Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Labyrinthe in Australien
Wo ist das Ende der Welt? Örtlich gesehen? Auf einem Geoid (normal heißt es ja, die Erde sei eine Kugel, was aber nicht stimmt, schaut sie Euch doch an!) ist es eigentlich nicht auszumachen. Aber möglichst weit weg von uns. Da könnte auch Tasmanien in Frage kommen für uns. Und bist du dann da, dann findest du trotzdem lauter Sachen, die dir schon zu Hause bekannt vorkommen, Labyrinthe zum Beispiel.
Im August 2006 besuchte ich einmal Tasmanien, diese herrliche Insel, und fand gleich an mehreren Stellen Labyrinthe. Im Nordwesten der Insel zwischen Marrawah und Smithton liegt ein großes "sinkhole", eine große Erdvertiefung, die allseitig nach unten geht und alles, was hineinfällt, erst einmal drinnen bleibt. Es gibt keinen Ausgang. "Dismal swamp" heißt die Stelle (dismal: düster, trübe, bedrückend, trostlos, furchtbar, verräterisch - swamp: Sumpf, Moor). Ein Reich düsterer Assoziationen, einmal hineingetreten und für ewig von ihm verschlungen... Jetzt jedenfalls ist es eine Naturattraktion, die nicht mehr frei zugänglich ist, sondern die im heute geförderten Stil touristisch ausgeschlachtet wird. Alles ist ökologisch höchst sensibel gestaltet, modernste Architektur macht sogar die Eintritts- und Verwaltungsanlage in ihrem Stelzengehäuse zu einem Erlebnis - und der Abstieg zum Sumpf ist entweder über eine Treppe oder über eine Funrutsche möglich. Unter ist dann auch eine Region, die sich "MAZE" nennt und die eigentlich das gewesen wäre, was mich interessiert hat. 20 AUS-$ wollten die Eintritt dafür und das war mir zuviel Geld. Ich finde, daß heute viele Preise zu hoch angesetzt sind für das, was dann vielleicht geboten wird. Da gibt es sicherlich genug Leute, die das tun können, was auf englisch "to pay through the nose" heißt, aber ich denk da schon drüber nach. Ich bin wieder gefahren.
Die TOURING MAP "TASMANIA" des RACT, die im Jahre 2006 viele Touristen bekommen haben, enthält im nördlichen Abschnitt von Tasmanien, südlich von Ulverstone und westlich von Sheffield in der Nähe von Staverton die Eintragung "MAZE". Ich hab es zwar gesehen, wollte auch hin, aber war die Beschilderung unglücklich, ich nahm die falsche Straße, umkehren war lange nicht möglich, so fuhr ich weiter.
Aus dem Internet hatte ich den Hinweis auf ein
Labyrinth in Lorinna gefunden - und den Ort schlage ich für
"das Ende der Welt" vor. Die "gravel road"
dorthin zweigt von der Teerstraße von Staverton Richtung Mole
Creek nach rechts ab. Wir waren hier im nördlichen Vorland der
Cradle Mountains. "Unberührt" ist da auch nix mehr.
Ein Stausee in der Tiefe des Tales unter uns zeigte das. Erst war
die gravel road ja noch gut fahrbar, aber später wurde sie immer
schmaler. Sie war gefräst in die Steilflanke eines Berges, den
wir nur ahnen konnten. Weit unten glänzte das Wasser des
Stausees. Einspurig ging es da runter und ich konnte nur hoffen,
daß keiner mir entgegenkam. Ausweichen, wo? Nirgends. Ich
vertraute auf mein Glück und schaffte es mit dem Campervan
hinunter bis zu der kleinen Streusiedlung "Lorinna".
Hier ein Haus, das ein Häuschen. Da, am Straßenrand, ein Schild
"Ladybird Lane". Da wollten wir hin. Umdrehen,
hinfahren. Es blieb gravel road. Da sollte ein Labyrinth sein?
