Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Toca da Boa Vista (Gute-Aussicht-Höhle), Brasilien


Erst im Jahre 1987 begann ein kleines Team von Höhlenforschern der Grupo Bambui de Pesquisas Espleologicas, ein Höhlenverein der 1.500 km entfernt zuhause ist, mit der Erkundung des Gebietes in der Nähe des schon länger bekannten Gruta do Convento-Systems, das damals 9,2 km Länge aufwies. Anfangs erbrachten die Forschungen nur bescheidene Ergebnissse. Dann stieß man auf den Eingang am Grunde einer Schachtdoline. Von dort führten in alle Richtungen und auf mehreren Ebenen Gänge weiter. 

Sie bekam den Namen "Toca da Boa Vista (BA-082) und liegt im Gebiet von Campo Formoso, 11 km östlich der Stadt Lage dos Negros im Bundesstaat Bahia. Die Höhle liegt in der Bergkette Chapada Diamantina und besteht aus Dolomit der "Unagruppe", die präkambrisches Alter hat, also ungefähr 500 Mio Jahre alt ist. 

Die Höhlenbildung vollzog sich nach ganz anderen Ursachen, als im klassischen Karst. Man spricht von "hypogener Höhlenentstehung", bei der Schwefelsäure und Phosphor eine entscheidende Rolle spielen. Die meisten Höhlengänge liegen nur 10 bis 40 m unter Oberfläche.

Technische Schwierigkeiten  gibt es in der Höhle kaum. Zu schaffen machen die große Trockenheit und der aufgewirbelte Staub den Forschern. Die Temperatur in der Höhle beträgt zwischen 27° und 29°, die Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 50 und 80 %. Wegen des labyrinthischen Charakters besteht immer wieder die Gefahr des Verlorengehens.

Sehr bedeutsam sind die prähistorischen Knochenfunde in der Höhle. Vor etwa 20000 Jahren durchströmte ein Fluß die Höhle und transportierte die Kadaver vieler toter Tiere herein. Zehntausende von Knochen hat man inzwischen geborgen, u.a. von längst verschwundenen Tieren. Als Beispiele seinen hier nur ein 6 m langes Faultier und ein Truthahngeier genannt.

Die vermessene Länge der Höhle ist sehr schnell angewachsen: 1987 3,5 km, 1992 36 km, 2016 111 km. Ganz in der Nähe (Minimalabstand 700 m) befindet sich das nächste Riesenhöhlensystem, Toca da Barriguda mit 34 km.

 

 

 


Literatur:

Chabert, Claude (1991): Boa Vista, Loin Devant, Grottes & Gouffres, n° 119, mars 1991, p 51ff.

Auler, A. (1992): Toca da Boa Vista, Brazil - The Birth of a Giant Cave System, Caves & Caving 58 (Winter 92), S. 18

Auler, Augusto S., Klimchouk, Alexander, Bezerra, Franzisco Hilario B., Cazarin, Caroline L., Ennes-Silva, Renata, Balsamo, Fabrizio (2017): Origin and Evolution of Toca da Boa Vista and Toca de Barriguda Cave System in North-eastern Brazil, Hypogene Karst Regions and Caves of the World, DOI 3-56

https://www.showcaves.com/english/br/caves/BoaVista.html

https://www.researchgate.net/publication/319158806_Origin_and_Evolution_of_Toca_da_Boa_Vista_and_Toca_da_Barriguda_Cave_System_in_North-eastern_Brazil

Landschaft und Höhlen im Zentralnorden von Bahia, Brasilien


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