Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Rosenmüllershöhle bei Muggendorf
"Sollte die Rosenmüllers Höhle auch nicht die schönste Höhle des Gebirges seyn, wie die Meisten dafür halten, so ist sie doch gewiß die besuchteste, seit Professor Rosenmüller sie zuerst bestieg." Walther, Topische Geographie 210
Nordwestlich von Muggendorf liegt am rechten Wiesenttalhang in 625 m Seehöhe der Eingang zu einer der bekanntesten Höhlen der Fränkischen Schweiz, der Rosenmüllerhöhle. Sie hat ihren Namen von Johann Christian Rosenmüller, einem Anatomieprofessor aus Leipzig, der als ersten "Fremder" in den 16 Meter tiefen Eingangsschacht hinabstieg.
Wir kennen sogar das genaue Datum dieser Höhlentour, den 18. Oktober 1793. Die Höhle war von Johann Ludwig Wunder, einem Sohn des damaligen "Höhleninspektors" Johann Georg Wunder entdeckt worden und "durch Hülfe eines Seils" erstmalig befahren worden - von Rosenmüller, so die offizielle Lesart. Am Grunde des Schachts machte man eine schauderliche Entdeckung: "zwei Menschengerippe". Anfangs, ehe man sie berührte, noch der Länge nach hingestreckt liegen, aber so bald man sie antastete, fielen die Knochen auseinander."
1836 (oft wurde 1830 genannt, aber das war wohl ein Abschreibfehler, siehe Illmann 135) baute man einen kleinen Tunnel, der direkt in die Eingangshalle führt. Von 1836 an bis 1960 wurde sie als Schauhöhle geführt, womit sie zu ältesten Schauhöhlen gehört. Zugesetzt hat ihr als Schauhöhle, daß sie immer mehr Konkurrenz bekam. Seit 1906 war die Binghöhle für die Öffentlichkeit geöffnet, ab 1923 die Teufelshöhle. Im Jahre 1936 sollen es nur 20 Personen gewesen sein, die man als Schauhöhlenbesucher registrierte.
1844 hat Walther den Eindruck der Höhle mit einem einzigen Satz beschrieben: "Eine an 100' hohe Halle mit einer Anhöhe (dem Parnaß) im Hintergrunde, überrascht, wenn sie beleuchtet ist, den Eintretenden." Walther 210
Die Konkurrenz für die Schauhöhle war nicht weit entfernt: die Binghöhle. Sie lief ihr bald den Rang ab und der Besucherstrom nahm immer mehr ab, bis er dann praktisch abriß und die kommerzielle Weiterführung des Betriebs sich nicht mehr lohnte.
Heute ist der Zugang frei. Man kann unschwierig durch den 8 m langen und 1 m breiten Stollen, der allenfalls ein paar Pfützen am Boden aufweist, unschwierig in die große Halle im Berge gelangen. Von oben dringt Tageslicht aus dem Schacht herein. Im Winter bilden sich in dieser Eingangszone öfters kleine Eisfiguren. Man kann nun auf künstlichen Steinstufen den "Parnaß" erklimmen. Ein Eisengeländer gibt Halt. An ihm sind viele kleine Kerzenhalter, die auch heute noch Verwendung finden können, wenn Besucher mit einer entsprechenden Menge Kerzen kommen und sie bestücken. Oben angekommen ist der Blick zurück in die Halle recht eindrucksvoll. Bergeinwärts sieht man nur noch die Reste des einst wohl sehr schön gewesenen Sinterschmucks. Alles, was irgendwie mitnehmbar war, ist heute aus der Höhle entfernt. Man sieht nur noch die Stümpfe einstiger Pracht Decken, Böden und Wänden. Was da noch ist, rechtfertigt Namen wie "Allerheiligstes", "Wachskammer" und "Kleines Paradies" nicht mehr.
