Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Madagaskarreise 2014 mit HAUSER und Extrawoche in den Tsingies des Ankarana-Gebirges
"Ein großer Erfahrungsschatz (für die Erfahrung der Konfrontation mit dem Sinn) ist das Reisen, worunter ich nicht den handelsüblichen Tourismus verstehe, bei dem es sich eigentlich nicht um Reisen, sondern lediglich um Ortswechsel zur Verbesserung der klimatischen Umgebung oder zum Zwecke des Fotographierens von Postkartenmotiven handelt. Auf einer echten Reise erlebt man immer eine gewisse Fremdartigkeit. Vieles, was Menschen in einer für uns fremden Umgebung tun, erscheint uns als fremdartig, ja als unsinnig. Wir müssen versuchen, uns einen Reim auf ihr Verhalten zu machen, was bedeutet, dass wir uns auf die Suche nach dem Sinn eines Sinnfeldes begeben, in dem wir uns plötzlich vorfinden." (Markus Gabriel, Warum es die Welt nicht gibt)
Im letzten Sommer hatte ich das Glück an einer Trekkingtour durch den Hohen Atlas in Marokko, organisiert durch HAUSER-Reisen, teilnehmen zu können. Die Tour ist extrem. Über 2 Wochen zu Fuß durch das Gebirge gehen. Tag für Tag, viele Tage im Zelt oder vor ihm, weit weg von aller modernen Welt und all ihren Erscheinungsformen, mitten in der Natur bzw. was davon noch übrig ist. Da war auch ein junger SIEMENS-Ingenieur aus Erlangen mit dabei, der schon die HAUSER-Tour nach Madagaskar mitgemacht hatte. Sein Bericht war eine einzige Eloge.
Nach Madagaskar wollte ich sowieso schon lange. Warum also nicht auch wieder bei HAUSER eine Reise buchen? Preismäßig befindet man sich dabei eine ganze Etage darüber. 4.000 Euros kostet so ein Spaß schon, aber was ist schon Geld? Wenn man nicht für den Mindestlohn oder vielleicht sogar noch darunter "buckeln" muß?
Die Buchung verlief reibungslos wie gewohnt. Bei HAUSER sind Profis am Werk
und so verspricht auch diese Reise, soweit es voraussehbar ist, ein Erfolg zu
werden. Ein kleines, aber für mich sehr wichtiges Extra habe ich noch
dazugehängt: Ich bleib eine Woche länger und versuchte in eines der
weltberühmten Tsingy-Gebiete zu kommen und die dortigen Höhlen aufzusuchen und
in ihnen zu photographieren. Ich hatte versucht, das über HAUSER zu organisieren,
die haben sich richtig Mühe gegeben und alles entsprechend kalkuliert -
herausgekommen ist ein Preis, der praktisch genauso hoch war, für eine Woche
extra, wie der gesamte Reisepreis für fast 3 Wochen für Madagaskar ohne Flug.
So organisierte ich
die Woche extra alleine, so jedenfalls meine ursprüngliche Idee, und war sehr gespannt, was daraus würde. Meine ersten
Erfahrungen sind, daß da oft kräftig hingelangt wird, wenn der Reisende
mitspielt. Oder halt auch nicht. Ich habe über HOSTELWORLD für den
Rückreisetag in Antananarivo ein Bed&Breakfast LAKATALA) gebucht, das einen höchst
bezahlbaren Preis für die Nacht verlangt. Auch so geht es. Und über SKYSCANNER
habe ich den Flug selber gebucht. Der Preis war sehr wettbewerbsfähig und
die Gesamtreisezeit, insbesondere die Flugzeit, um viele Stunden kürzer. Dafür
habe ich dann bei HAUSER weniger für die Gesamtreise bezahlt.
Eine wenige meiner Freunde und Bekannten aus dem Höhlenkreis waren schon in Madagaskar. Bei keinem habe ich das sofortige Bedürfnis mitbekommen, da gleich wieder hinzufahren. Einmal scheint zu genügen. Mal sehen.
Am Donnerstag, den 2. Oktober 2014 sollte es losgehen, über Paris nach Antanarivo. Zurück sollte es am 29. Oktober gehen.
Ich war gespannt, was alles passieren würde.
