Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Uluruh / Ayers Rock


"The real thing... about this place... is listening to everything." (aus der Nationalparkbroschüre)


"Clearing the mind" - Wo gibt es Orte auf unserem kleingewordenem Planeten, wo man das noch tun kann? Für die Aborigines, die dort Jahrzehntausende in dieser völlig unkomoden Umgebung ausgehalten haben, war das ein solcher. Der uluruh, der zweitgrößte Monolith (der Größte liegt weiter im Westen auch in Australien), also EINSTEIN, der Erde, ist ein ganz besonderer Berg.

Von den Anangu, den Aborigines dieser Gegend, wurde und wird er für heilig gehalten. Mythen ranken sich um ihn wie die vom Kampf der Schlangen, von Liru und Kuniya. Die Anangu raten ab von der Besteigung des Berges, aber aufhalten tun sie einen auch nicht. Jeden Morgen prüft ein Parkranger, ob die Verhältnisse so sind, daß der steile Weg entlang der Eisenkette auf das Gipfelplateau freigegeben werden kann. Spricht was dagegen, z.B. sind die Felsen rutschig, dann wird er gesperrt für diesen Tag - eine sehr angebrachte Vorsichtsmaßnahme, weil ein Absturz durchaus tödlich enden kann. Ganze Busladungen voller Touristen aus Japan treffen morgens ein, viele bekleidet zusätzlich zu den Turnschuhen noch mit weißen Handschuhen, mancher sogar mit Mundschutz, und stürmen den Berg. So mancher erlebt dann unterwegs, daß der Uluruh keineswegs ohne ihn und kehrt wohl schon lange vor dem Gipfel wieder um.

Für einen Höhleninteressierten ist besonders der untere Rand des Monolithen voller Reize. Zwei Haupttypen von Höhlen gibt es: Felssturzhöhlen und Winderosionshöhlen. An einigen Stellen sind vom Berg bereits große Stücke abgebrochen und liegen nun als Trümmerhaufen am Fuße des Ayers Rock oder lehnen sich an den Hauptfels noch an. Darunter und dahinter haben sich dann Hohlräume gebildet, die dann von den Anangu für ihre verschiedenen Zwecke benutzt wurden. Die Winderosionshöhlen sind meist nur relativ klein, aber ein paar eindrucksvolle Ausnahmen gibt es.

Rich, unser Tourenguide, machte mit uns den Mala Walk und erklärte uns anschaulich die Örtlichkeit, die gerade für den Höhlenforscher am besuchenswertesten ist. Ein halbes Dutzend Höhlen sind da konzentriert - und jede hatte ihre eigene Funktion. Da gab es eine Wohnhöhle (heute nicht mehr betretbar, nachdem irgendein Schmierer in dem Höhlenraum eigene Zeichnungen angebracht hatte, zusätzlich zum großen Schlangenbild der Aborigines). "Itjaritjariku" ist ihr Name in der Sprache der Ureinwohner. Itjaritjari, der "Beuteltiermaulwurf" (marsupial mole) habe hier seinen Yuu, den "Windunterstand" gebaut. Nicht weit entfernt sind unter einem kleinen Felsdach einige Felszeichnungen zu sehen. Das sei so eine Art Nachrichtendrehscheibe gewesen, wo man wichtige Informationen an später vorbeiziehende Leute weitergab. Eine besonders auffallende und rare Höhlenform ist die Winderosionsgrotte ganz in der Nähe. Dort sei mal so eine Art Schule gewesen, wo die Alten ihr Wissen an die Jungen weitergeben haben. Das geschah nicht in schriftlicher Form, sondern in mündlicher. Noch ein weniger weiter an der Wand entlang kommt eine ganz besondere Höhle (Mala Puta), die innerhalb eines heiligen Bezirks liegt, der nicht betreten werden darf und man darf auch keine Fotos von der Höhle machen. Man wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das ein Verstoß gegen geltendes Recht wäre, das auch mit einer finanziellen Buße von namhafter Höhe gelastet sein könnte. Die Höhle sei den Frauen zugewidmet, die dort ihr Reich haben. Vermutlich wird dorthin die Geschichte von Bulari verlegt, die dort ein Kind geboren habe, als in der Umgebung schwere kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Männern stattgefunden hätten, so der Mythos. Bei einer weiteren Winderosionshöhle machten wir wieder Halt und dort hörten wir, daß dort die Nahrung zubereitet worden sei. Ein kleines Stückchen weiter, unter heruntergekommenen Felsplatten gab es eine Art Doppelhöhle auf zwei Ebenen. Oben hätten die Kinder die Zeit verbracht, im Untergeschoß seien die alten Männer gesessen. Hier finden sind an mehreren Stellen Wandzeichnungen. Auf dem Weg zu einem Wasserloch am Fuße der hohen roten Felswand (Kantju Gorge), das nach der Beschreibung der einzige Ort im weiten Umkreis sei, wo wann selbst in starken Trockenzeiten wenigstens noch etwas Wasser finde, ist links in der Felswand eine große Ausbruchshöhle sichtbar. Laut Rich ist das eine Ritualhöhle der Männer. Sie hätten sich dort zu ihren Ritualen betroffen, hätten Musik gemacht und dazu getanzt.

Hauptsächlich sei man hierher gekommen, um "aufzutanken". Der Ort habe alles geboten, was als Ureinwohner brauchte, Schutz, Pflanzen, Tiere, Gemeinschaft. Hatte man genug, zog die Gruppe wieder weiter, machte Platz für andere.
In gewisser Weise passiert das ja heute auch noch. Touristen kommen in 100000er Größe jedes Jahr für ein, zwei Nächte hierher und ziehen dann auch wieder weiter mit einem einzigartigen Bild in ihrem Innern.

 
 
 
 

 

Literatur:

lonely planet Australia, 2004
Cerny, Christine Australien - Traumzeitstätten und heilige Landschaften, München 1995
Australian Government, Director of National Parks Welcome to Aboriginal land Uluru-Katja Tjuta National Park 2006

Links:

 


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