Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Steinbruch von Orosei

Auf dem Weg von Olbia in den Südosten Sardiniens, Richtung Dorgali und Cala Gonone, liegt rechts der Straße in der Nähe von Orosei ein immer größer werdender Kalksteinbruch. Es lohnt sich, dort halt zu machen und sich umzusehen. Wie selten wo anders auf der Erde ist hier ein Einblick in die uns meist verschlossen bleibende Welt im Innern der Erde möglich. Höhlen, also durch natürliche Vorgänge entstandene Hohlräume im Gestein, gelten ja gemeinhin nur als solche, wenn sie auch vom Menschen begangen werden können. Deshalb heißt es ja, daß die "Höhle" eigentlich ein anthropozentrischer Begriff sei.

In diesem Steinbruch sprengt man nicht einfach den Fels und fährt ihn als brockenweise zur weiteren Verarbeitung irgendwohin, sondern zersägt das Gestein. Auf diese Weise bleiben die Seitenwände stehen und es werden einzigartige Einblicke auch in die Welt unterhalb des Niveaus der "Höhlen" jedem möglich, in die feine Welt der Spalten und Risse im Gestein. Die sich zum Teil immer mehr öffnen, aber auch gleich wieder z.B. durch Erde, Lehm oder Sinter wieder geschlossen werden. Man bekommt einmalige Querschnitte der Unterwelt zum Sehen.

Das hat alles auch mit "Höhlenschutz" zu tun, denn der Steinbruck ist natürlich die nackte "Höhlenzerstörung". Hier bleibt nichts mehr übrig von den Höhlen. Erstaunlich ist schon, wieviele Hohlräume es da eigentlich gibt, und das Gefühl hat mich beschlichen, daß es sicherlich nicht sinnvoll wäre, alle "am Leben erhalten zu wollen". Wir brauchen die Steine, und irgendwoher müssen sie ja kommen. Die ganzen Hohlräume stören ja wohl mehr, als daß man sie dort gerne sehen würde, weil die Homogenität des Gesteins nicht mehr gegeben ist, und man wohl deswegen sogar noch mehr abbauen muß als sonst notwendig wäre. Eine interessante Frage ist auch das Schicksal des ganzen Sinters, der da zutage tritt. Sollte man hier nicht all sein angelerntes Verhalten wieder umstellen und hier kräftig zum Einsammeln gehen? Damit man den Sinter rettet, der ansonsten ja irgendwo nur unter geht.

Ein paar Bilder: