Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Geocaching und Höhle
Geocache in einer Höhle an der türkischen Südküste
Geocaching ist ein Schatzsuchspiel, eine moderne Form der Schnitzeljagd, die sich in der realen Welt abspielt und GPS-fähige Geräte verwendet. Die Teilnehmer versuchen den "Geocache", einen an irgendeiner Stelle versteckten Behälter, zu finden, in dem sie sich nach bestimmten GPS-Koordinaten richten.
In der Praxis befinden sich in diesen Behältern oft Gegenstände, die man mitnimmt, sie durch andere ersetzt, und in einem anderen Geocache wieder weitergibt. So ergeben sich oft verblüffende Kontakt rund um die Welt. Außerdem dokumentiert man den Fund im Internet.
Die größte Sammlung von Geocaches befindet sich unter geocaching.com im Internet. Im November 2009 waren es noch 900.000 Einträge, im Mai 2011 waren es bereits 1.374.405.
Es gibt unterschiedliche Cachearten:
- einfache (die sind praktisch mit dem Auto erreichbar)
- nur mit speziellem Equipment erreichbar (z.B. mit Bergsteiger-
oder Schnorchelausrüstung)
- Rätselcaches (erfordern Recherche und Knobelei vor Ort oder
bereits vorher):
Als Gemeinsamkeit gilt das Spaßhaben, Spaß am Unterwegssein, am Draußensein, Spaß an der Suche und an der Knobelei, Spaß an den Herausforderungen, Spaß am Austausch mit anderen Geocachern - über Logbucheinträge, Webseiten, Foren oder auf persönlichen Treffen, den sog. Event-Caches.
Begonnen hat die ganze Geschichte mit der Entwicklung des GPS (Global-Postioning System) durch das amerikanische Verteidigungsministerium für militärische Zwecke. Im Mai 2000 kündigte der damalige Präsident Clinton an, daß das SA-System, das künstlich Fehler in die Satellitensignale einführte, abgeschaltet würde. Somit standen allen, die ein entsprechendes Gerät hatten, ziemlich genaue Positionsdaten zur Verfügung (bis auf ca. 10 m genau). Bereits am 3. Mai 2000 schlug Dave Ulmer vor, das Ableben dieser Schikane zu feiern. Er versteckte einen Pott mit Krimskram in den Wäldern bei Portland/Oregon und veröffentlichte die Position des Verstecks im Internet. Binnen einen Tages wurde der Pott gefunden. Die Idee entwickelte sich schnell weiter und am 30. Mai war bereits der neue Name für die Bewegung gefunden: Geocaching, vorgeschlagen von Matt Stum.
Es gibt eine gute Webseite, wo das alles nachzulesen ist....
Zwei Begriffe noch, die in der Literatur auftauchen, aber für einen Außenstehenden nicht verständlich sind:
Multi-Cache: Die Koordinaten des Versteckes sind zu Beginn der Suche nicht bekannt. Man muss sie sich erst durch das Finden verschiedener Stationen "erarbeiten".
Earth Cache: Sie liegen an geologisch interessanten Punkten und hat deren Koordinaten. Dort ist aber kein Cachebehälter, sondern man muß andere Logbedingungen erfüllen. In den meisten Fällen muß man sich vor Ort fotographieren und das Bild im Internet zusammen mit dem Log einstellen. EC können nur gelegt werden, wenn der Punkt z.B. als Geotop geführt wird und in der Lister des jeweiligen Staatsministeriums für Umwelt auch gelistet ist.
Den psychologischen Hintergrund gut ausleuchtend beschrieb eine ungenannt bleiben wollende Ex-Journalistin das GC einmal so: "Geocaching spiegelt die Sehnsucht des Menschen nach Wildnis wider, in der Unsichtbares auf ihn wartet. Das Zeitalter der großen Entdecker mag vorbei sein, aber das der vielen kleinen ist zum Leben erweckt worden. Indiana Jones für jedermann. Die Abwesenheit von Produktivität verleiht GC einen infantilen Charakter."
Nützliche Seiten entdecken trotzdem schon einige. Man muß nur auf der Webseite der SPELEOTEK nachschauen. Da bietet Jörg Obendorf schon sein Klettersortiment für den Geocacher an. Die Kampagne gegen Diabetes kooperiert mit der Internetseite Geocaching.com und Medienpädagogen setzen es schon zur Förderung der Gruppendynamik bei Jugendlichen.
Was hat dieses moderne Phänomen mit "Höhlen" zu tun? Ein Blick ins Internet zeigt sofort, inzwischen durchaus. Den Geocache kann ja jeder irgendwohin legen, so auch an Höhleneingänge oder gar auch tief hinein.