Der Hammer passierte bereits am ersten Tag in Madagaskar am 3. Oktober 2014.
Die Reise war reibungslos verlaufen, ich übernachtete im Grégoire, einem Hotel
nahe des Stadtzentrums der Hauptstadt. Am Vormittag sollte ich um 11 Uhr
abgeholt werden, um ins "jardin des roses" gefahren zu werden, wo ich gegen
Abend auf den Rest der Reisegruppe stoßen sollte. Nach dem Frühstück hatte ich
noch einen gute Stunde Zeit, packte wieder Reisetasche und Rucksack und verließ
das saubere Hotelzimmer. Einen kleinen Spaziergang wollte ich noch um das Hotel
herum machen, um einmal zu sehen, wo ich war.
Schon gegen 10 Uhr herrschte eine Temperatur zwischen 25 und 30 Grad, ein
bayrisch wirkender-bewölkter Himmel mit vielen Schäfchenwolken darüber. Draußen auf der
abgenutzten Teerstraße herrschte dicker Verkehr. Es wimmelte von Menschen,
hauptsächlich schwarzer Hautfarbe. Klapprige Holzkarren wurden leicht beladen
von in sich gekehrten Männern in abgetragener Kleidung geschoben oder gezogen,
kleine Verkaufsstände, wo alles verkauft wurde, was irgendwie anbietbar ist,
überall, auf den schmalen Gehsteigen, in Hauseingängen, eine Kanalisation gab es
auch einmal, nur fehlten jetzt überall die Kanaldeckel und bildeten richtige
metertiefe Menschenfallen, in denen sich der Müll ablagerte. An der großen
Straßenkreuzung gleich neben dem Hotel regelten zwei sauber herausgeputzte
Polizisten den Verkehr mit Körpersignalen und Pfeifsignalen. Von allen
Richtungen drängten Fahrzeuge heran und wollten weiter. Ich bog nach links in
eine der Hauptstraßen, dann gleich wieder links in eine schmale Budengasse, wo
sich die Menschen drängten. Hauptsächlich Lebensmittel wurden da angeboten,
Mangos, Jackfruit, gelbe Rüben, Maniokwurzeln, lebende Hühner, Fische,
Krebse.... überall im Land wiederholt sich das. Ich kam in den Bereich der
Holzkohlehändler. Die haben eine der undankbarsten und schmutzigsten Tätigkeiten
zu erfüllen, um ihr karges Brot zu verdienen. Durchzogen wird das Areal von zwei
schmalen Bächen, die kein Wasser führen, sondern weißlich-grau zwischen den
zerfetzten Plastiktüten und anderem Müll strömen. Brücken gibt es da keine,
Trittsteine tun es auch, so wie so oft in diesem Lande, oder quer gelegte
Holzstücke, auf denen man hinüber balanciert.
Irgendwann hatte ich genug vom quirligen Leben gesehen, viele Leute grüßen:
"Salam, Vazazar", "Bon jour" oder "Ca va", Kinder lachen einem entgegen und
winken, tausende Male passierte das auf der Reise. Ich faßte Zuversicht und
wollte an der Hauptkreuzung noch ein weiteres Viertel kurz anschauen. Dazu
folgte ich einem weiteren schwer verschmutzten Bach, folgte dem ungeteerten Weg,
vorbei an weiteren Köhlerhäusern, kam auf einen größeren Platz, in dessen Mitte
ein großes Waschhaus steht. In ihm arbeiteten etwa 30 Frauen am Wassertrog und
reinigten die Wäsche. Sie schauten heraus zu mir, grüßten, lachten. Ich ging
weiter dem Bach zwischen den einstöckigen Häusern und Holzhütten mit kleinen
Gärten entlang. Dann kam ich auf eine weite Fläche, die zu Reisfeldern führte.
Ich drehte wieder um und wollte zum Waschhaus zurück. Ob sich die Waschfrauen
von mir photographieren lassen würden, dachte ich noch. Für einige Momente war
niemand anderer gerade unterwegs, als auf einmal ein junger kräftiger Mann im
gelben Hemd und kurzer Hose auf mich zukam. Er hatte ein langes scharfes Messer
in der Hand und zielte genau auf mich zu. Was wollte der von mir? Wollte der
mich einfach abstechen? Ein Fremdenfeind? Was sollte, was konnte ich tun?
