Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Grotta d'Orso / Bärenhöhle (Grotta Generosa) LoCo 2694

am

Monte Generoso, I

 


Monte Generoso


Auf der Suche nach unbekannten Höhleneingängen im Val Breggia am Monte Generoso entdeckte Francesco Bianchi-Demicheli vom Tessiner Höhlenverein 1987 in der Schneebedeckung des Bergflanke eine kleine bewetterte Höhlenöffnung. Im März 1989 kehrte er mit Sergio Volpe dorthin wieder zurück. Der Eingang war vollkommen verstürzt, aber eine kleine Grabung ermöglichte den Zugang. Nach einer 20 m langen sehr niedrigen Strecke erreichte man eine hohe Kammer, an die sich ein weiterer sehr enger Schluf anschloß. Nach Überwindung auch dieses Hinternisses wurde der Hauptraum der Höhle erreicht, der "Sala del Cimitero", so benannt nach den vielen Knochen, die überall herumlagen. Sofort wurde Giorgio Studer von der "Sezione ticinese della Societa Svizzers di Speleologia" benachrichtigt, dann Professor Fusco von der Universität in Mailand eingeschaltet. Ab 1991 setzten die Ausgrabungen ein, die noch heute als Lehr- und Forschungsgrabung fortgesetzt werden. Die MIGROS-Stiftung schaltete sich ein und stellte ein finanzielles Fundament zur Verfügung.

Inzwischen werden als speläologische Daten 300 m Länge angegeben und ein Gesamthöhenunterschied von 8 m genannt. Unterhalb der Höhle entspringt eine Quelle, deren Wasser weiter drinnen in der Höhle in einem Gang auch schon zugänglich ist.

Die Grabungen haben inzwischen über 100.000 Knochen zu Tage gefördert. Die Höhlenbärenknochen sind nur die auffälligsten, man hat inzwischen 100 komplette Exemplare identifiziert, daneben gibt es aber auch die ganze andere Tierwelt, die Steinböcke, die Hirsche..... Nun sucht man insbesondere nach den Spuren vieler kleiner Tiere, weil man davon besonders aufschlußreiche Erkenntnisse über die Klimaänderungen in früheren Zeiten verspricht. Für die Höhlenbärenknochen hat man inzwischen mit Hilfe der C14-Methode ein genaues Alter ermittelt: 38.200+/-1200 Jahre v. Chr. Man meint auch Spuren des Menschen in Form von bearbeiteten roten Silexgegenständen gefunden zu haben.

Die Höhle wird heute als eine Art Schauhöhle angeboten, wobei die Nachfrage nicht so groß zu sein scheint. Als wir im Juni 2018 dort waren, da war unsere Vierergruppe die einzige an diesem Tag. Ein Paläontologe hatte gerade Dienst und wartete auf Gäste. Ansonsten hielt er sich in der Höhle auf und setzte seine Forschungen fort. Wir hatten 32 Franken zusammen zu bezahlen, dann versah er uns gleich mit gelben Plastikhelmen, damit wir einen Schutz gegen unangenehme Deckenkontakte hatten. Er warf auch die Generatoren an, die etwas abseits vom Höhleneingang stehen, damit wir mit elektrischem Licht die Höhle besuchen konnten. Vollkommen problemlos verlief die Tour doch nicht, denn am Boden stehen große Wasserpfützen. Stunden zuvor wäre wohl überhaupt keine normale Begehung möglich gewesen, weil ein tiefer See im Gang zu einem ziemlichen Bad gezwungen hätte. So kamen wir mit gutem Schuhwerk ziemlich gut über das Wasser.

Nach dem Eingangstunnel, der am Boden mit Gummimatten abgedeckt ist, erreichten wir die erste Kammer, wo bereits die ersten Ausgrabungsareale abgesteckt sind. Aus der Decke hängt ein Seilgebilde, das zeigt, daß man schon versucht hat, den Schlot darüber zu erkunden. Dann geht es wieder etwas abwärts, ein zweites Seelein ist gebückt zu überwinden, dann ist die große Ausgrabungszone erreicht. Mehrere Gruben gehen in die Tiefe, Schnüre sind gespannt darüber und hinein mit Markierungstafeln, alles höchst professionell. Ein Bärenschädel wurde uns gezeigt, wobei der Fake war. So ein Gebilde heute nachzubauen ist keine Kunst mehr, setzt man doch raffinierteste Computertechnik inzwischen dafür ein. Dann ist der große Ausgrabungsraum erreicht. Kreuz und quer sind die Seile gespannt, am Rand kommt man leicht vorbei. Dann versperrt ein Seil den Weiterweg, aber da ginge auch gar nicht mehr viel weiter. Die einzige Fortsetzung ist in Form eines Höhlenganges zu sehen, der 4 m oberhalb in den Raum mündet. Italienische Höhlenforscher haben längst den "Siam Vivi"-Teil dort erkundet, der anfangs bequem und dann extrem unangenehm endet, allerdings noch immer spürbaren Luftzug führend.

     
     

 

 


Literatur:

Buzio, Alberto, Pozzo, Massimo, A cura di Lombardia "DENTRO", Volume 1, Milano 2005

Links:

https://www.montegeneroso.ch/de/aktivitaeten-sport/die-baerenhoehle

http://www.fondazionemontegeneroso.ch/it/Grotta_del_orso_monte_generoso.php

https://www.ticino.ch/it/commons/details/La-Grotta-dell-Orso/14911.html

http://www.scienzafacile.it/2010/10/21/la-grotta-dell-orso-sul-monte-generoso/

https://www.paleonature.org/from-the-dig-site/120-il-monte-generoso-a-casa-dellorso

http://www.valsassina.it/pagina.php?id=473

https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=bat-001:1989:3#27

Monte Generoso


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