Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Cardona, Katalonien, Spanien


Vor 40 Millionen Jahren befand sich einmal an der Stelle, wo heute die 5000-Seelen-Gemeinde Cardona in der Provinz Barcelona befindet, eine großes Binnenmeer. In einer Senke der "Zentralkatalanischen Depression" sammelte sich das salzhaltige Wasser, das allmählich verdunstete und so einen wachsenden Salzstock am Ende des Eozäns zurückließ. Weitere Gesteinsschichten wurden darüber abgelagert, dann bildeten sich die Pyrenäen und alles wurde wieder umgeschichtet. Am Ende schaute da so ein Berg aus Salz ein wenig aus der Erdkruste, von dessen Existenz schon lange weiß. Die Größenordnung an der Oberfläche liegt bei 1800 m Länge und 600 Breite.

Schon im Neolithikum (2.500 vor Chr.) wußte man um die Salzvorkommen, vom römischen Konsul Marcus Porci Cato gibt es erste Aufzeichnungen darüber aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., im Jahre 986 n. Chr. taucht der Name der Stadt erstmals in einner Charta des Comte Borrell II auf und erwähnt auch die Salzvorkommen. Das Salz war immer schon eine Quelle von Wohlstand, insbesondere weil es früher noch viel mehr als Konservierungsstoff für Lebensmittel einsetzen mußte. Das verdiente Geld und die günstige strategische Lage sicherte den Herrscher von Cardona für viele Jahrhunderte großen Einfluß auf die Entwicklung von Katalonien.

Man baute das Salz sowohl oberirdisch als auch später in tiefen Bergwerken ab, die 1.000 Meter und mehr hinabreichen. 1925 begann man Sodium Chloride und Potassium abzubauen, wozu man 2 neue Schächte hinabtrieb und eine Fabrik zur Verarbeitung der Rohstoffe schuf.
Der Abbau des Salzes geht weiter, aber man bereitet sich schon kräftig auf die Ausnützung der modernsten Verdienstquelle vor: den Touristen. In der Errichtung des "Parc Cultural de la Muntanya de Sal" wurde der entscheidende Schritt getan. Die stillgelegten Bergwerksanlagen werden renoviert, man zeigt, was man da noch hat, z.B. die alte Maschinenhalle in der noch die Seilrolle mit mehr als 1000 Meter Stahlseil steht, mit der man mal den Verkehr in die Tiefe bewerkstelligte - mit Maschinen von "Alsthom". Die Firma gibt es heute noch und sie mischt noch kräftig im Wirtschaftsgeschehen mit!

Natürlich sind auch da EU-Gelder hingeflossen, also auch die uns abgezwickten Steuergroschen. Dafür steht dann da ein Areal mit Informationstafeln, die uns über die Entstehung, die Geschichte und viele sonst noch vielleicht wissenwerte Einzelheiten aufklären. Eine Menge Arbeitsplätze sind da entstanden und wer sie ergattert hat, der freut sich sicher drüber.

Wer Lust verspürt die "Diapir of Cardona" selber zu erkunden, der wird frustriert. Rundum stehen Verbotsschilder, daß ja keiner das Gelände selber betritt. Die Warum-Frage zu stellen liegt nahe, nützt aber wenige. Wer kann sie einem schon beantworten? Das "Geld" ist es wohl, das einige verdienen und damit sie es "verdienen", müssen sie andere ausschließen. So ist dann nun mal in diesem "Freiheitlichen Wirtschaftssystem".

Von der Seite kann sich an einigen Stellen ein wenig annähern, dann blockieren die unübersehbaren Verkehrsschilder einfach den Weg. Die Wege lohnen sich trotzdem. Die Grenzzone des Übergangs vom Sandstein zum Salz ist minimal. Auf einmal sieht man richtige Karstlandschaften. Allerdings sind da die Karrenformen nicht im Kalkgestein. Im Salz mit seinem faszinierenden Farbspektrum von Weiß bis Tiefrot bilden sich vollkommen analoge Formen zum Karstgestein! Und der Formenschatz ist noch größer: Da tun sich Löcher auf, meist nicht befahrbar, allenfalls den Arm könnte man hineinstrecken.

