Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhliges bei Imst in Tirol, A


Imst ist ein kleiner Ort mit beinah 10.000 Einwohnern auf 827 m Seehöhe im Inntal in Tirol. Wer dem Tal vom Fernpaß her kommend und Richtung Reschenpaß/Engadin strebend, entlangfährt, der kriegt nur wenig davon mit, was hier an "Speläologischem" geboten ist. Dazu muß man schon halten und sich zu Fuß in die Umgebung aufmachen.

Wir haben das mal am 1. Dezember 2007 gemacht, wir, das waren Willi Adelung, Klaus Vater, Alfred Schlagbauer und ich. Wir haben den Wagen den Wagen in der Nähe des zentralen Ortsparkplatzes abgestellt, denn ab Samstagmittag ist dort kostenloses Parken erlaubt. Das ist nur eine Kleinigkeit, aber das dauernde Abzocken von uns, die wir auch mal in diese Gegenden fahren wollen, geht mir durchaus auf die Nerven.

Die erste höhlenkundlich wichtige Zone liegt um die Rosengartenschlucht herum. Gleich hinter der Laurentiuskirche ist ein großer Konglomeratfelsen, der sowohl rechts als auch links von einem Bach umflossen wird. Im rechten Abschnitt war ein Adventsmarkt im Aufbau, der den Auftakt zu einem "Krippenpfad" bildet. Es war noch nichts los, als wir da durchwanderten. Nur einzelne Glühbirnen warfen ein schales Lichtlein ins Innere der Holzhütten. Wir folgten dem Weglein und kamen an etlichen Felskellern vorbei. Die hatten die Menschen früherer Zeiten in die Konglomeratefelsen geschlagen und mit einer Holztür dann verschlossen. Hinter einer Tür brannte ein Licht und ein Blick auf eine Krippenszene, die dort aufgebaut war, war möglich. Die anderen Keller "düsterten" so vor sich hin.
Auf der anderen Felsseite geht es, wohlbeschildert, in die "Rosengartenschlucht". Gleich zu Anfang ist da ein Ensemble von Felsenhäusern. Die Häuser sind direkt an die Konglomeratwand gebaut, brauchen deshalb also keine gemauerte Rückseite. Manche machen den Eindruck, daß sie auch noch Fortsetzungen in das Gestein haben. Für den vorbei eilenden Besucher, wie uns, ist da leider kein genaueres Rekognostizieren möglich gewesen. Da gabs dann auch noch das "Schusterloch", so ein klassisches Wohngebäude unterm Felsen, dekorativ drapiert mit Maiskolben, die unterm Dach zur Aufbewahrung aufgehängt waren.

 
   
   

Anthropospeläologisches war an diesem Tag noch, überraschenderweise, auch direkt am Straßenrand zu finden. Eine "Bibelinitiative", die als Zielgruppe Kinder hatte, präsentierte entlang der Straße Kinderbilder zum Thema des Propheten Elias. Und wer sich auskennt, der muß nur kurz den Begleittext durchlesen. Sofort ist da auch von der "Höhle" die Rede!

Dann kam eine Holzlatte, eine Barriere, und daneben ein Schild, das uns bezeigte, daß die Rosengartenschlucht gesperrt sei, weil gerade "Winter" sei. Das Ganze war gut inszeniert, weil der offizielle Weg links vom Bach verlief. Die Bodenbretter hörten ab einer bestimmten Eisenstangenkonstruktion einfach auf und danach hätte man schon ein Engel sein müssen, um reibungslos weiterzukommen.
Wir wählten den Bodenweg. Kontakt zur Erde, wo immer es möglich ist. Tief eingehauene Stufen in den Fels der Klamm zeigten, daß schon früher Menschen dieses Stück Erde für andere haben erschließen wollen und "long lasting imprints" hinterlassen haben. Ein Schritt über den Bach - und schon war ein reibungsloses Weiterbegehen des Restes des Weges, bei vorsichtiger Vorgehensweise, jederzeit möglich. "Begehen auf eigenen Gefahr!" Vollkommen in Ordnung. (Wie ich gehört habe, ist zum Beispiel das neuseeländische Haftungsrecht ein ganz ein anderes! Was bei uns juristische Kopfsprünge erfordert, ist dort überhaupt kein Thema. Bungeejumping und und wurden schließlich dort in die Welt gesetzt. Wie läßt sich über unseren "Stimmzettel" da was tun?)

