Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Speläologisches in der Caldera von Graciosa, Azoren


Die Caldera von Graciosa hat an der Basis eine durchschnittliche Weite von 4,4 km und ist maximal 300 m hoch. Der Innenraum der Vulkanschüssel ist zwischen 1,6 km und 800 m breit. Das geschätzte Alter liegt bei 12.200 Jahren (die Angaben entstammen der Webseite von O Montanheiros über die Höhle). 

Die meisten Besucher kommen sicherlich auf der Straße von Canada Longa, durchqueren in einem Tunnel die Seitenwand des ehemaligen Vulkans und können auf einer breiten geteerten Straße zwischen Viehweiden und Nadelholzforst hindurch bis zum Platzplatz bei der Höhle fahren. Es gibt aber auch reizvolle Wanderwege, einer von ca. 10 km Länge führt entlang des Kraterrands mit herrlichen Ausblicken auf die Insel und das Meer und dann erst in das schüsselförmige Innere. Ein kürzere Weg führt vor dem Tunnel seitlich auf einem Sträßchen am Eingang in die sehenswerte Furna do Abel vorbei, steigt dann an bis der obere Rand des Kraters erreicht ist. Genau dort liegen die Eingänge in die leicht zu begehende Furna da Maria Encatada. Es weiter auf dem Krater entlang kommt man zu einem hölzernen Aussichtsturm, von dem aus man einen besonders guten Blick in die Umgebung hat. Kurz danach geht es nach links auf einem nur wenig benutzten Waldweg allmählich absteigend zum Boden des Kraters und erreicht so die Fahrstraße, der man folgt, um zum Eingang in die Schauhöhle zu kommen. 

Im Südostteil der Caldera öffnet sich im Boden zwei tiefe Schächte, die in eine der größten Vulkanhöhlenhallen der Erde führen, die eine größte Breite von 194 m und eine Höhe von ca. 40 m hat. Am Grunde befindet sich ein großer See, der "Styx", mit einer Tiefe von ca. 15 m. Früher holten die Bauern das Wasser aus der Höhle und verwendeten es für die Weidetiere, eine Praxis, die inzwischen nicht mehr erlaubt ist. Man fuhr auch mit dem Boot auf dem See, aber auch das wurde eingestellt. Heute liegt das Schifflein leck am Ufer.

Die Höhle wurde Ende des 19. Jahrhunderts erstmals erkundet. Es heißt, daß 1898 (1879?) Prinz Albert von Monaco, Ozenanograph und Geologe, eigens angereist sei, um mittels Leitern (? Auf einem Bild, das den Abstieg zeigen soll, ist keine Leiter zu sehen. Es sieht eher so aus, als sei der Prinz am Seil in die Tiefe gelassen und wohl auch wieder hochgezogen worden) in den bald 40 m tiefen Schacht abzusteigen. Fouque und Hartung waren weitere Wissenschaftler, die ihre Forschungen dort betrieben. Von Hartung erschien bereits 1860 in seiner Arbeit über die Vulkane der Azoren ein ausgezeichnete künstlerische Darstellung der Höhlenhalle und eine ausführliche geologische Analayse der geologischen Verhältnisse. Man gelangte damals, so eine Notiz im Text, mittels Seilen zum Grund des Schachtes. 1939 war der 37 m hohe Steinturm vollendet, den man errichtet hatte, um einen leichteren Zugang zu dem großen Höhlenraum zu schaffen, wozu man das Baumaterial aus der Umgebung verwendete. 

Der Bereich, der für Touristen zugänglich gemacht worden ist, ist bis auf einen schmalen Steg sehr beschränkt. Ein Großteil ist abgesperrt, weil es Probleme mit der Atemluft gibt. Es gibt im Höhlenboden einige Fumarolen, aus denen schwefelhaltige Dämpfe austreten und am Boden sammelt sich C02. Um die Gefahr zu minimieren, hat man eine Meßstation aufgebaut, die der ständigen Erfassung der momentanen Werte dient. Ergibt sich eine Situation,  die gefährlich werden könnte, sperrt man die Höhle auch komplett. In Meßreihen hat man festgestellt, daß es einen deutlichen Zusammenhang mit den CO2-Werten und dem Wetter außerhalb gibt.