Right in the middle of nowhere? Nirgends auch nur eine Nase zu
sehen, da rührte sich was, ein Pickuptruck. Der war wohl genauso
wie wir überrascht, daß da eine Menschenseele war, hielt an,
kam heraus, grüßte uns. Ein Campervan in Lorinna? Ich erzählt
ihm, daß ich auf der Suche nach einem Labyrinth sei, was bei ihm
zu einem vollkommen entspannten Gesichtsausdruck führte. Wir
waren unabsichtlich praktisch an der Stelle zum Stehen gekommen,
wo es war. Der Pickupfahrer stellte sich als pensionierter
Minenarbeiter heraus, um die 40 Jahre alt!, der sich in die
Weltabgeschiedenheit hier zurückgezogen hatte, ohne Frau, aber
mit Hund. Ihm schien es gut zu gehen. Er hatte sich von dem
Gesparten ein Haus nicht weit entfernt in den Wäldern gekauft
und lebte dort - mit Funkverbindung nach draußen. Wen man nicht
alles trifft, wenn man auf der Suche nach Labyrinthen ist!
Wunderbar!
Carol Mcdonough, die Eigentümerin des Grundes auf dem sich das
Labyrinth befindet, war nicht da. Weit offen stand das Tor, durch
das wir eintraten. Langsam gingen wir Richtung Haus und
Labyrinth. Nichts rührte sich.
Ich habe ja schon viel erlebt. Einmal schallte es aus der
gegenüberliegenden Talseite, daß er gleich schießen würde,
wenn wir weitergingen, weil der unsichtbare Schütze meinte,
endlich die Heudiebe gefaßt zu haben, für die er sich auf die
Lauer gelegt hatte. Dabei waren wir nur harmlose Höhlenforscher,
die zu einer Höhle im Salzburgischen unterwegs gewesen waren.
Das Labyrinth war gleich auszumachen. Es kommt offenbar in die
Jahre. Die Steine liegen da, der Weg ist abgesteckt, aber das
Grün rundum ist einfach lebendig, wächst, wuchert,
überwuchert. Ich bin einfach den vorzeichneten Weg gegangen,
hinein und hinaus. Mehr nicht. Und hab noch ein paar Fotos davon
gemacht. Ich hatte das Gefühl, daß der Labyrinthweg schon
einige Zeit nicht mehr begangen worden ist. Die Gräser war alle
ungeknickt, die Äste eines Baums, der immer mehr in die Breite
sich entwickelt, zwingen zum kräftigen Sichbeugen, um
einigermaßen seinem Weg noch folgen zu können. In der Mitte
eine kleine Überraschung. Unter einem kleinen Steinhaufen, der
sie markiert, unter einer Art Steinüberhang, ein kleiner Buddha.
Stilles Zurückgehen von der Mitte. Ein Highlight der
Tasmanienreise.
Der Stausee bei Lorinna | |
Tage später. In Richmond, einem Ort, von dem ich erst jetzt, Wochen später, im lonely planet gelesen habe, daß es sich um "Tasmania's premier historic town" gehandelt hat, obwohl schon sehr auffallend war, daß es da wie in England ausgesehen hat, gibt es eine Stelle, der für Labyrinthenthusiasten "a must" darstellt. "The maze" steht da an einer Bretterwand. Da gäbe es sicherlich viel darüber zu recherchieren und zu erzählen.
Als Besucher bekamen wir halt mit, daß es durch
einen Raum ging, der mich unmittelbar und unabdingbar an diese
wunderbaren Räume in England erinnert habe, wo diese lieben
alten Damen Tee servieren und Scones und das zu Preisen, und die
eigentlich gar nicht am "Geschäft", sondern viel mehr
am "Gespräch" interessiert sind, die man als
wirtschaftsherabgeschockter Deutscher gar nicht mehr für
möglich gehalten hat. Ich habe sofort "inne gehalten".