Das hat schon zu Unglücksfällen geführt, wenn sich Leute auf der Suche nach den Geocaches auf ein Terrain begeben, das manchmal Fehler überhaupt nicht verzeiht. Wenn man zum Beispiel in einen Schacht hinabsteigt, dann muß man die Technik dazu beherrschen. Wenn man das nicht tut, dann bleibt man vielleicht eingeschlossen unten, weil man nicht mehr hinaufkommt. Oder fällt gar hinunter, verletzt sich oder stirbt gar. Was als harmloses Suchspiel begann, das kann zum tödlichen Ernstfall werden.
Das ist alles schon passiert. In der Breitensteiner Bäuerin
auf der Fränkischen Alb war ein Cache am Schachtgrund versteckt.
Am 26. Juni 2010 löste ein Amerikaner, der mit seinen Kameraden
die Breitensteiner Bäuerin auf der Fränkischen Alb besucht
hatte, einen Höhlenrettungseinsatz aus. Die dreiköpfige Gruppe
war bereits um 9 Uhr in der Frühe eingestiegen. Liest man den
Cacheeintrag des Amerikaners, das sollte man unbedingt tun, dann
war da jemand, der sich wohl gut auskannte. Er hatte 2 Seile
dabei, der erste Abstieg verlief reibungslos, für den zweiten
hatte er ein 50 m Seil dabei. Er versuchte es am Doppelseil,
merkte, daß es nicht bis zum Grund reichte, stieg zurück,
unternahm den zweiten Versuch am Einfachseil. Sein Fehler war,
daß er dachte, daß Prusikschlingen ausreichen würden, was aber
nicht stimmte. Er schickte einen Freund los, um ihm Yümars oder
ähnliche Geräte zu besorgen im Geschäft. Allein, der deutsche
Ladenschluß am Samstag. Um 13 Uhr ist alles zu. Dafür hatte der
Amerikaner nur den Kommentar übrig: "lame". So wurde
die Polizei verständigt, die Feuerwehr, die Bergwacht, die
Höhlenrettung und auch noch das Rote Kreuz. 50 Leute erschienen,
um ihn aus dem Loch zu kriegen. Sie gaben ihm ein paar Jümars
und mit denen kletterte er mit eigener Kraft aus dem Schacht.
Der Cache wurde aus der Höhle geholt und am Eingang
niedergelegt, zusammen mit einer Stellungnahme des Landesverbands
Bayern der Höhlenforscher. Wer sie lesen will, der soll im
Internet nachschauen. Die vertretene Position ist sehr angemessen
und versucht mit dem nicht einfachen Sachverhalt adäquat
umzugehen.
In der Schweiz gab es einmal einen Unfall in einer schwierigen Höhle mit einem "5er"-Geocache, eine Frau hängte sich die Schulter aus, der eine diffizile Problematik aufzeigt, und der eine zwölfstündige Rettung nach sich zog. Die Frau betreibt GC (das Akronym für Geocaching), aber für sie war das ein Höhlenunfall und kein GC-Unfall. Sie wollte das GC nicht in Verruf bringen. http://www.swissgeocache.ch/forum/index.php?showtopic=8985
Einen Cache in einem Höhlenschacht unterzubringen, das hat was für sich. Face the challenge - heißt das auf Englisch. Mit einem GPS-Gerät durch das Gelände zu laufen, das kann auch ziemlich unaufregend sein. Persönliche Leistung ist da meist nicht gefragt, man folgt ja nur den Daten aus dem Gerät. So verstärkt man am Ende halt den Reiz, zwingt den Geocacher dazu, ins Innere der Erde einzudringen. Schächte sind dazu sehr geeignet. In Saarland ist etwas ganz Ähnliches passiert. Die "Grotte St. Barbe" fordert zum Beispiel "das sichere Beherrschen der Klettertechnik". An der tiefsten Stelle sei ein Abseilen über 17 m nötig und dann ein anschließendes Wiederaufsteigen, wieder 17 m am Seil. Wegen eines Unfalls soll nun die Höhle geschlossen werden, so heißt es im Internet.
In der Sächsischen Schweiz kann man sich durch einen Geocache
zur sog. "Tiefen Höhle" führen lassen. Natürlich
wird man vorher im Internet ausführlich auf die
Höhlenbenimmregeln hingewiesen, man wird über
"Gefahren" und "Ausrüstung" aufgeklärt.
Pure Selbstverständlichkeiten muß man heutzutage wohl schon
hinschreiben, damit sie vielleicht jemand zur Kenntnis nimmt:
"Denkt bereits beim Einfahren in die Höhle daran, daß ihr
den Weg auch wieder hinauf müßt!"
Die Rückmeldungen im Internet gehören ja zur Kernphilosophie
des Geocachens. Das liest sich dann etwa so: "Die
Höhle...war wesentlicher tiefer und herausfordernder als
vermutet.." Gut, daß sie wieder gut herausgekommen sind!
