Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Teufel, Hölle und Höhle
Der sinnliche Mensch kann nicht tiefer als
zum Tier hinabstürzen, fällt aber der aufgeklärte, so fällt
er bis zum Teuflischen herab und treibt ein ruchloses Spiel mit
dem Heiligsten der Menschheit.
Schiller in einem Brief an den Prinzen von
Augustenburg am 13.7.1793
Heute glaubt doch keiner mehr bei uns daran, daß es "Teufel" gibt, und wer heute in die "Teufelshöhle" geht, der wird doch nicht wirklich denken, daß auf ihn so ein "Unhold" hier warten würde. Und wer heute die Peak Cavern besucht, die früher auch "Devil's Arse" hieß, wird wohl keine solchen Phantasien mehr entwickeln.
Was spiegelt sich denn in der Figur des "Teufels" aus den Tiefen unserer Seelen, welche Bezüge gibt es zum Phänomen der Höhle? Und was hat der Wohnort des "Deifes", wie er bei uns in Bayern noch im Dialekt heißt, mit der Höhle zu tun. Das soll das Thema der folgenden Untersuchung sein.
Eine Parodie darauf
Besonders in den mittelalterlichen Darstellungen der Hölle spielt das fürchterliche Innere der Erde eine entscheidende Rolle.
Blick in die Hölle auf einem Altarbild in Fürstenzell bei Passau, D
In dem Buch "Studie in Kristallbildung" von Klaus Böldl geht es in einer Szene um die Abbildung des Vulkans Hekla auf einer Islandkarte. Es heißt da: "Auf Island ist der Eingang zur Hölle eingezeichnet, für den man den Vulkan Hekla hielt. Wurde in jenen Zeiten eine Schlacht ausgefochten, irgendwo auf der Welt, den in der Umgebung des Hekla wohnenden Isländern konnte es nicht entgehen, waren dann doch die Lüfte erfüllt von den Seelenschemen derer, die zur Hölle fuhren. Da aber gerade die Reformation stattgefunden hatte, kamen öfters auch katholische Würdenträger durch die Luft gewirbelt, Bischöfe, Kardinäle, in stets beeindruckender, den verelendeten Isländern unbekannter Leibesfülle, in prachtvollem Ornat und mit baumelndem Goldkreuz, muß man sich vorstellen, jagten sie hilflos unter den Wolken dahin, und wenn ein Windstoß einen von ihnen in die Nähe des Bodens blies, konnte man erkennen, wie jäh der Teufel ihn aus der Welt geschafft hatte, er hatte vielleicht ncoh einen Geldsack in der Hand, eine Fasanenkeule, das Weinglas, oder vielleicht war das bischöfliche Glied noch erigiert, wenn die Anstrengung des Beischlafs dem Teufel eine Gelegenheit bot, sich einer verlorenen Seele zu bemächtigen."
Ein kleiner Exkurs, der direkt zurückführt zu handgreiflichen Karsterscheinungen, der Teufelsbrunnen in der Fränkischen Schweiz. Es gibt darüber eine alte Sage, die von einem recht unangenehmen Bauernburschen erzählt, der eines Nachts auf dem Heimweg mit lautem Gedröhn an dieser Örtlichkeit im Innern der Erde verschwunden sei - der Teufel hat sich dort wohl eine Seele geholt. (Die Sage vom Teufelsbrunnen, nacherzählt von Robert Nickol, Gut Schluf 3-1985)
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Jean-Michel SALMON <BR>
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Spéléo-Club de Montpellier <BR>
Président CDS 34<BR>
Trésorier région E <BR>
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"life outside cave is so complicated" <BR>
"Errare humanum est, sed persevare diabolicum"
Wo gibt es überall Höhlen mit Themenbezug?
In der Region Schaffhausen in der Schweiz haben immerhin 12,5 Prozent aller bekannten Höhlen einen Bezug zum Teufel in ihren Namen. Da gibt es zwei Teufelsküchen (im Dialekt heißt sie "Tüfelschuchi"), die Tüfels-Chuchi östlich Beringen, die Tüfelschuchi im Birch nördlich von Schaffhausen, noch so ein Loch mit gleichem Namen bei Opfertshofen. Im Birch hat er eine unterirdische Unterkunft mit 2 Kammern sogar, 100 Meter weiter gibt es eine "Tüfelsstube". Auch einige Flurnamen nehmen auf den Teufel Bezug: die "Teufelsherdplatte", die "Teufelsgass" und das "Teufelsloch". (Hunkeler) Das sind genug Verbindungen, um im Kanton Schaffhausen so ein richtiges Zentrum für dieses Thema zu sehen.
Die Dunmore Cave in der Nähe von Kilkenny in Irland hatte früher einen sehr schlechten Ruf. Der Eingang sei der Mund eines riesigen Untiers mit zehntausend Zähnen auf dem Kopf und genauso vielen unter den Füßen. Bis ins 17. Jahrhundert hinein hielt man die Höhle für einen Zugang zur Hölle. Vielleicht war dies die Widerspiegelung eines grausigen Massakers im Jahre 928 n. Chr. Wikinger überfielen damals das Land und 1000 Menschen sollen damals in der Höhle Schutz gesucht haben und wurden dort von den Männern aus dem Osten umgebracht.
Grotta del Diavolo - VG 56 im Karst von Triest
Höllenabstieg Befreiung der Gerechten aus der Vorhölle aus dem Freskenzyklus (14. Jhd.) aus der Kirche Urschalling, Bayern
Ein wunderbarer Teufel am Eingang zur Kirche von Rennes-le-Chateau, F
Teufelsdarstellung auf dem Friedhof von Amras, Innsbruck, A
Literatur:
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Links:
Teufelshöhle
http://www.magic-places.ch/tuefels.html
http://www.suite101.de/content/erdfaelle-teufelshoehlen-und-teufelsloecher-a92360
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