Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen bei Te Anau und am Milford Sound, South Island, NZ


Der See von Te Anau ist Neuseelands zweitgrößtes Binnengewässer. Er wurde einst von den Gletschern geschaffen und erreicht eine Tiefe von 417 m. Sein Name kommt von den gleichnamigen Höhlen, die an seinem Westufer liegen, Te Ana-au (die Höhle mit dem wirbelnden Wasserstrom). In den Legenden der Maoris wurde schon lange von diesen Höhlen berichtet, aber lange Zeit hindurch war nicht mehr bekannt, wo sie denn liegen. Erst 1948 wurden sie von Lawson Burrows wiederentdeckt, der in der Gegend schon längere Zeit Touristenführungen angeboten hatte und wohl auf der Suche nach neuen Attraktionen war.

Inzwischen ist sie mit in das große Tourismusprogramm miteinbezogen, mit dem die meisten wichtigen Naturschönheiten in Neuseeland vermarktet werden. Überall wird mit Plakaten für den Besuch geworben, am Seeufer steht ein großes Gebäude, in dem man die Tickets erwerben kann zu einem gesalzenen Preis, 56 NZ-$, gleich daneben ist der Bootssteg und an dem legt der große, schnelle Catamaran an, der die Besucher über den See trägt und hinüber bringt zum Höhleneingang. Zuerst einmal ist wenig davon zu sehen. Dichter Regenwald bedeckt das gesamte Ufer. Nur ein Bootssteg auf Pontonen markiert die Stelle, wo man das Schiff verläßt. Ein schmales Weglein führt hinüber zum "Cavern House", wobei der klare kleine kalte Fluß überquert wird, der nach wenigen Metern zum richtigen Höhleneingang führt.

Im Cavern House gibt es ein kleines Cafe, ein Höhlenmuseum und alle Möglichkeiten, die Besucher mit einem Vortrag über das, was sich zu sehen bekommen werden, ausführlichst zu informieren. Ein kleiner Wanderweg rund um das Haus ist als Lehrpfad gestaltet, damit man auch hier über die Besonderheiten dieser noch weitest gehend in Ruhe gelassenen Urnatur ein wenig mehr zu erfahren. Dabei kommt man auch am kleinen Kraftwerk vorbei, das vom Höhlenwasser angetrieben wird und das der Versorgung des Cavern House mit Strom dient. Man gibt sich wirklich größte Mühe, alles in einem möglichst die Umwelt wenig belastendenen Zustand zu belassen.

Was vielen und auch mir unangenehm vorkam, das war das ausgesprochene Fotographierverbot. Es war richtig spürbar, wie negativ dadurch die Atmosphäre aufgeladen war. Da hatten zwei Dutzend Leute ihre Kameras dabei und hätten gerne Bilder gemacht, allein da war dann dieses Verbot. Ich gebe ja zu, daß das dauernde Blitzen auf die Dauer störend wird, aber es geht ja auch ohne Blitzen heute mit den Digitalkameras. Da sieht niemand irgend etwas, weil ja nur das künstliche Licht der Schauhöhlenlampen zur Ausleuchtung dient. Bei den Glühwürmchen reicht das natürliche Licht vermutlich nicht. Gegen Ende des Führungsteils, dort wo man in einem Boot sitzt und in den natürlichen Gang auf einem aufgestauten See vom Führer hineingesteuert wird, da brennt ohnehin kein Licht. Allmählich gewöhnen sich die Augen an die Finsternis und man beginnt, die kleinen Pünktchen zu sehen, die Lichtlein, die durch die Scheiße der Arachnocampa Luminosa hervorgebracht wird. Zurück auf dem Bootssteg, zurück am Wasserfall vorbei, die Treppen hinunter - und auf einmal ging ein Blitzgewitter los. Irgend jemand hatte es ausgelöst. Plötzlich brach der Damm. Ungefähr zwanzig Leute begannen einfach zu fotographieren, der Führer war völlig überwältigt. Am Ende wäre es noch zu einer Schlägerei gekommen, wenn er das "Verbot" hätte auch noch handgreiflich durchsetzen wollen. Er war klüger und war auf einmal nicht mehr zu sehen. Die aufgebaute Aggression war wieder entladen.