Flüchten oder standhalten? Ich rief um Hilfe: "Help, help, help..." Es half
nichts. Es kam niemand. Es wäre wohl am besten gewesen, einfach davonzurennen.
Irgendwann wäre schon jemand anderer aufgetaucht. Vielleicht hätte der mir
helfen können. Ich stand da, und schon griff mich der junge Mann an, kam meinem
Hals auf Zentimeter nahe, jetzt wurde klar, was er wollte - meinen Photoapparat.
Die NIKON hatte ich unter meinem kurzärmligen grünen Berghemd getragen, das sich
deswegen nach außen wölbte. Er schnitt und schnitt und das Band gab nicht nach.
Reden konnten wir ja nicht miteinander. Es kam zum Handgemenge. Ich fiel nach
hinten, er auf mich drauf. Ich erhielt am Arm einen Schnitt, aus dem dann das
Blut floß. Später erst bemerkte ich, daß es da ja auch noch einen Schnitt im
Hemd gab und als ich meine Bauchdecke anschaute, war auch da ein mehrere
Zentimeter langer Schnitt. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn es da
tiefer hineingestoßen hätte. Ein Band hatte er durch, säbelte in der Nähe meines
Halses am anderen Träger, kam nicht durch, versuchte es an anderer Stelle. Alles
passierte in Sekunden, ein wildes Durcheinander, schließlich hatte er die Kamera
und jagte davon. Auf einmal standen 50 Menschen um mich herum, von Kindern bis
Greisen. Alle schienen gerührt, betroffen. Zwei junge Männer verfolgten den
Täter, verloren ihn aber in dem unübersichtlichen Gelände zwischen den Hütten.
Ich konnte nichts mehr tun, wollte nur noch weg, zurück in sicheres Territorium.
Am Waschhausplatz fiel mir auf, daß mein Blick nicht sehr klar war. Aha, auch
meine Brille fehlte. Ich ging zurück, begann zu suchen. Jemand fand sie bei
einem Gartenzaun. Wenigstens die hatte ich wieder. Auch der Objektivdeckel der
Kamera lag noch im Staub des Weges, um den Hals hatte ich noch den
abgeschnittenen Kameraträger. Ich ging zurück die 100 Meter bis zur
Straßenkreuzung. Dem dortigen Polizisten versuchte ich klarzumachen, was da
gerade passiert war. Er interessierte ist kaum dafür, verstand mich wohl auch
wenig, da er nur Madegassisch sprach. Ich fragte nach einem Polizeirevier, er
sagte "gendarmerie" und deutete in eine bestimmte Richtung. Ich ging zurück ins
Hotel und erzählte, was geschehen war. Von einer Anzeige bei der Polizei rieten
sie mir eher ab. Das würde ohnehin zu nichts führen und mit den Behörden wollte
offenbar ohnehin keiner irgendwas zu tun bekommen.
Die
Schnittwunde an der Hand und am Bauch
Um 11 Uhr war mein Fahrer da, brachte mich in das andere Hotel und ich wartete
dort den ganzen Tag bis es Abend wurde. Nur einmal verließ ich das Hotel, um
mich noch einmal ein wenig umzusehen. Wohl war es mir dabei nicht wirklich.
Dauernd schaute ich, daß auch noch andere Menschen irgendwo noch waren. Alleine
wollte ich nicht mehr auf einer Straße oder einem Weg sein. Das Bild von dem
jungen Mann, der mit dem Messer direkt auf mich zukam, tauchte wieder und wieder
in mir auf. Ich habe eine Art Trauma, ausgelöst von dieser
Verletzlichkeitserfahrung. Wie vielen anderen Menschen geht es nicht auch so,
wobei ich ja noch vergleichsweise weggekommen bin. Wie geht nicht all den
vergewaltigten Frauen, den gefolterten Menschen, den Soldaten, die im Krieg
seelisch vollkommen Unerträgliches mitbekommen haben (ich denke da z.B. an Georg
Trakl, der an dem Kriegsgeschehen im 1. Weltkrieg seelisch zerbrochen ist)? Es
besteht auch die Gefahr, daß man den Einzelfall verallgemeinert, daß man nun in
jedem Menschen mit schwarzer Hautfarbe jemanden sieht, der vielleicht ein langes
Messer schon am Rücken trägt (Ich bin später einigen Bauern auf den Wegen im
Land begegnet, alleine, die eine lange Machete in der Hand vor sich hertrugen.
