Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Überschreitung Höllengebirge - vom Feuerkogel zum Hochlecken
Speläologisches im Höllengebirge, Oberösterreich
Reduziert auf Zahlen beträgt die Länge dieser Wanderung 17,7 km, 1.115 Höhenmeter Aufstiege und 1.922 Höhenmeter Abstiege habe man zu bewältigen, und das in 7 Stunden und 5 Minuten - so das Resümée von outdooractive im Internet, bezogen auf den Weg Seilbahnstation Feuerkogel - Gr. Höllkogel - Taferlklause.
Das sagt nichts und halt doch etwas. Aber was?
Ich habe unterwegs den Satz gesagt: "Das Wichtigste an der Tour sind die Pausen." Nicht das Unterwegssein hat die stärksten Eindrücke mir vermittelt, sondern das einfache Dasein, das Dasitzen, das Schauen, das Atmen, das Trinken, vielleicht auch einmal das Die-Augen-Zumachen, das Hören... Jeder ist anders und die Versuche, uns alle auf einer Skala zu ordnen, die mißglücken. Beliebt ist ja die Geschwindigkeit und da erleben wir leider alle, die Auswüchse, z.B. auf unseren Straßen. Auch diesmal. Da drängte ein rotes Autos hinter mir her, die Straße nach Weißenbach von Bad Ischl-Ebensee kommend. Erst überholte er mich, dann auch noch das vor mir fahrende Wohnmobil, dann fuhren wir hintereinander bis zur T-Kreuzung in Weißenbach, er rechts, wir links. Hatte sich dieser Zeitgenosse einen Vorsprung herausgeholt? Hatte sich vielleicht in seiner Seele ein Überlegenheitsgefühl breitgemacht, weil er "schneller" gewesen war?
So ein kleines Vorkommnis fällt einem besonders auf, wenn man die Tage zuvor durch die Wildnis des Höllengebirges gestapft ist, Stunde um Stunde um Stunde. Wer das alles möglichst schnell hinter sich bringen will, der sollte am besten gar nicht raufsteigen, sondern sich das einfach sparen und zuhause bleiben. Vielleicht ins Fitnessstudio gehen und auf einem Fahrrad strampeln. Oder sich ein Computerspiel "reinziehen". Aber das scheint nicht auszureichen. Man will schon richtig schwitzen. Unterwegs beim Abstieg vom Hochleckenhaus erzählte uns eine junge Dame, daß es einige Leute gäbe, die früh morgens schon hinauf zur Hütte aufsteigen würden, imimerhin um die 1.000 Höhenmeter, gerade mal ans Holz der Hütte klopfen würden und dann schon wieder unterwegs nach unten seinen. Auch so kann man in den Bergen unterwegs sein.
Wir, das waren Harald aus Nürnberg, und ich, in Gröbenzell bei München wohnend, machten es jedenfalls anders. Ich kam mit dem Auto über die natürlich teilweise ziemlich überfüllte Autobahn angereist, Harald mit dem Zug. Wir trafen uns am Bahnhof, wobei ich zu spät kam, weil die Staus zu lang waren. Dann ging es erst einmal in die POST zum Mittagessen, schließlich hatten wir genug Zeit, um mit Hilfe der Seilbahn auf den Feuerkogel und dann zu Fuß auf einem Plateausteig bis zur Rieder Hütte zu kommen, ehe es dunkel wurde.
An der Kasse erkundigte ich mich nach Möglichkeiten, nach einer Überschreitung des Bergzuges auf der anderen Seite wieder zurück zum Parkplatz in Ebensee zu kommen. Es hieß, da gäbe es einen Busverbindung in Weißenbach nach Bad Ischl und von dort zurück mit der Bahn nach Ebensee. Das klingt ganz einfach, war aber in der Realität doch mit allerhand Haken versehen. Ich habe es am Ende tatsächlich geschafft, allerdings ein wenig anders
Die Technik funktionierte, das Geld für den Fahrpreis war da,
ich konnte sogar den Seniorenfahrpreis nur bezahlen, auch ohne Vorlage des
Personalausweises, nachdem mir der Kassier glaubte, daß ich schon das
vorgeschriebenen Alter hätte - immerhin 1 Euro weniger. Oben konzentrierte sich
das Touristengetümmel auf die Wirtschaft bei der Feuerkogelhütte. Eine
Ruhestörung gab es noch. Wie haben die bloß den Bagger auf die Höhe gebracht,
der fleißig die Erde umwühlte, um ein neues Gebäude dort entstehen zu lassen?
