Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Hidden River Cave
in Kentucky
American Cave Museum bei der Hidden River Cave, Kentucky
Die Hidden River Cave befindet sich an einem ungewöhnlichen Ort, nämlich mittendrin in Horse Cave. Kein idyllisches Tälchen in dessen Mitte ein Bach oder ein Fluß fließt und an dessen Kopfende man auf ein mehr weniger großes Höhlenportal stößt wie bei der Lost Rive Cave in Kentucky oder der Planinska jama in Slowenien, sondern direkt an der Hauptstraße. Ein Gitter trennt nur den Schachteingang vom Straßenteer.
Warum die Höhle so heißt, wie sie es tut, das scheint noch immer unklar zu sein. Die einen meinen, daß schon die Indianer ihre Pferde dorthin gebracht hätten, um sie in dem großen Höhleneingang zu verstecken, andere meinen, da habe einmal jemand sein Pferd dort verloren, als er bei einem Transport unterwegs gewesen sei, noch andere meinen, das komme einfach von einem noch im 19. Jahrhundert im Gebrauch gewesenen Adjektiv, das einfach "huge", also riesig, bedeutet habe.
Das Vorkommen der Höhle an dieser Stelle ist wohl der Grund dafür, daß es da einen Ort überhaupt gibt. Die Eisenbahnlinie von Nashville nach Louisville hatte genau an dieser Stelle einen Halt, weil man dort Wasser für den Zugbetrieb aufnehmen konnte. Das führte dazu, daß sich der Handel entwickelte und sich Geschäfte niederließen. Zu dieser Zeit hieß der Ort Caverna, noch heute nennt sich der High School Distrikt dort so.
Vor allem die Versorgung mit Trinkwasser spielte eine Rolle, aber es kamen noch weitere Zwecke hinzu. Mit der Entwicklung der Elektrizitätserzeug mittels Wasserkraft baute man in der Höhle ein Kraftwerk. Im späten 19. Jahrhundert war Horse Cave der einzige Ort in Kentucky, außer Louisville, der über elektrisches Licht verfügte. Man nutzte den Strom auch für Klimaanlagen in mehreren Gebäuden und errichtete die weltweit ersten klimatisierten Tennisanlagen in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.
100 Jahre später hatte man die Höhle praktisch vergessen. Weder brauchte man sie mehr für die Wasser- noch die Stromversorgung. Der Strom kam aus der Steckdose und das Wasser aus dem Hahn. Die Höhle verfiel, man nutzte sie nur noch zur Müllentsorgung. Es wurde der Ort in den Vereinigten Staaten mit der größten Umweltversauung daraus. Alles nicht mehr Gewollte wanderte in das große Loch inmitten der Stadt, wo es allmählich sich verteilte und verrottete, wobei der Gestank immer mehr zunahm. Die örtliche Molkerei "entsorgte" sich (whey), auch chemische Betriebe goßen ihr Chrom und anderes Zeug in den Untergrund. Es heißt, daß der Ort im Sommer für Monate wegen des Gestanks praktisch unbewohnbar gewesen sei.
Irgendwann wurde der Wahnsinn gestoppt, ein Verbot der Müllentsorgung erlassen, viel Zeit verging, bis man sich an das Auf- und Ausräumen der Folgen der Vergangenheit machte. 1987 begann die American Cave Conservation Association mit den Arbeiten und verlegte auch ihren Sitz in das Gebäude gleich neben der Höhle. Dort ist inzwischen auch das American Cave Museum eingerichtet worden. Aufklärungsarbeit ist da sicherlich sehr angebracht.
Will man die Höhle besuchen, dann ist keine Anmeldung notwendig. Als wir im April 2018 dort waren, da war außer uns niemand anderer da. Vermutlich hält sich der Ansturm der Besucher in Grenzen, vielleicht auch, weil man ganz schön in ihre Portemonnais greift. 15 Dollar kostet der Besuch immerhin. Dafür wird man mit dem Lift in die Tiefe gefahren und am Ende, wenn man schon ganz schön vielleicht geschafft ist, weil man 230 Stufen hinabgestiegen und wieder heraufgekommen ist, hinter sich hat. In dem weiten Eingangsschacht geht es über Treppen in die Tiefe, in der Bäumen über einem sieht man die gespannten Seile, mit denen man für eine Zipline-und-Rappeltour wirbt, wo sich die Kinder auch im Seilsport beweisen können. Wer noch etwas abenteuerlustiger ist, der hat die Wahl zwischen einer 3 und einer 5stündigen Adventuretour. Da kostet es dann 40 oder 55 Dollars, um sich auch einmal auf dem Bauch fortzubewegen oder sich lehmige Stiefel zu holen.
Am Fuße des Schachts sieht man noch die Reste der alten Einbauten. Mauerreste stehen da noch herum, Eisenteile zeugen von früherem Streben nach Nutzen. Dann geht in einen Horizontalteil, wo man gleich zu einem alten Damm kommt, dort wurde die Fallhöhe für den Strom erzeugt, wurde das Wasser für das Trinkwasser abgezeigt. Der Steig über dem Wasser führt weiter bis in eine große Halle, die sich weit nach oben reicht. Wie weit es wohl noch bis zur Oberfläche ist? Viel Raum ist da nicht. Wir fragten danach. Tatsächlich steht darüber ein Gebäude. Ob man sich da noch wohl fühlt? Die "Experten" werden schon ihre bezahlte Meinung dazu haben. Am anderen Ende des Riesenraums mit der flachen Decke hört plötzlich der Führungsweg auf. Man steht auf einer Plattform, schaut über den unten ruhig dahin fließenden Höhlenfluß und sieht in der Ferne eine Art Gerüst. Es wird da gerade an einer unterirdischen Zipline gebaut, fast hätte ich geschrieben "gebastelt". Sie soll dem heutigen Adrenalinanspruchsfaktor entgegenkommen und etwas "thrill" in das moderne Bestreben bringen, eine Höhle ohne Gefahr und Risiko zu begehen. Da hängt man sich dann ins Klettergeschirr und saust 20 m über dem Fluß auf die andere Seite. Ein weiterer Kick, ganz kontrolliert, solange alle Randbedingungen stabil bleiben.
Unser Führer war sehr freundlich, kompetent, geduldig. Schließlich schleppte ich auch da meine Photoausrüstung mit mir herum und versuchte in kurzer Zeit, möglichst brauchbare Bilder in den NIKONkasten zu bringen, ohne Stativ. Nicht einfach und nicht immer erfolgreich.
Jeder sollte da hingehen, wenn ihn "Höhlen" interessieren!
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Literatur:
Graves, Chris | Kentucky karst, in: DESCENT (114), 1993, p 24 |
Links:
http://www.hiddenrivercave.com/
https://macsphere.mcmaster.ca/handle/11375/22144
http://www.loucon.org/_old/forms/uploads/caving_form.pdf
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