Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen in der Serra Tramuntana, Mallorca
Ein guter Ausgangspunkt zu Touren in die Serra Tramuntana, die große Bergkette auf Mallorca, ist Inca.
Von dort ist Lluc, das berühmte alte Kloster inmitten einer einmaligen Karstlandschaft auf einer kurvigen und aussichtsreichen Straße leicht zu erreichen. Eine Traumlandschaft.
Escorca heißt diese Region und sie hat die meisten Höhlen Mallorcas. Sie weist eine große Besonderheit auf. Fast alle Höhlen sind Schächte, oft große, die in einem Stück gleich 100 Meter in die Tiefe reichen, es gibt fast keine horizontale Entwicklung. Es hängt mit der Geologie zusammen. Sobald das Regenwasser auf den Jurakalk trifft, haut es in die Tiefe ab. Es fehlt die Bedeckung mit Schichten, die nicht sofort das Wasser durchlassen und damit die Flüssigkeit bündeln und auf einen bestimmten Punkt konzentrieren würde. Unten diffundiert das Wasser dann hinaus ins Meer. Es gibt kaum richtige Karstquellen. Für die Höhlenentwicklung in den Bergen ist oft entscheidend, in welcher Kalkzone man gerade ist. Die Juraschichten sind sehr gut geeignet dafür, die gleich daneben liegenden kreidezeitlichen Kalke viel weniger. So kann man durch wunderbare Kalkberglandschaften laufen und sich wundern, warum es gerade hier nirgends was Höhliges zum Sehen gibt. Und ein paar Meter weiter ist "Loch an Loch".
Am 6. November 2004 konnten wir, Alfred Schlagbauer und ich, mit Angel Gines, einem einheimischen Höhlenforscher, eine herrliche Tour in das Gebiet zwischen dem Cuber-Stausee und dem L'Ofre, einem 1090 m hohen Berggipfel. Die beiden Seen wurden für die Wasserversorgung von Palma geschaffen. Beim Kilometerstein 34 ist ein kleiner Parkplatz, der gut belegt war (wir fanden schon gar keinen Platz mehr - und das im November!). Unser Weg führte schon bald weg von den Hauptrouten, erst bis zur Staumauer und dann nach links auf einem schmalen Bergpfad hinunter in eine Schlucht. In ihr ist auch die Wasserleitung verlegt. Steil ging es nach unten, wir überquerten den Bach und auf der anderen Seite ging es wieder hoch. Ein wunderbarer alter Pfad, meisterhaft gefügt aus lauter Steinen führt wieder bergan. Sich soviel Arbeit zu machen! Und der Grund? Eine Höhle! Eine 16 n tiefe Höhle! Die Clot de Neu Gran de sa Rateta. Vor der Erfindung der Kältemaschine durch Linde waren Schnee und Eis eine Kostbarkeit. Und die wurden in dieser Schachthöhle und wohl auch den beiden anderen kleinen Höhlen gleich daneben aufbewahrt, bewirtschaftet und wohl auch gut verkauft. So hat man sich früher sein Geld verdient! Es gibt übrigens 11 bekannte Höhlen auf Mallorca, die diesem Zweck mal gedient haben, 5 davon weisen unübersehbare Hinweise darauf auf. Ein Stück Höhlenwirtschaftsgeschichte. Fast unter dem Gipfel liegt der markante Schacht, leicht zu finden, weil ein Baum direkt am Eingang wächst. Gleich daneben die steinernen Reste eines Hauses, wohl die Unterkunft der Arbeiter. Genau bis hierher führt der Weg, der natürlich allmählich verfällt, aber immer noch ansehnlich erhalten ist.
Angel hatte eine Leiter mitgebracht, die er fachmännisch anbrachte, hinunterstieg und bald darauf wieder ganz munter heraufkam. Ich probierte es auch mal, aber da ich dauernd mit meinen Schuhen in den obersten Leitersprossen hängen blieb, machte ich nur die ersten beiden Meter und kam wieder zurück. Alfred stieg auch runter und war am Ende wirklich froh, wieder da zu sein. 200-Meter-Schächte am Seil, Alfred zuckt da nur mit der Achsel, aber da. Da erreichte er eine persönliche Grenze. Immerhin hatte er auch meine Kamera mit dabei, so daß hier auch ein paar Bilder zu sehen sind, die vom Grund des Schachtes stammen. Anthropospeläologisch besonders bemerkenswert ist die große Mauer, die unten errichtet worden und die noch immer erhalten ist.
Es war ein Riesengenuß ausgerechnet mit Angel unterwegs zu sein. Er kennt sich einfach so gut aus mit all den geologischen und biologischen Details seiner Heimat! Hier erfuhren wir was über das bei uns "Pampasgras" (Ampelodesma mauritanica) heißende grüne Gebilde zusammen mit seiner lateinischen Bezeichnung, das die Landschaft überzieht, und erfuhren erstaunliche Einzelheiten. Diese Blume? Sie wächst nur auf den Balearischen Inseln, erfuhren wir. Die Karren sind Angels Lieblingsthema. Woran wir als ungebildete Laien wohl nur achtlos vorübergegangen wären, allenfalls deren Ästhetik bewundernd, wurden auf einmal zu Kalendern. Es wird heftig daran gearbeitet an der Frage, ob wir nicht auch da eine Art Kalender vor uns haben, der uns mal sagen kann, wann welche Veränderungen auf der dünnen Erdkruste stattgefunden haben. Eine spannende Geschichte, die nächstes Jahr Angel wohl auch zu uns aufs Gottesackerplateau, dem Klassiker in der Karstforschung, führen wird.
Auch Valldemossa ist ein guter Startpunkt für Bergtouren. Auf unserer Herbsttour 2004 stiegen wir, Alfred Schlagbauer und ich, von dort zum Teix, einem der bekanntesten und lohnensten Gipfel der Insel auf. Es gibt eine bekannte Rundtour, die man unbedingt machen sollte. So bekommt man einfach viel mehr von der Gegend mit. Und wenn da wenig Leute unterwegs sind, es können gar nicht wenig genug sein, so entfaltet sie erst so richtig ihren Charme - und der ist da.
Im Tal des Ceirat Altes Schneehaus |
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Blicke vom Gipfel | ||
Der herzogliche Reitweg |
Literatur:
Grundmann, Hans-R. | Mallorca, Hohenthann 1999 |
Ginés, Joaquin, Fiol, Mateu, Ginés, Angel | AVENCS RELACIONATS AMB EL COMERC DE LA NEU A L'ILLA DE MALLORCA; ENDINS, núm. 26, 2004, Mallorca, S. 15ff. |
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