Ich grüßte alle mit einem lauten "Bon jour" oder "Salam" und wurde immer
zurückgegrüßt. Einen Menschen, den man grüßt", greift man nicht hinterrücks an,
oder?). Eine Dame an der Rezeption des Hotels verglich meinen Angreifer mit
einem Tiger. Auch dieses starke Tier wartet auf eine günstige Situation und
schlägt dann, wenn sie da ist, gnadenlos zu. Ist Antanarivo eine Art
Großstadtdschungel?
Ich war sehr froh, als die 12 anderen aus der Reisegruppe abends eintrafen. Einer war aus unbekannten Gründen nicht erschienen. Es tat gut, so viele andere Menschen bei sich zu wissen, einfach auch vom Geschehenen erzählen zu können. Das hilft gewaltig. In der Nacht passierte noch etwas. Ich habe im Restaurant das Essen bezahlt, setzte mich noch an den Computer in der Lounge, bestellte einen neuen Photoapparat via Internet, bezahlte per VISA, steckte den Geldbeutel wieder in die Hosentasche, und ging dann hinauf auf mein Zimmer im ersten Stock. Als ich am nächsten Morgen wieder die Hose anzog, da fiel mir auf, daß sie viel leichter war als noch gestern. Kein Geldbeutel mehr da. Erst dachte ich, daß er vielleicht in dem restlichen Gepäckhaufen irgendwo sein müßte, aber auch dreimaliges "Umgraben" half nichts. Er war einfach nicht mehr da. Ich glaube nicht an Geister. Was war da passiert? Vor Jahren hatte ich schon einmal in einem Hotel in Cavaillon in Frankreich ein ähnliches Erlebnis gehabt. Da hatten sich Unbekannte mittels eines langen Greifarms meine Hose mit Geldbeutel durch ein leicht geöffnetes Fenster, während ich in dem Zimmer schlief, geangelt. An der Rezeption hat auch niemand etwas abgegeben. Was ist da passiert? Keine Ahnung, jedenfalls waren Geldbeutel, Geld, Personalausweis, Führerschein usw. wieder weg. Deswegen mußte ich jetzt nicht die Reise abbrechen, aber es war noch so ein Schlag ins Kontor.
Mehr Bilder aus Antanarivo | ||
Eine Grotte aus Beton in Tana |
Ein mieser Anfang eine ansonsten sehr gut organisierten Reise, die ich
entsprechend durchhaltefähigen, robusten und abenteuerlustigen Leuten durchaus
empfehlen kann. Es wird einiges "verlangt" von einem. Nur 4 aus unserer Gruppe
von 13 haben zum Beispiel alle Touren mitgemacht und alle Gipfel erreicht.
Irgendeinen Ausfalltag hatte fast jeder. Durchfall, Erbrechen, Schwindelgefühle,
Mattigkeit, "Durchhänger", das war ganz normal.
Bei der Reise wurde viel gefahren, meist im Bus, wenn es nicht mehr ging, im
Allradfahrzeug. Auf richtigen "Straßen" mit Teerbelag in unserem Sinne meist
nicht. Schlaglöcher gab es fast überall. Kritisch sind vor allem die Brücken.
Wenn die unbefahrbar sind, dann geht nichts mehr. Manche davon haben Holzbohlen
als Querbalken. Manchmal werden sie sogar gestohlen und dann bricht alles
zusammen. So ist das halt dort.
Übernachtet wurde in guten Hotels, kleinen Wohnanlagen mit Charakter, auch
einmal in einem Berghüttendorf, wo es nicht anders ging, in Zelten.
Drei große Teile hatte die Reise: Tierbesichtigung, Bergtrekking, Meeresausklang mit Baobabtouch
Wir fuhren zuerst von Antanararivo mit dem Bus nordostwärts, besuchten ein privates Tierheim, wo die erste nahe Begegnung mit der einheimischen Tierwelt möglich war. Tiere, insbesondere Lemuren, waren dann in den nächsten Tagen die Hauptattraktion. Manche schienen die Kamera nicht mehr von der Nase zu bekommen - ein Homo photographicus entwickelte sich fast schon heraus.
