Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Eisgrotte im Stubaital
Wo wurde zum ersten Mal das Innere eines Gletschers geöffnet, um darin Besuchern zeigen zu können, was für eine fremde Welt sich dort befindet? Vielleicht war es die Grotte im Rhône-Gletscher, vielleicht war es anderswo. Jedenfalls habe ich dort dieses Naturwunder zum ersten Male gesehen und war seither immer begeistert.
Nun ist man auch an anderen Orten darauf gekommen, Touristen dorthin zu führen, am Titlis, im Zillertal, nun auch im Stubai-Tal.
Das Stubaital mit dem größten Gletscherskigebiet Österreichs ist in 20 Minuten von Innsbruck aus auf der Brennerautobahn, Ausfahrt Schönberg, oder in 35 Minuten auf der alten Brennerstraße erreichbar. Man fährt bis zum Talschluß und von dort mit der Seilbahn hinauf auf den Berg.
In der offiziellen Wegbeschreibung geht es zur Eisgrotte von der Bergstation "Rotadlkopf" auf einem Gletscherweg hin und zurück in 90 Minuten. Als ich im September 2016 dort war, war dieser Weg gesperrt und eventuelle Besucher mußten zu Fuß die 300 Höhenmeter hinauf zur Bergstation der Eisgratbahn von den Station Gamsgarten II gehen. Relaxt war das nicht, denn es handelte sich da um eine Piste für 4-Rad-Fahrzeuge, die wegen der eingebauten PS vor keiner Steigung eine Scheu haben müssen. Als Fußgänger dagegen merkt man das schon kräftig. Da die Eisgrotte offenbar ein beliebtes Familienziel darstellt, kommen auch viele Familien vorbei, wobei dann die Hauptlast die Väter zu tragen haben, die ihre müden Sprößlinge auf ihren Schultern als letzte Maßnahme hochhieven.
Unterhalb des Eisgradstation geht es auf der anderen Seite wieder hinunter bis zum Grotteneingang am Schaufelferner (Ferner ist im Tiroler Sprachgebrauch ein anderes Wort für Gletscher).
Unter einer fußballfeldgroßen weißen Plane lugt da ein großes rundes Rohr hervor. Daneben sieht man noch eine dreieckige zweite Öffnung, den Notausgang. Ein Container steht auch noch da. Dort ist die Verwaltung untergebracht, auch die Kasse. Dort bezahlt man 5 Euro 50 (2016), bekommt eine Informationsbroschüre und einen Messingchip in die Hand gedrückt und kann losziehen. Den Chip steckt man in den Schlitz bei einem Drehkreuz, dann kann man durch und die transparenten Eingangstür aufdrücken. Ein Eistunnel nimmt einen auf, bengalisch beleuchtet. An der Wand ist ein Seil angebracht, das unsichere Geher benützen können, der Boden besteht aus Holzbrettern, auf denen man ziemlich sicher laufen kann. Man geht von Station zu Station und bekommt so allerhand über die Welt der Gletscher und ihr spannedes Inneres mit. So erfährt man etwas über "Gletschermilch", Einschlüsse im Eis, Eisschichtung, den Temperaturhaushalt und, besonders spannend, "Exoten im Gletschereis", wie Sand aus der Sahara.
Etwa in der Mitte des Rundgangs zweigt ein schmales Gangsystem ab, bei dem auf alle Pädagogik verzichtet wurde. Man soll vor allem auf die Atmosphäre, raffiniert ausgeleuchtet aufmerksam werden. Eine Spezialfirma, Bartenbach, hat sich da ausgetobt und läßt nun das Eis in ausgesuchten Farben des Regenbogens leuchten. Das ist ein Manko in dieser "Grotte". Was nämlich in anderen unterirdischen Gletscherräumen so faszinierend ist, nämlich daß das Tageslicht durch die Eisschichten von oben hereinkommt und manchmal ein überwältigendes Azurblau das Gewölbe über einem färbt, das fällt natürlicherweise weg, wohl auch wegen der Abdeckung mit der Plane. Auf "Natürlichkeit" sollte man in so einem Kunstgebilde ohnehin nicht pochen. Nicht umsonst hat sie mich mehr an die Grotte in Schloß Linderhof erinnert als an eine Eishöhle. Das passen dann die kleinen Extras für die Kinder wie der Thron mit dem Eisbärenfell sie die berühmte Faust aufs Auge - man richtet sich nach der Zielgruppe.
Der Besuch lohnt sich - trotzdem.
Eingang in die Eisgrotte | ||
Literatur:
Wintersport Tirol AG & Co, Stubaier Gletscherbahnen KG | Faszination Gletscher, Neustift ohne Jahresangabe |
Links:
https://www.stubaier-gletscher.com/aktivitaet/eisgrotte/?tx_wcbookingemov2_main%5Binfrastructure%5D=
http://www.bartenbach.com/projekte/sonderbereiche/projekt/eisgrotte-am-stubaier-gletscher.html
Landschaft und Höhlen in Tirol, A
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