Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Karst des Riu Malo im Vall d'Aran, Katalonien, Spanien

 


Das Vall d'Aran ist ein besonderer Erdwinkel. Es liegt als einziges spanisches Gebiet auf der Nordseite der Pyrenäen, entwässert aber nicht in Richtung Süden. Hier liegt das Ursprungsgebiet der Garonne, die später in den Atlantik mündet. Die "widernationalstaatsfördernde"? Geographie war schuld, atlantisches Klima herrscht dort, und erst mit dem Viellatunnel war eine gute Straßenverbindung Richtung Süden vorhanden.

Nautaran heißt der höher gelegene Teil des Vall d'Arn und dort hat sich in den letzten Jahren das beste Skigebiet der spanischen Pyrenäen um Baqueira-Beret entwickelt. Gespenstisch-leere Retortensiedlungen sind dort zu sehen abseits der Saison. Die hardware des Skibetriebs bleibt allerdings das ganze Jahr über erhalten und wird noch "verbessert", wozu eben die Skilister, die Skipisten und die Straßen gehören.

Auf einer von ihnen kann man, sofern man davon weiß, zu einem ungewöhnlichen Karst- und Höhlengebiet gelangen. Es geht dazu auf der lawinensicher ausgebauten Straße hinauf auf die Pla de Beret, eine Wiesenhochfläche mit kleinen Seen. Man muß nach rechts abbiegen auf einer geteerten Straße und gelangt zu dem großzügig gestalteten Parkplatz des Skizentrums. Wenn man ein wenig noch weiterfährt auf einer ungeschotterten Straße, dann könnte man sein Gefährt direkt in eine Ponorhöhle fallenderweise hineinsteuern, was natürlich vollkommen Mist wäre.

Besser ist es natürlich, man stellt den Wagen in der Nähe der Talstation der Sesselbahn, die dort ist, "Urat d'et Bo" heißt sie, ab und geht zu Fuß. Da ergießt sich heute, 2010, ein Bach aus einem Kanalrohr in ein Tälchen, in 1850 m Seehöhe, begrenzt vom silurischen Marmorkalk und verschwindet gleich wieder tosend in einem Schlündchen. Geht man dem Fahrweg ein wenig weiter, dann sieht man das Gewässer schon wieder auftauchen. Jenseits des Hügels schießt es aus einem Blockgewirr wieder aus dem Berg und ergießt sich ein paar Meter nach unten. Ein Häuschen steht da, vielleicht eine Art Wasserschloß, wo geregelt wird, wieviel Wasser wild bergabströmen darf und wieviel zu Kunstschnee verarbeitet wird.

Schließlich sind wir hier inmitten einer Zone, in der offenbar der Naturschutz erst an zweiter Stelle kommt. Andauernd fuhren an uns im Mai 2010 dicke Laster vorbei, die ihre Erdladungen entlang der Abfahrtsstrecke ins Tal abluden und sie, offenbar nach Meinung der "Verantwortlichen", verbesserten. Von "Natur" sollte da nur als "Natur aus dritter Hand" vielleicht die Rede sein.

Dabei ist der Ort, wo man sich gerade befindet, ein durchaus faszinierder Teil der Erde. Inmitten des Urgesteins, das ringsum die Berge bildet, ist da ein allerletzter Rest einer ganz anderen geologischen Zeit, ungefähr 150 Millionen Jahre alt, der langsam verschwindet, andere haben das ganz poetisch als "Dahinschmelzen" auch bezeichnet. Was wir da heute noch als allerletzten Rest sehen können und den Namen "El Fortat del Bo" in Höhlenforscherkreisen trägt, ist nur noch Bruchteil dessen, was hier einmal gewesen sein muß. "Panta rei" hieß es bei den alten Griechen, die Dinge fließen nicht nur, sie vergehen, das ist auch hier zu sehen. Sie fließen zu Tal und zurück bleiben, zumindest für einige Zeit, Naturbrücken wie die "Arcs de Riu Malo" und Höhlenreste wie die "Forat del Bo".

Als wir im Mai 2010 dort waren, da war sowohl der Wasserschlucker, der den Namen "Boca del Mig" trägt, als auch der große Wasseraustritt, der "Forat del Bo" vom Schmelzwasser durchspült. Durch die ein wenig bachaufwärts gelegene "Boca M.C.Martinez" war nach einem kleinen Abstieg ins Blockchaos ein leichtes Eindringen in den hohen horizontalen Tunnel möglich. Wenn man keine nassen Füße kriegen wollte, dann brauchte man schon Gummistiefel oder Sandalen,wenn einem die Kälte des Wassers nicht zuviel ausmachte. Schnurgerade führt der hohe Gang bergwärts, blankgespült sind die die Wände, fließfacettenverziert. Ich kam nicht bis zu der Abzweigung, wo ein parellel dazu verlaufender Gang wieder zurückführt. Schließlich war ich allein in der Höhle.

Später hab ich dann in der Literatur von "arcs" wieder gelesen. So ist das, vorher hatte ich sie unterhalb von uns auf der Strecke Richtung Tal vermuten. Später war ich wieder einmal klüger. Es wäre wohl ganz einfach gewesen, sie zu finden, aber nirgends findet man im Gelände einen menschlich verursachten Hinweis darauf, und die Landschaft zu "lesen", dazu sind viele Lektionen notwendig.

Beira
   

 

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Literatur:

Cardona, Ferran EL KARST DEL BO I EL KARST DEL RIU MALO, Exploracions 8 / any 1984, S. 83ff.

Links:

http://www.lavalldaran.com/

http://www.wandermagazin.de/page.asp?pageID=2013

http://www.baqueira.es/

http://www.pyreneenadventureholidays.com/images/BBpistemap.jpg

http://www.skiinfo.ch/Skigebiet-Info/Baqueira-Beret-EESBAQUEIRA-103-de.jhtml

Landschaft und Höhlen in Katalonien


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