Wer das da tut, der spart sofort Tausende von Euros für den
persönlichen Coach, die nächste Selbsthilfe-, Therapie-,
Selbstfindungsgruppe, den Beichtvater, spart sich schlaflose
Nächte. Oder was sonst in diese Richtung geht. Alfred hat was
mit einem "Pflugmann" verspeist, ich habe die Quiche
auf dem Teller gesucht neben den wedges.
Das Labyrinth besteht aus zwei Teilen: Labyrinth 1 und Labyrinth
2. Stammen aus zwei Zeitepochen. Überall gibt es eine Mitte. Mal
findet man sich selbst im Spiegel, mal den Minotaurus. Gut zu
Fuß darf man sein und Durchhaltevermögen muß man mitbringen.
Kommentar eines Besuchers: "Ich habe erlebt, welche Fehler
ich immer wieder mache." Eine wertvolle Erkenntnis. Er hat
sich den Schnellausstieg aus dem
Weg-aus-dem-nicht-wissen-wo-es-Hinausgeht genehmigt, in dem er
unter den Bretterwänden, die den WEG eigentlich abgesteckt
hätten, unterkrochen hat. Wer bin ich? Wer bin ich wirklich?
Spannende Momente.
Das starke Erlebnis war einfach durch die "Wirtsleute" bedingt, so würden wir hier in Bayern sagen. Sie sind wohl schon die zehnten Pächter des Ortes. Da hatte mal einer eine gute Idee, hat sich verwirklicht, aber wirtschaftlich hat das alles nicht getragen. So wechseln die Betreiber. Die Derzeitigen kommen aus England, "Devonshire Tea", und machen ihre Sache wohl ganz gut. Freundliche Leut sinds. Und man bekommt am Ende sogar ein Zuckerl, wenn man dem Minotauer ins Auge geschaut hat. Und ein handgeschriebenes Bucheinmerkerl.
Domestizierte tiefe Erfahrung.
Kleine Ergänzung:
In Alice Springs und Cairns bin ich noch dreimal auf Labyrinthe gestoßen...
2008 war ich zum zweiten Male in Australien unterwegs und wieder besuchte ich auf den Weg von Perth nach Sydney eine ganze Reihe von Labyrinthen, klassische und mehr dem Irrgartentyp zuzuordnende.
Adelaide, South Australia Northfield Primary School |
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Adelaide, South Australia Belair Maze |
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Adelaide, South Australia Blackwood Uniting Church |
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Mintaro Maze, South Australia | |||
Warrnambool, Victoria Hier war wohl mal ein Labyrinth |
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Warrnambool, Victoria Hier ist noch eines |
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North Narooma, NSW bei Ecotel |
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Paynesville, Victoria St Peter's By the Lake Anglican Church |
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Perth, Western Australia St Aidan's Uniting Church Claremont |
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Arthurs Seat, Victoria Enchanted Maze - Theme Gardens, Topiary & Sculptural Creations |
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Ashcombe Maze, Victoria South and North Maze |
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Rose Maze | |||
Lavender Labyrinth | |||
AMAZE N GAMES ON
BELLARINE - Home Victoria |
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Boranup Forest Maze, Margaret River Western Australia |
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Denmark Maze Western Australia |
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Canberra Duntroon Maze |
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Wanneroo, Western Australia The Maze Perth Tourist Attraction Mini Golf, Iguana Cafe, Picnic Areas |
Anmerkungen:
Labyrinth im Bundaleer Forest bei Jamestown, South Australia | Wo sich dieses Labyrinth befinden soll, das wissen die Götter. Angeblich ist es Teil des sculpure walks, aber trotz eifrigster Suche konnten wir es im August 2008 nicht ausmachen. |
Labyrinthstruktur auf einem Aboringesgemälde
Literatur:
Links:
Enchanted Maze - Theme Gardens, Topiary & Sculptural Creations
The Maze Perth Tourist Attraction Mini Golf, Iguana Cafe, Picnic Areas
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