Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die chapelle Sainte Radegonde in Chinon
Am Ufer der Vienne liegt die alte Stadt Chinon mit den Ruinen eines mittelalterlichen Schlosses darüber. Beim östlichen Ortsrand sieht man oberhalb der Stadt in dem großen Talhang ein Gebäude in den Felsen gebaut. Der Weg dorthin ist markiert. Von der Teerstraße geht es am Ende auf ein Schottersträßlein, das an verfallenen Felskellern und Resten von Höhlenwohnungen direkt bis vor die Kapelle führt. Dort ist ein kleiner Wendeplatz, so daß man sogar mit dem Auto hinfahren könnte.
Die Kapelle ist verschlossen, aber im Höhlenhaus nebenan ist oft die Kustodin anwesend, die den Besucher voller Sachverstand und Freundlichkeit für einen kleinen Obulus (2005 waren es 2 ) durch das Anwesen führt. Seit 30 Jahren macht sie das nun schon, Frau Dorothee Kleinmann aus Darmstadt in Deutschland.
Im Haus neben der Kapelle
Der Ort hat eine bald 2000 Jahre dauernde Geschichte. Ursprünglich war hier wohl das noch aus keltischer Zeit stammende Brunnenheiligtum. Noch heute kommt man diesem unten mit Wasser gefüllten Treppenschacht vorbei, wenn man sich durch die ganze Anlage führen läßt. Im 6. Jahrhundert wurde dieser frühere heidnische Kultplatz, so heißt es jedenfalls in der Beschreibung, christianisiert. Ein Einsiedler ließ sich dort nieder, ein Jean le Reclus oder auch Jean de Chinon. Während dieser Zeit soll er von Radegunde, auf französisch Radegonde, besucht worden sein.
Im 12. Jahrhundert wurde, wahrscheinlich auf Anregung von Aliénor d'Aquitaine, der gerade aus einer langen Gefangenschaft entlassen worden war, die ehemalige Eremitenzelle in eine zweischiffige Kirche erweitert, wobei das zweite Schiff außerhalb der künstlichen Höhle angebaut wurde. An der Felswand wurde ein viel beachtetes Fresko angebracht, das eine Gruppe von Menschen zeigt, die das königliche Gefolge darstellen soll. Es läßt sich auf das Ende des 12. Jahrhunderts datieren.
Im 17. Jahrhundert erlebt die Örtlichkeit eine Wiederbelebung, als dort ein Domherr einzog, als sich ein Radegundenkult neu entwickelt hatte, angeregt von Anne von Österreich. Aus dieser Zeit stammen die Wandgemälde, die die Wunder der Heiligen zeigen. In den unterirdischen Räumen neben der Kapelle wurde ein Backofen errichtet und eine Weinpresse betrieben.
In der französischen Revolution wurde das Anwesen verkauft und verfiel allmählich. 1879 wurde es wieder durch eine Frau aus Chinon, Elisabeth Charre, hergerichtet. Später erlitt es wieder ein ähnliches Schicksal. Erst nach 1975, als es den "Amis du Vieux Chinon" von der Gemeinde zur Betreuung übergeben wurde, ging es wieder bergauf. Vor allem ist das der oben schon erwähnten Dorothee zu verdanken, die sich aufopfernd für die diesen raren Ort engagiert. Ich kann ihr nur noch viele Lebensjahre wünschen, die es ihr möglich machen, sich bei bester Gesundheit hier nützlich zu machen!
Literatur:
Kleinmann, Dorothee | Radegunde |
Links:
http://www.francebalade.com/valvienne/chinon.htm
http://perso.wanadoo.fr/chinonhistoire.org/sujets/visites/ste_rad/radegond.htm
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