhalb von Lubenice. 

2 richtige Höhlen bekamen wir in den Tramuntana bei Beli zu Gesicht. Beli ist schon sehr alt. Caput Insulae, der "Kopf der Insel" hieß das kleine Dorf schon bei den Römern. Es ist nur auf einem schmalen Bergsträßlein erreichbar, das die meiste Zeit einspurig entlang der steilen Bergflanken dahinschlängelt. Es gibt mehrere markierte Wanderwege, die es überhaupt erst möglich machen, diese meist ziemlich unzugängliche Region sich zu erschließen. Der Hauptweg ist mit rot-weißen Strichen meist gut markiert und führt an zahlreichen Kunst- und Naturstationen vorbei, die mit Holztafeln hervorgehoben sind und einem jeweils auch zeigen, wo man sich gerade auf dem langen Marsch befindet. 

Am Rande des Orts, wo man sein Fahrzeug zurücklassen muß, gleich bei der einzigen Taverne, geht es auf dem alten Verbindungsweg des Dorfs mit der Außenwelt hinunter in eine Karstschlucht, die auf einer römischen Brücke überquert wird. Ob sich da unten auch Höhlen befinden? Ein Lochstein markiert die erste Kunststation. Von da geht es immer leicht ansteigend auf dem mit einem uraltem Steinpflaster hergerichteten Weg. Auf einmal ist rechts ein Trichter an der Felswand, der Eingang in die "jama". Schräg abwärts geht es, man muß sich ein bißchen bücken und steht dann bald im Endraum. Kleine Tropfsteinchen hängen von der Decke. Seitlich öffnet sich ein Felsloch, durch das man steigen könnte, wenn man Lust hätte, sich dreckig zu machen. Lampe mitnehmen! Irgendwann erreicht man die heutige Fahrstraße, kreuzt sie und steigt steil auf alten Wegen den Berg hinan. Auf einmal öffnet sich vor einem rechts eine große flache Wiese und man kann es erkennen schon von weitem: ein sorgfältig mit vielen vielen Steinen gebautes großes Labyrinth. 11 Ringe hat es von innen nach außen. In die Mitte wurde ein Bäumlein gepflanzt. Es geht weiter bergan bis eine quer verlaufende Forststraße erreicht ist, der man weiter folgt. Links und rechts des Wegs öffnen sich ansehnliche Dolinen, von denen eine wohl auch als Ponor zeitweise funktioniert. Ein Hineinkommen war nicht möglich. Aller Müll der Umgebung lag genau in der Schluckstelle. Dann verläßt man den Fahrweg wieder, um allmählich zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Da trifft man auf ein weiteres Höhlenschild "jama Campari". Wieder geht es schräg abwärts in einen diesmal ganz ansehnlichen Höhlenraum. Kleine Decken- und Wandtropfsteine sind da, viele dicke Wurzelbüsche sind an den Wänden. Der Gang wird niedriger und zwingt in die Knie. Geduckt geht es weiter bis zu einem weiten Schlupfloch. Dahinter wird es gleich viel geräumiger, aber halt auch abschüssig. Vielleicht muß man hier besser ein Seil benutzen, um weiterzukommen. Im Internet habe ich die Information gefunden, daß man dort 4 Bärenskelette gefunden habe, die 12000 Jahre alt seien. Sie seien die einzigen, die man in diesem Teil Europas gefunden habe.
Wir zwei verloren an einer Kreuzungsstelle mit einem weiteren Wanderweg die Orientierung und gerieten immer mehr in die Wildnis. Ein richtiger Weg war gar nicht auszumachen, sondern wir mußten uns von Markierung zu Markierung einfach vorwärts suchen. Verlor man mal die Orientierung, dann war es am besten, wieder zurückzugehen zum letzten bekannten Punkt und sich von dort aus neu zu orientieren - eine sehr anstrengende Art und Weise der Fortbewegung - und das bei 35 Grad um die Mittagszeit, bergauf, bergab, weglos im wilden Felsgelände. Auf einmal links von uns ein neues Loch im Erdboden. Allseits fielen die Felswände senkrecht ab bis zum bereits sichtbaren Grund, von dem seitlich noch ein paar Löcher wegzogen. Mangels Seil unterblieb eine Untersuchung. Nach gut 4 Stunden war wir wieder zurück, wirklich erschöpft, müde und ungeheuer durstig, am Ende nur noch ein Ziel kennend: die schattige Taverne mit ihren kühlen Getränken.

Vermutlich gibts schon noch mehr Höhlen auf Cres. Eine "Jami na sredi" soll im südlichen Teil der Insel liegen. Bei der Fahrt über die Insel fallen auch die Trichter in den Hochflächen auf, die oft unten mit einem sumpfigen See enden, der ansonsten abflußlos ist. 

Auch Baumhöhlen gibt es viele auf dieser Insel. So ist beim Dorf Sveti Petar eine riesige Eiche, "in der eine Schafherde Schutz suchen könnte". Erzählt wird, daß in der Höhlung eine "geifernde und zahnlose Alte hocke". Wer sie zum ersten Male besuche, der müsse erstmal das alte Weib küssen. Ein Kommentar dazu aus dem Internet: "Sie werden aber doch wohl keine hässliche, zahnlose Alte... Warten sie lieber ab, bis eine Junge unter die Eiche tritt."....

Abendstimmung auf Cres
 
Im Gipfelbereich des Osorscica
 
Jama Sv. Gaudent
Blick vom und auf den Orsoscica
Strandwanderung bei Martinscica
 
 
In Osor
 
 
Bei Beli
jama
 
   
 
 
   
 
  Das Labyrinth
  Vermüllter Ponor
Doline mit Schluckstelle
jama campari
 
 
   
  Werk eines Scherzbolds

Von Peter Schlotmann habe ich eine Mail im Mai 2005 bekommen, daß es ihm gelungen sei die jama Sv. Gaudetius zu finden. Er musste vom Gipfel die Ostflanke des Berges ca. 50 Höhenmeter leicht Richtung Norden hinabklettern. Beschildert
war sie anfangs gar nicht und später sehr schlecht. Der Abstieg war aufgrund von einer dicken Schneeschicht nur auf allen Vieren und sehr langsam möglich. Die Höhle an sich war - zu seiner Enttäuschung - dann doch eher ein kleines Loch im Berg. Ca. 4 qm Bodenfläche und am höchsten Punkt 1,50 Meter hoch.

2 Bilder von Peter Schlotmann

Weitere Fotos der Tour findest man unter www.peter-schlotmann.de

Literatur:

   

Links:

CRES - CROATIA CRES & LOSINJ TOURIST GUIDE

Lubenice, Island of Cres, Croatia

CRES - CROATIA

Island Cres, Croatia


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