Sorgen bereitet das Geocaching auch für den Umgang mit "Künstlichen Höhlen". Davon gibt es viele Erscheinungsformen: Keller, Tunnels, Kanäle, Stollen, Bergwerke, Erdställe..... Seitdem einige davon mit Geocaches versehen worden sind, steigt die Frequenz der Besuche. Das ist an sich nur neutral zu sehen, aber die Erfahrung an so manchem Ort hat leider gezeigt, daß da Leute hingehen, die der reinen Rein-Raus-Lebensphilosophie nichtrein anhängen. So häuft sich der Müll an manchen Stellen, werden auf der verzweifelten Suche nach den unbekannten Stellen, wo die schließlich mit großem Eifer gesuchten Plastikschachteln mit auswechselbarem Inhalt denn wirklich sind, so manche Erdflecken an inzwischen auch schon üble Blüten treibenden "Privateigentum" an unserer knappen Erdoberfläche nicht mehr schrankenlos respektiert. Probleme treten dann insbesondere auf, wenn einige Unbekannte anfangen, ihren Aufenthalt in den unterirdischen Räumen zu "verewigen". Letztlich haben das ja die Höhlenmaler auch schon gemacht, aber uns Heutigen wird das noch nicht so zugestanden, von wem denn eigentlich? Vielleicht braucht es da bald auch eine "Expertenkommission" wie bei der "Atomenergie" im Moment (2011 geschrieben).
Wer schon einmal etwas in einer Landschaft gesucht, und dann
nicht gefunden hat, der weiß auch ganzkörperlich, vollsinnlich,
was das mit einem macht. Solche Erfahrungen sollte man machen!
Nicht immer nur der nachkommenden Generation so ein Erlebnis
ersparen! Schule?
Geocaching kann einem viele dieser Frusterlebnisse ersparen,
läßt einen eher finden, was "man" sucht. Aber
wirkliches "Suchen" und wirkliches "Finden"
braucht gerade den "Umweg", das "Verirren",
das "Nicht-mehr-wissen-wo-man-ist".
Und da taucht dann gelegentlich etwas auf, was noch viel wichtiger ist, das "Überraschende", das "Unerwartete", das "Was-noch-keiner-vorher-gesehen-Hat", das "Neuland"! Das gibt es! Findet es!
Das Ende vom Lied / Am Eingang zum Alfelder Windloch
In einer Höhle der Fränkischen Alb stießen wir während der Forschungstage 2019 der FHKF unvermittelt auf einen Geocache, von dessen Existenz wir keinerlei Ahnung gehabt hatten. Als da plötzlich eine Zargesbox auf Holzschienen auftauchte, da waren wir äußerst überrascht. Die Spekulationen über den Inhalt schwankten zwischen Totenkopf und Giftgas. Was dann tatsächlich drinnen war, das ist wohl in erster Linie für Geocachefreaks, ein Tagebuch, eine Medaillie aus Metall und Flüssigkeiten in Aluminiumdosen, um die jeder, der Alkohol aus dem Weg geht, auch wenn es nach uraltem Rezept gebraut worden ist, einen weiten Bogen machen wird. Wir stellten alles (fast) wieder zurück in das enge Loch, sagen hier trotzdem nicht, wo das ist. Eine tolle Überraschung wartet auf den, der den Cache findet!
Höhlen mit Geocachebezug in unserem Katastergebiet (Bayerische Alpen):
Höhlen mit Geocachebezug in anderen Regionen:
Mariengrotten:
Künstliche Hohlräume:
Altes Bergwerk Feigenstein: http://www.geocaching.com/seek/cache_details.aspx?guid=1070bae5-5a14-45b1-afa1-01ccf9eccab7
Salzburgs längster Tunnel: http://www.geocaching.com/seek/cache_details.aspx?guid=5d9dbe59-9d56-4476-9efb-d0b36807e341
Salzburgs Katakomben: http://www.geocaching.com/seek/cache_details.aspx?guid=bd7c918e-6e88-4f97-a665-396e6a8e10f0
Literatur:
Passig, Kathrin, Scholz, Aleks | Verirren - Eine Anleitung für Anfänger und Fortgeschrittene, rowohlt Berlin 2010 |
Links:
http://jr849.de/allgemein/hoehlencaches-in-bayern-im-visier/
http://www.opencaching.de/viewcache.php?cacheid=121807
http://www.geocaching-franken.de/twitter-news/3540/
http://news.geocaching-portal.com/Saarfuchs_on_Tour!/2011/04/02/Grotte_St._Barbe
http://www.opencachingspain.es/viewcache.php?cacheid=139609
http://www.geoclub.de/viewtopic.php?f=93&t=44321
https://www.geocaching.com/bookmarks/view.aspx?guid=c7fa42e3-4ec8-443c-99ce-dbecd0bbe5e5
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