Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Grotte de Sainte-Colombe bei Undervelier, Jura, CH


In der Gorge de Pichoux zwischen Les Forges und Undervelier liegt, nicht zu übersehen, eine alte Kulthöhle. Der Eingang ist gewaltig - bis zu 7 m hoch und 26 m breit. Ein Felsdach spannt sich bis zu 30 m nach hinten, eh es den Boden wieder erreicht. Diese Struktur ist kein Zufall, sondern einfach geologisch bedingt. Die Kalkschichten des Juras sind hier nach oben gebogen worden und die Höhle hat sich einfach am höchsten Punkt davon gebildet. Im Hintergrund eintspringt eine kleine Karstquelle. Warum gibt es hier so einen großen Hohlraum? Das ist ein Rätsel. Ist es eine Hohlkehle, die durch den einstmals vielleicht mal größer gewesenen Bach gebildet worden ist? Sollte die kleine Quelle der Grund für die Größe der Höhle sein? Vielleicht ist es ja eine Mischung aus den verschiedenen Faktoren.

Vor dem Eingang steht ein 4 m hohes Steinkreuz. In der Höhle ist eine Statue der hl. Colombe, ein Wasserbecken davor ist quadratisch errichtet worden, ein paar halbhohe Regale stehen da mit Devotionalien, einige Stühle. Damit kommt ein Kultplatz aus.

In der halben Stunde, die ich Mitte April 2006 da war, gab es durchaus Besuch. Drei Frauen standen schon am Wasserbecken für einige Zeit, später kam eine Motorradfahrerin, die lange blieb. Ihr Begleiter wartete einstweilen bei den Maschinen. Zwei Straßenvermesser leisteten derweil ihre Arbeit, draußen. Für die Höhle schienen sie überhaupt kein Interesse zu haben. Auch auf der Internetseite von Undervillier wird auf einen Tag hingewiesen, wo es viel mehr zugeht hier: den 15. August. Da gibt es jährlich eine richtige Höhlenwallfahrt dorthin.

Warum? Die Namenspatronin, Sainte-Colombe, hat sich die wirklich in der Höhle aufgehalten? Eher wohl nicht. Im 3. Jahrhundert soll sie gelebt haben, verließ ihr Geburtsland Spanien, ging nach Frankreich, wurde in Vienne getauft und soll Richtung Jura geflohen sein, um den Christenverfolgungen zu entgehen. 273 oder 274 soll sie als Märtyrerin in Sens gestorben sein. Einen vollkommen andern Gedanken entwickelte A. Quiquerez, der eine weibliche druidische Priesterin als Ursprung für die "Heiligkeit" des Ortes annahm. Sie habe in einer kleinen Höhle in der Talflanke gelebt. Jeden Tag sei sie herunter gekommen, um sich an der Höhlenquelle wieder neu zu beleben (die Idee des "Jungbrunnens"!). Später sei dann an die Stelle des keltischen Glaubens einfach der christliche getreten.

Sehr früh ist dieser Ort schon in den Annalen erwähnt worden. Schon im 13. Jahrhundert wird sie zum ersten Male in den Pfarrbüchern von Undervelier erwähnt. Am Ende des 18. Jahrhunderts stiftet ein Sigismund von Roggenbach zwei Statuen für die Grotte, eine stellt die Heilige dar, die andere einen Bären. Auch der Bär habe in dieser Höhle Schutz gesucht (Genau diese Darstellung findet sich auch in der Höhleneinsiedelei von Saint-Ursanne).

Der Ort hat natürlich eine noch viel weiter zurückreichende Vorgeschichte. Die zahlreichen Grabungen haben, trotz aller Widrigkeiten, zu Tage gebracht, was noch da war. Manches reichte noch bis zurück ins Neolithikum. Tonscherben scheinen in die Bronzezeit zu verweisen, aber auch Römisches und Mittelalterliches fand sich.

 
 
 

 

Literatur:

Gigon, Raymond, avec la collaboration de Rémy Wenger INVENTAIRE SPÉLÉOLOGIQUE DE LA SUISSE II. CANTON DE JURA, Porrentruy 1986
Dancourt, A. Villes et villages du Jura bernois, in: Archives suisses des Traditions populaires jurassiennes

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