Nach 4 Tagen waren wir wieder zurück in Tana.
Dann ging es in den heißen Süden. Ambositra, Ambalavo, Antanifotsy. Nach fast
drei Tagen Durchgeschütteltwerden im Bus kam die erste Trekkingstrecke, die man
eigentlich auch Fahren hätte können, aber das Laufen tat nach soviel
Faul-herum-Hocken richtig gut. Und man bekam endlich intensiven Kontakt mit dem
Gebiet. Bergig wurde es, Reisfelder überall, ein Vater mit Gewehr, die Familie
um sich herum, die zwei Jungen schleppten jeweils einen Pflug, die Frau trug das
kleine Kind, zwei Zebus trabten mit, eine madegassische Familie auf dem Weg nach
Hause, ein kleines Blitzlicht von unterwegs. Wir schliefen in kleinen Hütten,
früher einmal gebaut für Wissenschaftler, die dort einmal ein Forschungsgebiet
hatten. Die halbe männliche Bevölkerung des in der Nähe liegenden Dorfes war da,
angeworben als Träger für unser morgiges Trekkingunternehmen in das
Andringitramassiv.
Typisches Trekking. Besteigung des zweithöchsten Gipfels Madagaskars, dem Pic Boby. Phantastischer Granitkarst. Am nächsten Tag Überschreitung des Bergmassivs. 900 m Abstieg. Durchquerung von zwei kleinen Flüssen. Camp Catta. Tour durch ein traumhaftes Granitgebirge zum Chamäleonberg, das es mit dem Yosemite Valley leicht aufnehmen kann. Raumwandern. Weiter zum nächsten Bergmassiv im Isalo-Nationalpark. Diesmal Sandstein. Paradiesische Gefilde: Piscine Naturelle, Cascade des Nymphes.
Nachher: Savanne, "Gold"gräbersiedlungen, in wenigen Jahren groß
geworden wegen bedeutender Saphirfunde, die schnellen Reichtum versprechen, erste Baobabs,
Trockengebiete, wo es seit drei Jahren nicht geregnet hat, im Sturzregen,
schließlich die Meeresküste bei Tuléar. Chinesische Baufahrzeuge unterwegs. Der
"Drache" sät auch hier erste Keime, beginnt, eine über 500 km lange, heute fast
unbefahrbare Straße wieder Instand zu setzen. Kaputte Mangrovenküste, die in
einem Naturschutzprojekt wieder hochgepäppelt wird. Schließlich "Nautilus",
unser Quartier. In der Ferne der Ozean am Rauschen, am Ufer braucht man die
Taucherbrille nicht aufzusetzen, denn dort ist alles voller Sand und
Schlingpflanzen. Traumtour in einen privaten Naturschutzpark mit unglaublichen
Baobabs, den massigen Baumtonnen inmitten der Dornwälder.
Rückkehr per Flugzeug nach Tana. Der Bus, der uns hierher gebracht hat, brauchte
2 Tage, um die Strecke zurückzulegen!
Mein großes Nachabenteuer begann schon in der Tag danach. Am Flughafen noch
hatte ich einen Flug nach Diego Suarez bei Air Madagaskar gebucht, auf Anraten
von Lawis, unserem extrem kenntnisreichen Guide auf der HAUSER-Reise. Die
Alternative wäre ein, laut Reiseführer, 24stündiger Taxi-Brosse-Trip gewesen.
Wer diese Fahrzeuge gesehen hat, der hat wohl auch Zweifel daran, ob so etwas
für Langstreckenfahrten wirklich geeignet ist. Es mag Menschen geben, die das
überleben, ob sie danach lebenslang davon einen Seelenschaden haben, das weiß
man im voraus natürlich nicht. Der Flug war nicht billig, und die Reise
hinterher im 4Wler auch nicht, schließlich hatte ich jeweils einen Fahrer dabei,
der auch noch eine ganze Leerfahrt über 110 km hatte, aber der Preis war
vertretbar, letztlich. Ich habe alles überstanden und lebe noch. Das zählt doch
am Ende!
