Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Gruta do Carvao 

San Miguel, Azoren


Die gruta do Carvao - übersetzt heißt das "Kohlenhöhle" - ist den Menschen dort immer schon bekannt gewesen, öffnen sich die verschiedenen Schachteingänge in das System einfach im leicht zugänglichen Grasgelände westlich von Ponta Delgada, der Hauptstadt der Azoreninsel Sao Miguel. Die früheste schriftliche Erwähnung fand die Höhle im XVI. Jahrhundert in dem Werk "Saudades da Terra" von Gaspar Frutuoso. 

Entstanden ist die Höhle bei einem Ausbruch des Sete Cidades Vulkans und/oder des Fogo Vulkans vor vielen Jahren. Die Forschungen bislang können den Zeitraum mit 5.000 bis 12.000 Jahren eingrenzen, was mit Hilfe der C14 Methode und der Analyse des pyroclastischen Materials geschah. Die höchsten Teile liegen wohl in der Umgebung von Serra Gorda in Arrife, die tiefsten am Meeresstrand, was bedeutet, daß man 5 und mehr Kilometern Gesamtganglänge zu rechnen hätte. 

Unterschiedlichste Umstände haben dazu geführt, daß man heute hauptsächlich 3 Abschnitte davon kennt: den Nördlichen ("Paimsektion"), mit 880 m Länge, der heute teilweise als Schauhöhle erschlossen ist, den Zwischenteil ("Secadores de Tabaco", "Rua de Lisboa" sektion) mit 701 m Länge, der gerade zur Schauhöhle ausgebaut wird, und der Südteil ("Joao do Rego" Sektion) mit 300 m Erstreckung. In den alten Beschreibungen sind Höhlen beschrieben, die mit den heute noch zugänglichen Abschnitten nichts zu tun haben, so daß begründet vermutet werden darf, daß es noch weitere noch unbekannte Teile der Höhle gibt. Nicht zuletzt bei Baumaßnahmen, wie sie etwa beim Bau der Umgehungsautobahn um Ponta Delgada notwendig waren, stieß man auf Höhlenteile, die massive Eingriffe notwendig machten, wie die Verlegung großer Kanalrohre, durch die nun die Schauhöhlenbesucher tief unterhalb der Straße von einem Höhlenteil zum anderen gehen können. Ein Höhleneingang war vollkommen mit dem Müll der Umgebung verfüllt und wurde in mühevoller Arbeit wieder entleert und restauriert. So etwas sollte in Zukunft nicht mehr möglich sein, nachdem man die Höhle 2005 als "Regional Natural Monument" ausgewiesen hat.

2023 war ein Schauhöhlenbesuch in zwei Formen möglich: als kleine Führung, wobei maximal 15 Besucher für eine halbe Stunde auf einer Strecke von 200 m kleine Teile des Systems sehen können. Eine Voranmeldung ist anzuraten, da es eine große Nachfrage zu geben scheint. Sie bekommen einen Plastikhelm und eine Taschenlampe als Beleuchtungsmittel. Außerdem gibt es eine elektische Beleuchtung, was zum Heranwachsen einer starken Lampenflora geführt hat. Der Besucher steigt im momentanen Höhlenhaus in der Paimstraße in einer Stiegenhaus nach unten, wird in einem Kellerraum mit den Befahrungsutensilien ausgerüstet und geht dann in einer großen Röhre weiter. Dann geht es noch einmal ein paar Treppen hinunter und wieder kommt eine Röhre. Die mündet man in den tunnelähnlichen Gang, den man weiter nicht verändert hat. So geht man auf dem meist von aa-Lava gebildeten Boden, d.h. es ist alles ziemlich uneben, bröckliges Material liegt herum und viele Steine im Weg. Man bekommt mit, daß es ursprünglich 2 gewundene Röhren waren, die sich unabhängig von einander geformt hatten, bis sie schließlich miteinander langsam zu einer komplexen Form zusammenwuchsen.

Eine zweite Art der Führung ist die einmal im Monat stattfindende große Führung, zu der man sich unbedingt vorher anmelden muß. Die Besucheranzahl ist auf 5 begrenzt und man die Ausrüstung wird um Knieschützer und Handschuhe erweitert. Dabei bekommt man ca. 800 m der Höhle zu sehen.

Besonders spannend sind die gelblichen Flecken an vielen Höhlenwänden. Das ist kein "Dreck", den man am besten wegwischen sollte, um endlich wieder eine "saubere" Höhle zu bekommen, sondern das ist eine Art "Bakterienschleim", der inzwischen ein hot spot der wissenschaftlichen Forschung geworden ist. Mikrobiome heißt sie in der Fachsprache und wer ein wenig mehr darüber erfahren will, kann hier nachlesen: https://legacy.caves.org/pub/journal/JCKS/PDF/V68/v68n2-Barton.pdf.

 

Rodrigues, unser Höhlenführer

 


Literatur:

Borges, P.A.V., Silva, A., Pereira, F. 

Caves and Pits from the Azores with some Comments on their Geological Origin, Distribution, and Fauna, Proceedings 6th International Symposium on Vulcanospeleology, p 121ff.

Constancia, Joao P. et al Ranking Azorean Caves Based on Management Indeces, in: AMCS Bulletin 19 / SMES Boletin 7 - 2004, 70-71
Middleton, Gregory J. Overview of volcanic caves that have been opened for tourists around the globe, Proceedings of the 20the International Symposium on Vulcanospeleology, 2023
Pereira, Fernando et al. CATALOGO DAS CAVIDADES VULCANICAS DOS ACORES, Edicao Associacao Os Montanheiros 2015

Links:

http://grutadocarvao.amigosdosacores.pt/en/gruta-do-carvao

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