Kleiner Ausschnitt aus "Die Übergabe" in: Christoph Ransmayr, Atlas eines ängstlichen Mannes, S.Fischer, 4. Auflage, Frankfurt a.M. 2012:

"Im Weltraum

Ich sah eine samtschwarze, von unzähligen Lichtpunkten tätowierte Finsternis über mir, ein scheinbar grenzenloses, bis an die fernsten Abgründe des Alls ausgespanntes Firmament, während ich auf dem flachen Boden des Kahns lag, der unter den Ruderschlägen eines Fährmanns aus dem Volk der Maori durch die Nacht glitt. Das verzweigte, von Wasseradern durchflutete Höhlensystem, durch das mich der Fährmann ruderte und stakte, führte vom Ufer des Lake Te Anau auf der Südinsel Neuseelands tiefer ins Innere der Murchison Mountains...
...das Abbild des Nachthimmels an den Höhlendecken, das sich im glatten Wasser spiegelte, bis der Fährmann den Spiegel Ruderschlag für Ruderschlag zerstörte, wurden von den Larven eines Zweiflüglers aus der Familie der Pilzmücken in die undurchdringliche Schwärze gestoßen, von zwei bis drei Zentimeter langen leuchtenden Würmchen, die mit ihrem bläulichen Schein Eintags- und Köcherfliegen, Nachtfalter oder verirrete Motten in einen Vorhang aus hauchzarten, klebrigen Fangschnüren aus Seide lockten, an denen sie dann die aus der Finsternis gefischte Beute in ihre Nester hochzogen und fraßen..." S. 154
"..Insektenforscher behaupteten, sagte der Fährmann, daß die phosphoreszierenden Larven dieser Pilzmücke nicht mehr und nicht weniger wollten, als den klaren Sternenhimmel täuschend nachzuahmen, um ihre Beute mit der Illusion der Sicherheit zu wiegen, sie schwirrte, flatterte, segelte auf ihrem Fluge gegen die seidenen Fangschnüre in einer friedlichen Sommernacht und einer grenzenlosen Freiheit dahin." S. 157


Das Alter dieses unteren Teils der Gesamthöhle ist vermutlich sehr gering. Wissenschaftler nehmen an, daß er weniger als 12.000 Jahre alt ist. Sie liegt im Kalkstein der Tunnel Burn Formation, für die man ein Alter von ungefähr 35 Millionen angibt. Diese Art des Kalksteins ist nach dem Gewässer benannt, das aus dem Lake Orbell in den Murchison Mountains entspringt, die aus Granit bestehen, und dem Te Anau Lake zufließt. Das Gebiet ist bekannt für seine extrem heftigen jährlichen Regenfälle in der Größenordnung von 3,5 m³ pro Jahr. Den Granit findet man in der Höhle in Form von bestens gerundeten Steinen, die durch den Bach in die Höhle getragen worden sind. Die Schauhöhle endet an einem Siphon, der aber eine sehr bedeutende Fortsetzung oberhalb aufweist. Das Ganze heißt heute AURORA SYSTEM und weist eine Gesamtganglänge von 6,7 km auf, auf 4 verschiedenen Etagen.

  Werbeplakat
 
 
  Landestelle
 
Höhlenmuseum
  Einführungsvortrag
  Die Powerstation

- angetrieben vom Höhlenwasser

  Wildnis über der Erde in der
Nähe des Höhleneingangs
  YOU ARE HERE
  Die Quelle
Wegen Fotographierverbots
gibt es hier nur Bilder zu sehen,
die an die optischen Lichtgrenzen
gehen
 

 