Aber es gibt mehr. Viel mehr. Man müßte wohl Mitglied im ESPELEO CLUB DE GRACIA sein, dann bekäme man viel mehr davon mit. Bekannt waren diese Höhlen im Salz ja schon seit Jahrhunderten, aber solches "Wissen" ist nicht immer überall und immer auch verbreitet. Die Verfasser des Buchs "SOTA LA SAL DE CARDONA" konnten es sich nicht verbeißen, aus dem klassichen Standardwerk von Bögli "Karst hydrology und physical speleology" aus dem Jahre 1980 zu zitieren. Darin erklärt er, daß innerhalb von Salzdomen keine Salzhöhlen bekannt seien. Darin würden sich entwerde keine Hohlräume bilden oder sie würden gleich wieder geschlossen, weil halt die geologischen Strukturen so seinen, daß sie sich gleich wieder schließen würden.

So etwas ist nicht nur theoretisches Geplänkel, sondern härteste Wirklichkeit. Stichwort: Wohin mit dem Müll? Atommüll an erster Stelle.

Dabei hatte schon 1892 Winklehner eine Salzhöhle vom Persischen Golf beschrieben, die 1.500 m Länge hatte. Und Eduard Martel war natürlich auch schon da gewesen in Darcona und eine Menge anderer Höhlenforscher auch.

Inzwischen kennt man an vielen Stellen der Erde richtige Salzhöhlen, in Israel, wo die längste Salzhöhle der Erde liegt, die Malham Cave mit 5,6 km Länge, in Rumänien, dem Iran, Tadschikistan... Die tiefste heute bekannte Salzhöhle liegt in Cardonagebiet, die Cova dels Meandres de Sal, mit - 187 m und 4,3 km Länge. Im Grunde ist es ja ein Wunder, daß bei der Lösungsfähigkeit von Salz da noch etwas stehen bleibt, ehe es wieder verschwindet. In einem Liter Wasser lösen sich durchschnittlich 350 Gramm Salz.

Von dieser hohen Lösungsfähigkeit bekommt man bei dem Besuch des Gebietes besonders durch die langen schwarzen Plastikplanen mit, in denen das Wasser durch die Grundflächen geleitet wird. Am Ende würde es sich ja einfach in die Tiefe bohren und tiefen Bergwerke erreichen - ein Ereignis, das schon passiert ist, 1997.

Wenn man durch die vielen Verbotsschilder frustriert worden ist, dann freut man sich drauf, endlich nach Zahlung einiger Euros endlich jenseits der Absperrzäune zu kommen. Im Minizug wird man abgeholt und in die Tiefe gefahren. Man kommt hinein in eine faszinierend fremde Landschaft. Noch nicht vom Regen aufgelöstes Salz stellt die Erdoberfläche dar. Wo ein Stein liegt, da ragt der schnell heraus, weil ringsum das leicht lösliche Gestein schon hingeschwunden ist. Fast 100 Meter tiefer darf man aussteigen und zum einem halbrunden Tunneleingang "dackeln". Überall Absperrungen, ja nicht in die Salzlandschaft laufen. Man bekommt einen Bauhelm verpaßt, warum nur? Und darf dann ins Innere eines alten Stollensystems hinein. Das Photographieren ist erst einmal verboten, erst ab einer bestimmten Stelle gegen Ende der Führung, wo es wirklich "knallt", da dürfen die unzähligen Digitalkameras zünden. Immerhin da. Und es lohnt sich, wirklich. Die Wunderwelt des Salzes.

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Schaubergwerk

 

 

 


You-Tube-Filme:

http://www.youtube.com/watch?v=__t5RnPQulc Parc Cultural de la Muntanya de sal de Cardona

http://www.youtube.com/watch?v=KurygZFfFB4&feature=related CARDONA EXTERIOR MUNTANYA DE SAL

Literatur:

Ferran Cardona i Oliván LA VALL SALINE DE CARDONA; EXPLORACIONS 14-1990, S. 7ff.
Cardona, Ferran, Viver, Josep Sota la sal de Cardona, Espeleo Club de Gràcia, Barcelona 2002

Links:

 

 


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