Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Jonas im "Walfisch"bauch

Russische Ikone

Die Quellen für die wohlbekannte Geschichte von Jonas im Fischbauch sind in der Bibel Jona 1-2 und Matthäus 12,40. Jonas verweigert sich dem Befehl Gottes, in die Stadt Ninive zu gehen und dort den Heiden das Wort Gottes zu verkünden. Als Strafe wird er dafür ins Meer geworfen und landet im Bauch eines Wals. Jedenfalls wurde lange Zeit hindurch das in der Bibel verwendete Wort so in die deutsche Sprache übersetzt. Andere verwendeten lieber den Ausdruck "großer Fisch". Inzwischen wollen Sprachforscher herausgefunden haben, daß man von der Existenz von "Walen" in dieser Region noch gar keine Ahnung gehabt hatte, daß also "Wal" falsch ist. "Seeungeheuer" geht vielleicht auch noch.

Von solchen "Spitzfindigkeiten" hatten frühere Künstler keine Ahnung. Da war der Wal ein Wal und so stellte man ihn auch dar, z.B. in einer Miniatur im "Bestiarium" aus dem 13. Jahrhundert, heute aufbewahrt in der Bodleain Library in Oxford. Sie zeigt eine klassische Form: Die Seefahrer halten den Rücken des Tieres für eine Insel und machen ihr Schiff an ihm fest.
Sobald der Wal aufwacht, taucht er unter und reißt das unglückliche Schiff und seine Besatzung mit in die Tiefe, ins Verderben.

Der "Wal" hat so viel mit der "Höhle" gemeinsam. Allein schon, weil er in einem Lebensraum existiert, der normalerweise dem Menschen nicht zugänglich ist. Und er ein Wesen ist, das menschliche Dimensionen weit übersteigt. Er ist das größte auf der Welt existierende Tier, uns wirklich walhoch überlegen. Und die ganzen Geschichten, die den Mann im Kampf gegen den Wal zeigen - solche Darstellungen ähneln so dem Kampf mit dem Drachen! Zu dessen Vernichtung braucht man einen Helden, einen Michael, einen Georg.

George Orwell hat mit "Im Innern des Wals" mit dem Thema gearbeitet. "Man ist dort, in einem dunklen, ausgepolsterten Raum, der genau passt, mit einer dicken Speckschicht zwischen sich und der Außenwelt. So hat man die Möglichkeit, sich mit absoluter Gleichgültigkeit gegenüber allem, was immer draußen vorgeht, zu verhalten. Ein Sturm, der jedes Kriegsschiff der Welt zum Sinken brächte, würde einen nur von Weitem, kaum als ein Säuseln, erreichen...Es ist fast schon der Tod, ein Zustand endgültiger, unüberbietbarer Verantwortungslosigkeit.." (zitiert nach Ian McEwan, Orwell 100)

Und dagegen steht dann die Frau, die den Drachen am Halsband führt. Keine Gewalt ist notwendig, nur leichte Wendungen. Sind die Wale wilde, ihre Auslöschung geradezu herausfordernde Wesen? Es heißt, sie seien "matriarchalisch organisierte, höchst soziale Wesen" (Lutz, S. 9). Das wurde auch vom Menschen schon früh gesagt, er sei ein "zoon politikon", wurde da einmal in der griechischen Philosophie unterstellt. Dann kamen andere. Thomas Hobbes zum Beispiel, der unterstellte mit seinem "homo homini lupus", daß wir uns alle gegenseitig zerfleischen würden, gäbe es da nicht die ordnende politische Zentralmacht. Auch hier wurde ein Tierbild bemüht, um die Welt zu erklären, ein Tierbild, das einfach falsch ist.

...wird fortgesetzt

Literatur:

Links:

• http://www.seemotive.de/html/dwal1.htm

• Höhle-Religion-Psyche