Rudyard Kipling, der Verfasser des Dschungelbuchs, hat den Milford Sound das "Achte Weltwunder" genannt. So etwas ist natürlich zitierwürdig und drückt schon ganz gut aus, was ein Mensch empfinden kann, wenn er sich dort auch einmal aufhalten kann, darf oder muß. "Muß" - das ist uns passiert, als wir im August 2007 auch mal dort waren. Eigentlich hatten wir nur einen Tagesausflug dorthin geplant, aber dann kam es noch ganz anders. Wir waren gewarnt worden. Bei der Milford Sound Lodge erfuhren wir, daß nachmittags gegen 5 geprüft würde, ob man nicht die Straße wegen Lawinengefahr sperren würde oder nicht. Noch hätten wir Zeit, zurückzukehren. Wir ließen es drauf ankommen, und prompt passierte es. Es ging nichts mehr rein oder raus. Mit einem Landfahrzeug kommt man nach der Sperrung des Tunnels nicht mehr weiter. Man müßte schon mit dem Flugzeug vom Flugplatz starten oder mit dem Schiff durch den Sound und entlang der Küste irgendwo anders wieder anlanden. Es soll schon vorgekommen sein, daß Leute 7 Tage nicht mehr weiterkamen! Wir hatten Glück und durften einen Tag später wieder zurück.

Einen Extratag an einem der schönsten Orte der Welt, wenn man was für Natur übrig hat, verbringen zu müssen, das ist nicht schlecht. Ein gewaltiger Vorteil war, daß es fast keine Touristen gab, die ansonsten ja busweise zu Hunderten und Tausenden täglich hier einbrechen (Wikipedia berichtet davon, daß pro Jahr mehr als eine halbe Million Menschen dorthin kommen!). So war Zeit, auch mal den kleinen Fischerhafen zu besuchen und alle Wanderwege zu begehen, die es im Umkreis um den Hafen gibt. Besonders dem Dutzend Keas zuzusehen, wie sie sich auf einem umgestürzten und langst schon wieder mit Moos überwucherten Baumstamm tummelten war ein Genuß, für den wir unendlich viel Zeit nun hatten.

Höhepunkt ist die Rundfahrt mit dem Schiff den 15 km langen Fjord hinaus zur Tasman Sea und wieder zurück. Die Seitenwände steigen mehr als Tausend Meter fast lotrecht in die Höhe, hinauf zu Gipfeln, die Namen tragen wie "Elephant", "Lion Mountain" oder "Mitre Peak".
Die Kapitäne verstehen ihr Handwerk und so kann man mit dem Schiff bis unmittelbar unter die gischtenden Wasserfälle heranfahren. Die Küste sieht so unberührt oft aus, als wäre man schon im Jurassic Park und da hinten aus dem unzugänglichen Dschungel rage vielleicht ab und zu ein Saurierkopf. An der Küste zeigen sich richtige kleine Brandungshöhlen aneinander gereiht an der Kontaktzone von Meer und Land. In der Nähe der Unterwasserbeobachtungsstation noch ein einmaliger Höhepunkt: 2 Delphinen tanzen um das Boot und begleiten uns für mehrere Kilometer. Mal sind sie links, mal rechts des Schiffes. Der Kapitän von seiner erhöhten Warte nahm sie meist zuerst wieder war, wenn sie verschwunden waren und auf keine Anmerkung hin liefen alle beobachtenden Mitfahrer dauernd von einer Seite des Schiffs zur anderen. Glücklicherweise waren es nicht zu viele, sonst hätte ja das Boot Schlagseite bekommen können.

Oft werden die Besucher des Milford Sound leider nicht das Vergnügen haben, alles auch zu sehen. Denn es regnet dort einfach sehr oft. Es ist der regenreichste Ort Neuseelands! 6813 mm an 182 Tagen im Jahr im Durchschnitt. Innerhalb eines einzigen Tages kann es schier unglaubliche Mengen an Regenwasser herunterduschen. Das ist dann sehr gut die unzähligen Wasserfälle, die enorm an Mächtigkeit zunehmen. Oft erreichen sie aber gar nicht mehr die Erde, denn auf ihrem oft hunderte Meter langen Fall nach unten werden sie von den oft starken Winden einfach aufgelöst.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
   
 
   
"The Chasm"
   
Routeburn Track
 
 
Mirror Lakes

 

Literatur:

Bain, Carolyn und andere New Zealand, lonely planet 2006

Links:

 

 

 


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