Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Erdstall von Mitterschneidhart


Anläßlich der 2006er Tagung des Arbeitskreises für Erdstallforschung wurde wieder einmal der Erdstall von Mitterschneidhart besucht. Er ist alleine schon wegen seiner Lage erstaunlich, weil es südlich von Kehlheim in der näheren Umgebung bislang keine weiteren Erdställe gibt. Sind sie nur noch nicht wiedergefunden worden oder gibt es keine?

Entdeckt wurde er beim Bau einer Odelgrube, auch als "Güllesilo" bezeichnet, im Jahre 1991. Man war wieder auf Hohlräume gestoßen, die Jahrhunderte hindurch verschlossen waren und von denen keiner eine Ahnung hatte, daß sie überhaupt existierten (Ein bißchen vielleicht doch. In der Kapelle neben der Ortskirche wurde früher regelmäßig für ein gutes Seelenheil für die Verstorbenen gebetet. Vor dem Altar der inzwischen abgerissenen Kapelle soll sich ein Loch im Boden befunden haben, das stets abgedeckt gewesen sein soll). Von der heutigen Einstiegsöffnung kann man sich auf dem Grund des Erdstalls in 4 Richtungen bewegen. Die oft spitzbogigen Gänge sind alle etwa einen Meter breit, bis zu 1,70 m hoch und sind unterschiedlich lang. Der nach Norden führende Gang ist 5,5 m lang und endet mit einer Sitzbank, nach Osten führt ein kurzes 3 m langes Gangstück, nach Süden führt ein kurzer Stollen zu einem Schlupf im Boden, der 2,3 m tief ist und in dem kleine Tritte in der Wand die Befahrung erleichtern. Unten winkelt der Gang nach rechts ab und führt über eine gehauene Felsstufe wieder nach oben in einen quer verlaufenden Gang, der nach links und rechts kurze Fortsetzungen hat u.a. mit einem Fenster in der Gangvermauerung, durch das ein Blick in den vierten vom Einstieg her gesehenen Gang möglich ist. Dieser ist besonders bedeutend für den Erdstall. Er führt zuerst 5 m in eine Richtung, winkelt dann nach rechts ab und geht dann über 7 steile Stufen hinunter bis zu einem Wasserbecken. Wenn man genau hinschaut, dann sieht man, daß hier der Erdstall noch nicht zu Ende ist. Es ist möglich, je nach Wasserspiegel, mehr oder weniger trocken oder eingetaucht, durch einen engen Schlupf in 11 m Tiefe unter dem dem derzeitigen Hofniveau zu kriechen, der wieder auf der anderen Seite 2,5 m senkrecht wieder nach oben führt. Dazu bedarf es schon einiger Verrenkungen, weil man eine u-förmige Bewegung mit dem Körper machen muß. Durch ein kleines Fenster mit 18 cm Durchmesser kann man auch auf die andere Seite schauen. Wer sich damit nicht begnügen will, muß schon die Tortur durch den wassergefüllten Schlupf auf sich nehmen. Viele weigern sich da durchzugehen, was verständlich ist. Auf der anderen Seite ein max. 1,5 m hoher spitzbogiger Gang mit 60 cm Breite und einer Länge von ca. 6 m. Nach 4 m sind links und rechts zwei Gänge von 2,5 bzw. 2,7 m Länge, die mit Sitzbänken enden. Ein Mühlstein liegt mitten im Gang. Durch den Schlupf kann der nie in diesen Kreuzgang gelangt sein. Wie aber dann? Die Erbauer dieses Erdstallteils müssen aus einer Richtung gekommen sein, die nicht dem Weg der heutigen Befahrer entspricht. Dieser Zugang ist nur einer von dreien, die einst mal für diesen Erdstall geschaffen worden sind und die später auch wieder verschlossen wurden.

Vieles ist noch äußerst rätselhaft an diesem Erdstall.

Bilder von der Befahrung 2006
 
 
 
 
 
 
Bilder von der Befahrung 2012
 
 
 
 
 
 
 
 

 

Literatur:

Kaulich, Brigitte Der Erdstall von Mitterschneidhart, in: Münchner Höhlengeschichte II, München 2004, S. 358ff.

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