Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

"Der Klang der Steine"


Zu dieser Tagung mit Prof. Klaus Feßmann vom 1. bis 3. Februar 2002 in Salzburg lud die Evangelische Akademie Tutzing ein, die sie mit der Universität Mozarteum durchführte.

Für einen Höhlenforscher ein faszinierendes Thema, denn er ist ja im Grunde der Spezialist für das Innere der Steine. Es gibt sonst keinen, der sich so gut im Innern der natürlich aufgeschlossenen Erdrinde auskennt. Und er kennt die Klänge im Innern der Erde, kann sie immer hören, wenn er sich mal darauf konzentriert, und, wenn gerade kein Geräusch da ist, dann hört er die Stille, etwas, was uns heute in unserer hektischen Überschallwelt immer mehr verloren geht. Und nun "Klänge"? Das ist uns ja auch sehr vertraut, z.B. von den Sinterfahnen her, die zu klingen anfangen, wenn wir an sie schlagen.

Nun beschäftigt sich ein Heidelberger Professor sowohl in künstlerischer als auch wissenschaftlicher Weise mit dem Stein. Klingende Steine haben eine uralte Tradition, die aber weitgehend wieder verloren gegangen ist. Die Chinesen kannten schon mehr als 1000 vor Christus Steininstrumente und benannten die Klänge, die den Raum dann ausfüllten, mit einem Namen, der in eine ganz andere Sinnesdimension geht, als "Ohrenlicht". Die Steinklänge haben schon etwas ganz besonderes, haben keine Obertöne, sind nahezu reine Sinustöne, haben, so der Einladungstext zur Tagung, "eine völlig andere Art von Natürlichkeit und Reinheit".

Die Tagung begann am Freitag abend mit einem Grußwort des Rektors der Universität Mozarteum Salzburg, Herrn Dr. Roland Haas, und einem Einführungsvortrag über "KlangSteine" von Prof. Feßmann. Leider habe ich den längsten Teil des Abends nicht mehr mitbekommen, weil ich durch Salzburg irrte, um den Veranstaltungsort zu finden. Da stand nämlich verwirrenderweise, daß der "Tagungsraum im Mozarteum zur Verfügung gestellt" worden sei, und als ich dort herum suchte, war alles nur dunkel und zu. Beim zweiten Lesen der Einladung stieß ich natürlich auf den Hinweis, daß die Tagung im Orff-Institut stattfinde, aber das war nun auch nicht gerade leicht zu finden. Ich mäandrierte mich dorthin, was aber ganz schön an den Nerven sägend war. Jedenfalls kam ich noch rechtzeitig genug, um eine erste Musikperformance von Feßmann zu erleben. Fantastisch! Der stumme Stein begann unter den zarten Streichelbewegungen des vor ihm knieenden Mannes, zuerst nur ganz leise, dann aber immer lauter werdend, wunderbare Klänge von sich zu geben. Zwischendrin sauste die Hand schnell wieder in eine Wasserschüssel und wurde wieder befeuchtet, dann ging es gleich wieder weiter. Was nicht für ein Klangpotential in so einem Klotz Serpentinit steckt! Die Ohren waren nur noch auf Empfang geschaltet. Da brauchte es keine 100 Streicher und 100 Bläser, um vor einem Wunder dieser Erde zu erschauern. Ein dunkler rätselhafter Stein war es, der da zu uns gewissermaßen "sprach" oder "sang", nicht weil man ihm etwas abpressen oder hineindrücken wollte, am ehesten noch "herauslocken" konnte. War da ein "Schamane" am Werk, der unsere Ohren öffnete?

Die Tage vergingen schnell. Referate von ausgezeichneten Referenten, zwei eindrücklichste Konzerte (eines mit einer Lesung von Gedichten von Peter Härtling ******) in der Kollegienkirche in der um diese Zeit immer wunderbar sehr verlassenen Salzburger Altstadt. Das Wort "Höhle" habe ich während der Tage überhaupt nicht gehört. Mir scheint, daß dieses Thema noch nicht in dieser neuen "Steinenthusiastenszene", die sich da zu entwickeln scheint, so bekannt ist. Zu viele andere haben sich vorgedrängt und ihre Themen eingebracht. "Rome wasn't built in a day either". Ich wollte ihn immer fragen, ob er schon mal in er Naturhöhle gespielt hätte. Aber dazu kam es nicht. Was solls. Nur einmal habe ich zumindest Lochsteine gesehen - in dem Referat von Prof. Dr. Gretel Schwörer-Kohl von der Universität Halle.

Wo stecken die "Höhlen" in diesen klingenden Steinen? Sie stecken als vom Menschen veranlaßte Spalten in den Steinblöcken. Sie wurden dort hineingefräst, nebeneinander, ließen eine Art Steinzunge jeweils stehen, die durch "tägliches, regelmäßiges Spielen weiterentwickelt" werden. Der Stein ohne Spalten würde wohl stumm bleiben, nie solche archaischen Töne von sich geben. Oder?

Ein paar Bilder von der Tagung:

Der Veranstaltungsort

- das Orff-Institut vor der Kulisse des Mühlbergs

- das Orff-Institut vor der Kulisse des
Untersbergs
 
Die Klangsteine

eigentlich der Mittelpunkt der Veranstaltung

- die Reise zum "Mittelpunkt der Erde"

und

- die Reise zum "Mittelpunkt von uns selbst",

der, so ein Zitat auf der Tagung,

"außerhalb von uns selbst liegt".

In der Kollegienkirche
Peter Härtling
Klaus Feßmann am "Stein"

Es gibt eine CD dazu: Cantus Lapidum (Anima?), 1999 erschienen.


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