Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Tsingy Meva und die Grotte des Chauves-Souris, Ankarana-Nationalpark, Madagaskar


Der Rundgang zu diesen zwei Hauptattraktionen gehört zu den beliebtesten Touren im gesamten Tsingygebiet von Ankarana. Man meldet sich an der Parkverwaltung in Mahamasina an, bekommt einen Führer zugeteilt und kann schon losziehen. Wer ein leistungsstarkes Fahrzeug hat, der kann noch 2 km näher an die Parkgrenze fahren, ansonsten muß man halt zu Fuß die Strecke zurücklegen. Am Ende ist ein großer Parkplatz, von dem aus es nur noch zu Fuß weitergeht.

Die Strecke ist gut ausgebaut und ausgezeichnet beschildert. Einen Führer bräuchte man nicht wirklich dafür, wenn man nur herumwandern möchte, denn man würde alles ganz leicht selber finden. Aber die ausgebildeten Leute haben dadurch einen Arbeitsplatz, verdienen etwas Geld und haben eine Beschäftigung. Damit wird auch das wirtschaftliche Interesse der Bevölkerung geweckt, sich für die Erhaltung der Natur einzusetzen. Flughunde und Lemuren landen dann nicht mehr im Kochtopf, sondern werden in der freien Natur hergezeigt, was die Tour für Touristen interessant und aufregend machen soll.

So erfährt man dann, daß man vielleicht gerade eine Eulemur coronatus, einen Eulemur sanfordi oder einen Lepilemur septentrionalis gesehen hat. Auch seltene Vögel treiben sich herum, ein "Fliegenschlucker" vielleicht, oder ein "kleiner Herzog von Madagaskar" oder ein Coracopsys vasa, ein schwarzer Papagei. Ob die wissenschaftlichen Bezeichnungen wirklich wichtig sind für Nationalparkbesucher? Ich zweifle dran, aber was soll man den sonst erzählen? Beliebt ist ja jetzt auch, die Besucher über die medizinische Wirkung bestimmter vorkommender Pflanzen zu informieren. Besonders die "endemischen" Pflanzen werden gezeigt, d.h. die, die nirgendwo anders auf der Erde vorkommen, wie etwa Pachypodium deccari, Cyphostma, Adenia lapiazicola und Euphorbia ankaranensis. Wenn mich jemand fragen würde, wie die jeweils aussehen, ich könnte es ihm nicht sagen.

Wir durchquerten das trockene Bett eines Flusses, der zur Regenzeit hier fließt. Er hat keinen langen oberirdischen Lauf mehr, denn er verschwindt, genauso wie zwei andere Ströme in einem einzigen Felsloch, das Perte des Rivières heißt. Es wäre nicht schwierig, da hinabzusteigen, aber so etwas ist auf der Führung nicht vorgesehen. Ein kleines Seil müßte fast genügen. Man kann schon in den großen Tunnel hineinsehen, der sich unten anschließt. Das Wasser soll übrigens 20 km entfernt wieder zu Tage treten. Über die Höhle habe ich nichts vom Führer erfahren können. Sie soll nicht sehr lange sein, zumindest ist sie ab einem bestimmten Punkt wegen CO2 und Methan nicht mehr gefahrlos zu begehen. Da wird alles hingeschwemmt und bleibt dann irgendwo hängen. Wenn es verfault, dann entstehen eben die für den Menschen nicht verträglichen Gase.

 
     
 

Es geht weiter durch Waldgelände auf Kalkboden. Auf einmal senkt sich das Gelände und man steigt auf über 100 Stufen in die Eingangssenke vor der Grotte des Chauves-Souries. Eine riesige Höhlenöffnung tut sich da auf. Die Höhle soll in kriegerischen Zeiten Zufluchtsort der Bevölkerung gewesen sein, was gut vorstellbar ist. Sie liegt versteckt in einem unübersichtlichen Gebiet, sie enthält große Räume, wo man sich lange aufhalten kann und sie verfügt über frisches Wasser. Es kommt aus einem der beiden Hauptäste der Höhle. Ein mindestens 20 m hoher Tunnel tut sich auf, aus dem in Regenzeiten sicherlich ein Fluß herauskommt. In der Trockenzeit gibt es da immerhin noch kleine Seen am Höhlenboden. Seitlich kann man vielleicht 100 m hineingehen, dann ist das leichte Weiterkommen nicht mehr möglich und man müßte den steilen Lehmhang hinab bis man die Höhlensohle erreicht hätte, wozu wohl ein Seil nützlich wäre. Leider hat der Führer auch über diesen Höhlenast nichts weiter erzählen können. Später habe ich gehört, daß sie auf gut 3 km erforscht und vermessen ist. In diesem hohen großen Gang viele Fledermäuse, deren Geschrei und Geschnatter die Soundkulisse der Höhle bildete.
Es gibt noch zwei weitere Höhlenteile. Bei einem sagte der Führer, der würde nicht weiterführen und man dürfe nicht hineingehen, in den anderen führte er mich und noch eine Person. Eine junge Madegassin, die Tourismus studierte, war auch mitgekommen. 30 Kilometer war sie in der Frühe mit dem Fahrrad hergefahren - und abends ging es wieder zurück. Und das auf diesen Straßen! Schnellfahren geht da nicht! Sonst bricht man sich im nächsten Schlagloch gleich das Genick. Was man in diesem Land nicht leisten muß, um vorwärts zu kommen. Und bei uns beschwert sich schon jemand, weil die S-Bahn 5 Minuten Verspätung hat.
In dem mittleren Seitenteil hat man einfache Einbauten gemacht, um das Begehen des weiten Höhlengangs zu erleichtern. Kleine Treppengeländer sind da angebracht, verkehrsschilderartige Zeichen deuten die Bereiche an, wo man hindarf und wo nicht. Schließlich wird es niedriger und enger und der Tourist wird nur hingeführt, wenn man darauf besteht. Eine kleine Sinterwand gilt es hinabzuklettern. Dann steht man im mit Sinter am meisten geschmückten Raum der Höhle. Dies soll früher der Versammlungsraum der Ureinwohner gewesen sein. Beweisen läßt sich da nichts, denn alles ist leer. Beim Hinausgehen zeigt mir der Führer noch einen Steinkreis am Boden, in dem noch Knochen liegen. Dort ein besonderer Ort der Ahnen sein. Noch heute tun Leute dort Geldscheine oder Münzen hinein, wünschen sich etwas und hoffen, daß das dann in Erfüllung geht.

Es geht den selben Weg wieder zurück, wie man gekommen ist, was heißt die über 150 Stufen wieder hinauf. Bei der herrschenden Hitze ist das ein müde machendes Unternehmen. Steht man dann oben, dann biegt man noch einmal ab und kommt in eines der Vorzeigegebiete des Tsingy-Phänomens. Meva heißt schließlich außerordentlich, einzigartig. Der Führer erklärte mir das an Hand des Beispiels des Erlebnisses des Zusammenseins mit einer Frau. Da passiere manchmal auch so etwas ähnliches. Man steigt hinauf auf eine dieser Steinspitzen, wo man ein kleines Plateau hineingebaut hat, damit der Besucher ganz nach und unmittelbar dieser "Mondlandschaft" auf unserer Erde bestaunen kann. Auf dem selben Weg wie man gekommen ist marschiert man dann zurück. Wir kamen wieder am "Campingplatz der Prinzen" wieder vorbei. Er war gebaut worden, als einmal die britische Königin der madegassischen König einen Besuch abstattete und beide gekrönten Häupten dort übernachteten. Heute kann man das buchen, kann in Zelten übernachten, hat Toilettenanlagen und einen Wasseranschluß. Kilometerweit ist der Weg zurück, wobei es eine Besonderheit gibt. Kleine Steine mit Entfernungsangaben drauf geben einem eine kleine Kenntnis davon, wie weit es noch zurück ist. Endlich, es war wieder geschafft, und ich gönnte mir zur Selbstentlohnung gleich wieder ein THB, ein frisches Bier.

 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
     

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