F/ranz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Deer Cave / Gua Payau
Mulu, Borneo, Malaysia
"Früher haben wir hier die Rehe gejagt, heute haben wir die Touristen." So ungefähr sagte es einer der einheimischen Führer, der uns Besucher einer der großräumigsten Höhlengänge der Erde begleitete. Was früher ein kaum erreichbarer Ort am Fuß hoher Kalkfelswände in den "Southern Hills" war, ist heute für jeden leicht erreichbar. Man bucht im Nationalparkzentrum eine Tour für 35 Ringits, ist 10 Minuten vor der Abmarschzeit entweder um 14 oder 14.30 Uhr da, und marschiert dann in einer guten halben Stunde auf einem Holzbohlenweg durch eine wilde Urwaldlandschaft bis zur Höhle. Wer Augen hat zu sehen, der entdeckt auf der linken Seite des Wegs kurz vor der Deer Cave einen weiteren Höhleneingang - der in die Deer Water Cave führt. Sie verläuft 885 m parallel zur Deer Cave und endet kurz vor der Verbindung mit der Deer Cave in einem Siphon.
Vor der Deer Cave ist heute ein großer Grasplatz angelegt, der am Rand von hölzenen Sitzbänken umrahmt ist, ein kleines Besucherzentrum ist da und auch eine Toilettenanlage. Das ist kein Zufall, sondern Ergebnis von Planung. Eine der großen Attraktionen von Mulu ist das abendliche Spektakel des Fledermausflugs. Als Zeit wird zwischen 16 und 18.30 Uhr angegeben. Das paßt gut mit den Führungszeiten für die Deer Cave zusammen. Erlebt man das Schauspiel tatsächlich, dann ist es schon recht erhebend, aber eine Garantie für den Ausflug von Millionen von Fledermäusen gibt es nicht. Von den drei Malen, wo ich dort war, kam genau einmal einen mittlere Anzahl aus dem Portal. Ansonsten konnte man nur etwas enttäuscht, meist tropfnass, weil es gerade wieder den warmen Muluregen vom Himmel schüttete, zurücklaufen zum Quartier. Dann war es auch schon dunkel und man konnte, wenn man Glück hatte, im Schein der Lampen seltsamste große Insekten auf den Handläufen des Weges entdecken! Das wog natürlich die negativen Gefühle schnell wieder auf.
Zu den Fledermäusen: Ihre Zahl wird auf 2,5 bis 3,5 Millionen geschätzt. Unter der Annahme, daß jede Fledermaus pro Nacht 5 bis 10 Gramm Insekten frißt - und sie auch wieder verdaut und die Reste wieder ausscheidet, kommt man auf große Mengen. Es sollen 30 Tonnen Insekten sein. Das ist nicht unwichtig, denn in der Höhle bilden sich so große Guanoberge, die einen entsprechenden Geruch ausströmen - eine Besonderheit der Höhle, die wirklich nicht angenehm zu nennen ist. Liegt es an den Fledermäusen, daß es im Mulugebiet so wenig Mücken und ähnliches Flieggetier gibt? Das wäre ein für uns Menschen sehr angenehmer Effekt. 12 verschiedenen Fledermausarten hat man unterscheiden können, wobei die häufigste Art die "wrinkled-lipped bat" ist.
Einige Zeit hindurch hieß es, daß die Deer Cave der "größte/längste" Höhlengang der Erde sei. Das galt bis zum April 2009, als englische Höhlenforscher in Vietnam das Son Doong-System fanden und nun nicht mehr klar ist, wer nun die "Krone" trägt. Der Eingang zur Son Doong ist 150 m hoch und 90 m breit, die Eingang in die Deer Cave ist maximal 168,7 m breit und die durchschnittliche Raumhöhe beträgt 120 m. Solche Zahlen drücken aber nicht wirklich "Wahrheit" aus, weil einen Höhleneingang einfach nicht nur aus max. Höhe und max. Breite besteht. Ich war etwas enttäuscht, als ich erwartungsvoll in den "Rieseneingang" trat, dessen oberer Teil deutlich oberhalb der Bäume in der Felswand zu sehen ist. Man schleicht eher an der linken Wandseite hinein, große Felsmassen sind ja von oben heruntergekommen und füllen einen Großteil des Raums wieder auf. Erst wenn man etwas weiter hineinkommt und rückblickend auf das Portal schaut, sieht man die massive Größe.
Durchschnittlich 90 m breit und hoch ist der gewaltige Tunnel, in dem man den ganzen Berg durchquert und den man fast ohne eigenes Licht durchqueren könnte. Auf der anderen Seite öffnet sich das "Garden of Eden"-Höhlenportal, immerhin 140 m breit. Der normale Besucher sieht von oben hinunter auf die spektakuläre Szene und tritt dann den Rückweg an. Nur Personen, die die Garden of Eden-Tour gebucht haben, können, begleitet von einem Führer, hinabsteigen zum Flußlauf und aufwärts hinein in den großen Felsenkessel steigen, der daran anschließt.
Die Deer Cave wurde schon 1961 von Wilford erstmals vermessen und eine Gesamtganglänge von 2.160 m angegeben. 2009 erfolgte eine weitere gründliche Erforschung des Höhlensystems durch die Western Kentucky University, die große Erfolge brachte. Die neue Länge ist jetzt 4,1 km, nichtzuletzt durch den Zusammenschluß mit der nahen Langs Cave. Die genaue Erkundung des sog. Deer Cave Aven skylight ergab eine Höhe von 305 m, ein selten erreichter Wert in Südostasien. Bislang ist es unbefahren geblieben.
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Literatur:
Brook, D., Waltham, A.C. | The Underworld of Mulu, part 1, Caving International Magazine 1-1978 p3ff. |
Wilford, G.E. | The Geology of Sarawak and Sabah Caves, Geological Survey, Borneo Region, Malaysia, 1964 |
Links:
Landschaft und Höhlen im Gunung Mulu National Park, Borneo, Malaysia
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