Aber er war da und keine Fata Morgana. Danach wurde es still auf dem
zweistündigen Weg durch die Latschenwildnis unterhalb des Alberfeldkogels und
des Großen Höllkogels. Der neue Karst- und Dolinenwanderweg in dieser Region
blieb unbeachtet von uns.
Endlich tauchte die Rieder Hütte vor uns auf, "ein kleines alpines
Schutzhaus in Extremlage", so der Text am Hütteneingang. Es wurde ein
gemütlicher und recht informativer Abend in dem kleinen Gebäude aus Holz und
Stein. Die wenigen anderen Besucher waren schon zu Bett gegangen, als wir uns
noch ausführlich mit dem jungen Hüttenwirt vermutlich aus dem Saarland
unterhielten. Da passieren ja wirklich kaum glaubliche Sachen: ein Dame wollte
unbedingt duschen, weil sie das halt immer tut und das auch auf einer Berghütte
erwarte. Dabei haben die schwer mit der Wasserknappheit zu tun, alles Wasser
kommt nur vom Himmel und wird aufwendig zu Trinkwasser aufbereitet. Regnet es
lange nicht, ist auch kein Nass vorhanden, so einfach ist das. Und dann
schreiben diese Leute eine negative Bewertung über die Hütte ins
Internet! Alles, was hier verzehrt wird, kommt entweder mit dem
Hubschrauber oder auf dem Rücken des Personals hier her, was schnell das
Angebot begrenzt. Man macht die Knödl selber, der Kaiserschmarrn wir frisch
gebacken und auch das Brot. Mir hat es gut hier gefallen!
Am nächsten Morgen hatten wir wieder hervorragendes Wetter. Kein Wölkchen verzierte den Himmel. Wir hatten klare Sicht. Diese Überschreitung bei schlechtem Wetter bei mieser Sicht zu unternehmen, das könnte zu einer riskanten Anlegenheit werden, denn wenn man sich da einmal verlaufen hat..... Schon von der Hütte aus sind zwei Unregelmäßigkeiten im Gelände zu sehen, die Eingänge zu Höhlen sein könnten. Die Gelegenheit, da nachzusehen, ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Leider war da dann doch nichts. Eine Felsgrube, dahinter gleich die massive Wand. Egal, wir haben es versucht. Stunden ging es nun voran, erst Richtung Eiblgupf meist nur mit wenig Höhenunterschied, dann immer dem Steig entlang der steilen Wand folgend absteigend und dann sehr mühsam wieder aufwärts bis zum Grünalmkogel. Hier ist man gefordert, weil es keinen Weg mehr gibt, allenfalls Markierungen auf Karren und Felswänden. Ein Zeitgenosse, der seine Erlebnisse auf der Tour im Internet veröffentlicht hat, kam zu dem Schluß, daß wenn man die Tour mit einem Labradorhund unternehmen möchte, dieser geeignet sein müsse, in die Höhe gehoben zu werden, um über die Klettersteillen hinwegzukommen, andere ginge es nicht. So hoch kann kein Hund hüpfen!
Auf dem Grünalmkogel steht kein Gipfelkreuz, sondern ein richtiges Kunstwerk! Auf Eisenstangen sind ein paar Holzwürfel aufgespießt, eine originelle Idee. Von hier, 1.822 m hoch, geht es erst nur noch bergab, anfangs durch eine Latschenwildnis bis zur Pfaffgrabenhöhe (1.691 m), dann nach Durchquerung einer großen Senke, die "Hölle" heißt, wieder 270 Höhenmeter hinauf zur Senke zwischen Jägergupf und Brunnkogel (mit seinem riesigen Gipfelkreuz). Hier ist der Weg wieder sehr gepflegt und geschottert, so daß man fast mühelos die restlichen Meter zum Hochleckenhaus zurücklegen kann.