Vieles ist da passiert, eigentlich höchst erzählenswert, aber im Moment stürzt
mein alter TOSHIBA-Computer, noch mit WINDOWS XP-System, dauernd immer wieder ab
(deshalb steht hier oft leider schon die zweite Version des Textes, denn die
erste verschwand plötzlich, z.B. durch Stromausfall), und deshalb hab ich einfach
die Lust verloren, so weiterzuschreiben.
Mein Ziel war das Tsingy-Gebiet von Ankarana. Das hab ich tatsächlich erreicht
und tatsächlich einiges drin gesehen. Dann spielte das Schicksal wieder Roulette
und ich begegnete Jean-Claude Dobrilla, einem französischen Speläologen. Der
arbeitet auch für die Nationalparkverwaltung und entwickelt Ideen, wo man die
Touristen in dem Tsingykarstgebiet sinnvollerweise hinleiten könnte, ohne der
Natur zu viel Schaden zuzufügen.
Mit ihm konnte ich eine Höhle besuchen, die nur ganz wenige Menschen bislang
kennen. Sie liegt außerhalb des Naturschutzgebiets, weshalb es auch keine
administrativen Beschränkungen gibt. Sie liegt in einem "Hoffnungsbiet",
ungefähr fünfmal so groß wie das Naturschutzgebiet, das auch schon 200 qkm hat.
5 km hatten wir zu Fuß zu gehen, querfeldein, markierungslos, irgendwo. Die
Höhle ist ein Gewirr von labyrinthischen Gängen, 11 km bislang lang, und scheint
ewig weiterzugehen. Da stellt sich schon die Sinnfrage, ob es etwas "bringt", da
vielleicht 20 km zu vermessen.... Es gibt noch mehr in der Nähe... Eine
Expedition wäre angebracht, möglich. Aber wer würde mitmachen?
Auf dem Rückweg noch zwei absolute Highlights: den Lac sacree mit seinen wilden
Krokodilen und die Red Tsingies, eine geologische Zone mit Felsen, die das Herz
zum Schwingen bringen. Aber warum gibt es die eigentlich?
In Diego Garcia hatte ich noch einen Tag extra, den ich mit Stadtbesichtigung zubrachte. Schräges habe ich gesehen: Eine Kompanie junger Rekruten, die im Schatten eines alten Baumes im Militärviertel exerzierten, linksrum und rechtsrum machten, etwas präsentierten, nur war das, wohl glücklicherweise kein Gewehr, sondern Besen, besser kein Besen, denn das waren harte Zweige von Büschen, zusammengebunden. Militärisch geordnet marschierten die jungen Männer über die Straße zum nächsten verwilderten Gehweg und kehrten dort systematisch, besser kratzten, den Müll vom Boden und steckten ihn in Säcke. (Es war schon immer ein Problem, das "Militär" zu beschäftigen, wenn es keinen wirklichen "Feind" gab. In München ließ um 1800 der Graf Rumford die Rekruten Gemüse anbauen und sorgte damit nichtzuletzt für deren Ernährung!). Die Straße war gut einen halben Kilometer lang und gerade einmal 50 m waren so gereinigt (Man sollte dazu wissen, daß es Wehrpflicht in Madagaskar gibt, die 2 Jahre dauert, und daß das Militär 200.000 Soldaten umfaßt. Wo käme ein potentieller Feind her, der eine solche Aufrüstung rechtfertigen würde? Ein Ökonom würde von einer maßlosen Verschleuderung von Ressourcen sprechen!).
Eine letzte kurze Nacht noch in der Herberge LaKoutala nahe des Marktes in Tana. Dann holte mich Lawis von der Unterkunft ab und brachte mich sicher zum Flughafen. Ich freue mich, daß alles letztendlich gut gelaufen ist und ich wieder heil heimkam. Jemand hat einmal gesagt, daß die Erfolgreichen die seien, die nach den Niederlagen, die wir alle immer wieder erleiden, wieder aufstehen, können und wollen. Live goes on - with us or without us. Hopefully.
Literatur:
Gabriel, Markus | Warum es die Welt nicht gibt, ullstein, Berlin 2013 |
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Landschaft und Höhlen in Madagaskar.htm
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