Besonders lohnend ist der Besuch um die Mittagszeit, wenn das Wetter mitmacht. Dann scheint oft die Sonne durch den Schacht herein und die Lichtstrahlen ergeben grandiose Effekte.

Die Höhle wird durch ein modernes Gebäude betreten, das ein Stück edle moderne Architektur darstellt. Im Innern gibt es auch ein kleines Höhlenmuseum.

Der deutsche Geologe Hartung stellte schon 1860 Betrachtungen über Gestalt und Entstehung dieser außergewöhnlichen Höhle an. Ein kleiner Auszug: ""Steigt man an Seilen in der schachtartigen Oeffnung herab, so gelangt man in eine geräumige auf Tafel XIII dargestellte Höhle, deren Dach sich in kühnem Bogen 50 bis 100 Fuß über dem Boden wölbt...Nirgends trifft man auf Schlackenbildungen oder Blasenräume in der schönen äußerst compacten krystallinischen Lave, welche die Riesengrotte in einer mächtigen Felsmasse einschließt, die in einem Gusse entstanden zu sein scheint...Die Höhle, die an und für sich schon eine merkwürdige Erscheinung darbietet, gewinnt noch dadurch an Bedeutung, dass sie im Grunde des grossen Kraterthales auftritt. Es ist undenkbar, dass das letztere ausgeblasen werden konnte, ohne dass gleichzeitig auch die Grotte zerstört wurde. Sie muss daher entstanden sein, als der Bergdom bereits ausgehöhlt war und die Caldera umschloss, die damals in der südöstlichen Hälfte..tiefer als gegenwärtig herabreichte.." 

Furna do Exonfre

Aus Hartung 1860

Furna da Maria Encantada

Furna do Abel

 


Literatur:

Bussmann, Michael Azoren, Michael-Müller-Verlag, Erlangen 2016
Hartung, Georg Die Azoren in ihrer äusseren Erscheinung und nach ihrer Geognostischen Natur, Leipzig 1860
Hartung, Georg Die Azoren in ihrer äusseren Erscheinung und nach ihrer geognostischen Natur. Atlas enthaltend neunzehn Tafeln und eine Karte der Azoren, Verlag von Wihelm Engelmann, Leipzig, 1860
Martin, Roman Azoren - Die schönsten Küsten- und Bergwanderungen, Rother Wanderführer, München 2010
Middleton, Gregory J. Overview of volcanic caves that have been opened for tourists around the globe, Proceedings of the 20the International Symposium on Vulcanospeleology, 2023
Pereira, Fernando et al. CATALOGO DAS CAVIDADES VULCANICAS DOS ACORES, Edicao Associacao Os Montanheiros 2015
Stieglitz, Andreas Wandern auf den Azoren, DUMONT, Ostfildern 2011

Links:

https://www.visitportugal.com/de/NR/exeres/CA19BE18-291C-4C1D-AAC6-3B99537A756D

https://www.visitazores.com/de/erkunden/furna-do-enxofre-visitors-centre

https://parquesnaturais.azores.gov.pt/en/parques/7/centro/18

https://www.lagraciosa.de/portugal/azoren/graciosa/furna-do-enxofre.htm

https://www.iberian-escapes.com/things-to-do-in-graciosa.html

https://enjoy-azores.com/furna-do-enxofre/

http://siaram.azores.gov.pt/centros-interpretacao/cv-furna-enxofre/_texto.html

http://www.montanheiros.com/speleoazores-home/speleoazores-furna-enxofre/

Azoren.htm


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