Auf unserem Weg kamen wir dann mal bei einer Fahrstraße heraus, auf der wir die Rosengartenschlucht 10 m oberhalb wieder überquerten. Sie setzte sich unterhalb von uns canyonartig spannend fort. Wir folgten einem traumhaften Weg, panoramaschwanger und sitzbankvoll. In unserm Alter, da haben wir uns gerne immer mal wieder hingesetzt. Und über alles Mögliche geredet, z.B. die Büffel in Nordamerika, General Custer, Wounded Knee....

Dann war da ein klares Schild "Blaue Grotte". EU-gefördert, stand auch irgendwo. Laut dem großen Schild am Eingang, der über eine Treppenkonstruktion zugänglichen "subterranean unit" handelt es sich hier um keine "Höhle"! Menschen haben sie geschaffen - aber wenn man diese Schilder nicht aufgestellt hätte, dann würde jeder Menschen denken, daß das ein echtes Werk der "Natur" ist! Das Problem ist da halt nur, daß sich der Mensch oft nicht als Teil der "Natur" betrachtet. Er ist ja für viele ein bisserl näher an "Gott" als der Rest. "Krone der Schöpfung"? Kaum. Und wenn er ein Loch in die Erde buddelt, dann ist das auch nichts anderes als was etwa die Elefanten am Mount Kitum in Afrika machen. Sie holen lebensnotwendige Dinge aus unserm Heimatplaneten.

Eine richtige Karsthöhle gibt es auch bei Imst. Sie wurde entdeckt, als unvermittelt der Galgenbach südwestlich der Stadt plötzlich nicht mehr da war. Das war für die betroffenen Bauern nicht unwichtig, weil sie das Wasser für die Bewässerung der Wiesen brauchten. Man ging dem Rätsel nach und fand, daß sich in einer felsigen Schlucht unvermittelt ein Loch geöffnet hatte, das bislang verborgen geblieben war, und das den gesamten Bach nun aufnahm. Heute fließt ein Teil des Wassers im alten Bachbett und ein Teil in die Höhle. In dem Ersterforschungsbericht, der vor 40 Jahren geschrieben wurde, heißt es noch, daß am Eingang ein 2 m tiefer und höchstens 1 m breiter Eingangsschacht sei. Das ist heute ganz anders. Längst ist viel Schotter in die Höhle geschwemmt worden und hat den Schacht weitgehend verfüllt. Noch immer fließt bei entsprechender Witterung viel Wasser durch die Eingangsregion, so daß ein wenigstens teilweises Naßwerden und Eintauchen in den See am Grunde nicht zu verhindern ist. Danach kann man sich wieder aufrichten und steht in einer Felskammer. In dem alten Bericht heißt es noch: "Das eindringende Bachwasser läuft durch den früher hohen..Flußgang...ab und verschwindet nach 10 Metern durch eine schmale Spalte in die Tiefe". Davon ist heute nichts mehr zu merken. Kein hoher Flußgang durch sich da mehr auf. Alles ist aufgeschottert, das Bächlein verschwindet einfach zwischen Höhlendecke und Schotterboden nach wenigen Metern. Der Blick in ein paar schmale Seitengänge ist möglich, aber deren Befahrung scheint auf den ersten Blick nicht sehr verlockend. Der sichtbare Sinterschmuck ist sehr bescheiden und man sieht, daß da einiges schon zerstört worden ist. Ein paar Nacktschnecken lungern an der Höhlenwand herum. Auffallender ist da schon der eingeschwemmte Müll. Ein gelb gestrichender Radlgepäckträger lag da im Bachbett und ein Herrenhemd klemmte unter anderem unter den Felsblöcken.

 

 

Literatur:

Mutschlechner, Georg Die Höhle bei Imst (Tirol), Die Höhle 1-1967, S. 49ff.
Kuntscher, Herbert Höhlen - Bergwerke - Heilquellen in Tirol und Vorarlberg, Steiger Verlag, Berwang 1986

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