Als wir ankamen, da war es erst noch ruhig, dann füllte sich aber die Szene. Auf die Anfrage, ob wir übernachten könnten, hieß es erst einmal, mal sei voll belegt und habe keinen Platz mehr frei. Nach dem Hinweis, daß wir doch schon 8 Stunden Marsch hinter uns hätten, hieß es, daß man noch Platz im Winterraum hätte. Da ließen wir uns dann am Ende nieder. Seltsam, da war ich doch schon einmal. Da war doch immer noch der Ort, an dem wir bei der berühmt-berüchtigten Hochleckenhöhlenforschungstour genächtigt hatten!
Am nächsten Morgen hatten wieder herrliches Wetter, wir nahmen
diesmal nur einen Kaffee zu uns und marschierten dann talwärts. Alleine waren
wir hier wirklich nicht. Unser Ziel war die Kienklause und von dort kamen uns
scharenweise schon in der Frühe die Leute entgegen. Manche sahen wir zweimal -
einmal beim Raufgehen und dann wieder, als sie uns beim Abstieg wieder
überholten.
Bei der Kienklause gibt es ja keinen regulären öffentlichen Verkehr. Ich
versuchte es mit einer Anhalterpose und tatsächlich, nach etwa 15 Minuten,
hielt ein freundlicher älterer Herr seinen SUV an und lud uns beide ein. Er
brachte uns bis nach Weißenbach zur Bushaltestelle. Dort stiegen wir wieder aus
und informierten uns über die Abfahrtmöglichkeiten. 12.14 Uhr stand da für
die Richtung Bad Ischl. Wir liefen ein wenig der Fahrstraße entlang bis zu
einem öffenltichen Badeplatz, Harald nahm ein erfrischendes Bad im klaren
Wasser, dann aßen wir auch noch prima im Gasthaus zu mittag. Dann warteten wir
und warteten. Kein Bus kam. Ich fragte den Wirt vom nahen "Krügerl"
und der verwies mich auf den "Anrufbus". Da wurde mir schnell klar,
daß das alles nicht so ganz einfach war. In Wirklichkeit hätte ich schon
mindestens 1 Stunde vorher anrufen müssen, dann wäre auch ein Bus um diese
Zeit gekommen, wenn nicht, dann fährt auch kein Bus. Ätschibätsch. So gegen
17 Uhr wäre die nächste Gelegenheit gewesen. Harald ist ein Fuchs nicht nur
bei Fahrplänen und fand gleich heraus, daß es viel schnellere Möglichkeit
wäre, mit ihm in Richtung Norden in einem anderen Bus zu fahren, bis
Attnang-Puchberg und dann von dort mit dem Zug wieder südwärts in Richtung Bad
Ischl. Das hat dann 12 Euro 70 gekostet - gegengerechnet mit 65 Euro für ein
Taxi, das ich auch anheuern hätte können. So machte ich einen Ausflug in die
oberösterreichische Provinz, sah Dinge, Personen und Gebäude, die ich nie
vorhatte zu sehen, aber am Ende kam ich tatsächlich in Ebensee am Bahnhof an.
Ein Fußmarsch in der Mittagshitze durch den Ort lag noch vor mir, wobei ich
immer versuchte im Schatten der Häuser zu bleiben, denn ansonsten herrschten
einfach Bedingungen jeglicher Komfortzone.
Das Auto auf dem Seilbahnparkplatz war, so schien es, bis zum Schmelzpunkt aufgeheizt, aber dank der modernen Technik waren da bald wieder Verhältnisse im grünen Bereich hergestellt. 4 Stunden später war die bayerische Landeshauptstadt wieder erreicht, auch nach Passieren der Grenze beim Walserberg. Die österreichischen Behörden hatten zweimal auf der Autobahn Schilder postiert, daß alle Nebenstrecken über die Grenze zugestaut seinen, welche Lüge! Wem soll man noch trauen?
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Literatur:
Links:
https://www.alpenverein.de/DAV-Services/Huettensuche/Rieder-Huette/7025973
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