Beinahe wäre mal ein deutscher Dichter zur größten Attraktion der Höhle geworden. Warum? Karl Immermann, ein Dichter des poetischen Realismus, versuchte 1837 zu diesen hochgelobten Schönheiten in der Höhle zu gelangen, die allerdings nur durch ein enges Loch zugänglich waren. Es versuchte es zumindest und beschrieb seine Erfahrung dann so: "Ich kroch in das enge Loch, aber mein unglücklicher Körper wollte nicht durch. Ich drängte mich mit aller Macht hinein, vergebens! endlich saß ich fest, konnte nicht vor- nicht rückwärts. Schon dachte ich in meiner Noth, ich würde sitzen bleiben, würde nach und nach incrustiren, und nach Jahrhunderten die größte Merkwürdigkeit der Rosenmüllers Höhle werden: ein deutscher Dichter im Tropfstein - da haspelte mich der Führer noch zum guten Glücke los."
2019 | ||
Künstler haben sich schon lange mit Motiven aus der Höhle auseinander gesetzt. Ein paar Beispiele:
Literatur:
Bauer, Karlheinz | Alte Höhlenansichten der Fränkischen Alb, Reihe F - Geschichte der Speläologie, Biographien - Heft 2, München 1967 |
Gümbel, C.W. | Geognostische Beschreibung des Königreichs Bayern, Vierte Abtheilung Geognostische Beschreibung der Fränkischen Alb (Frankenjura), Verlag von Theodor Fischer, Kassel 1891 |
Heller, Josef | Muggendorf und seine Umgebungen oder die Fränkische Schweiz, Nachdruck der 1. Auflage aus dem Jahre 1829, Palm & Enke, Erlangen 1979 |
Herrmann, Friedrich | Höhlen der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz, Regensburg 1980 |
Humboldt, Alexander von | Ueber die unterirdischen Gasarten und die Mittel ihren Nachtheil zu vermindern. Ein Beytrag zur Physik der praktischen Bergbaukunde, 1799 |
Illmann, Renate | Die Geschichte der Rosenmüllershöhle - in historischen Dokumenten, Jahresmitteilungen der NGH 2010, Nürnberg 2011, 129-146 |
Illmann, Renate | Die "Schauhöhlen" des Muggendorfer Gebirgs in historischen Dokumenten, Der Fränkische Höhlenspiegel 58-2011, S. 23ff. |
Kaulich, Brigitte, Schaaf, Hermann | Kleiner Führer zu Höhlen um Muggendorf, Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V., Nürnberg 1980 |
Köppel, Johann Gottfried | Beschreibung der neuentdeckten Rosenmüllershöhle bei Muggendorf in Franken, Erlangen 1795 |
Lang, Stephan | Höhlen in Franken - Ein Wanderführer in die Unterwelt der Fränkischen Schweiz, Verlag Hans Carl, Nürnberg 2000 |
ohne Verfasserangabe | Reisebriefe deutscher Romantiker, Rütten & Loeinign, Berlin 1979 |
Pfistermeister, H. | Rosenmüllerhöhle, J.C.Rosenmüller, 1804 erschienen in "Fränkische Schweiz-Hersbrucker Schweiz, Nürnberg 1973 |
Rosenmüller, Joh. Chr. | Aus alten Reiseberichten: Befahrung der Rosenmüllerhöhle 1804, Der Fränkische Höhlenspiegel 4-1974, S. 18 |
Rosenmüller, Johann Christian | Die Merkwürdigkeiten der Gegend um Muggendorf, Berlin 1804 Im Internet verfügbar unter: BVB-Multimediaserver |
Rosenmüller, Johann Christian | Vorläufiger Entdeckungsbericht, Intelligenzblatt der Allgemeinen Literaturzeitung, Jena, 1792 |
Schabdach, Hardy | Unterirdische Welten - Höhlen der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz, Verlag Reinhold Lippert, Ebermannstadt 2000 |
Schöffel, Christian | Die Rosenmüllershöhle bei Muggendorf (C5), Natur und Menschen 1999: 67-78, JMitt. der NHG, Nürnberg 2000 |
Walther, Friedrich Wilhelm | Topische Geographie von Bayern, 1844 |
Links:
https://www.zobodat.at/pdf/Natur-und-Mensch_2010_0129-0146.pdf
Landschaft und Höhlen zwischen Muggendorf und Streitberg, Fränkische Schweiz
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