Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Teufelshöhle
in der Fränkischen Schweiz, D
Wer von München aus in die
Fränkische Schweiz fährt, der kommt direkt am Eingang der
Teufelshöhle vorbei. Links von der Straße liegt sie,
unübersehbar. Ein großes schwarzes Loch in der Kalkfelswand.
Blinker nach links, einem geteerten Weg auf den Parkplatz
folgend, schon ist man da. Ein paar Meter sind es noch zu Fuß,
dann geht es hinauf zum heute unvermeidlichen Kassenhäuschen.
Was heute da nicht mehr zu finden ist, das ist eine
Gedenktafel, die man inzwischen wieder entfernt hat. Wer da mehr
drüber lesen will, der kann unter der "Braunen
Vergangenheit" der Höhle nachschauen. Wer sich damit
nicht mehr belasten will, der kann einfach hier weiterlesen und
-schauen.
Die heute mit dem publikumswirksamen Namen bezeichnete "Teufelshöhle" war schon seit Urzeiten bekannt. In dem Klassiker "Muggendorf und seine Umgebung oder die fränkische Schweiz" von Joseph Heller aus dem Jahre 1829 heißt es bereits darüber: "Teufelsloch, das große. Diese Höhle, die größte in der Muggendorfer Gegend, fast nur aus einem einzigen großen Felsengang bestehend, in welchen man mit einer Fuhre Heu fahren kann, liegt eine kleine halbe Stunde ostwärts von Pottenstein im Schutterthal, welches von hier bis zur Klumpersmühle sehr vortrefflich ist. Den Eingang zur Höhle bildet ein großes überraschendes Felsenthor von 45 Schuh Höhe, 69 Sch. Breite. Die Höhle zieht sich bergaufwärts, bleibt sich vorne in ihrem Umfange ziemlich gleich, und hat in der Mitte eine schöne Pforte, deren Länge bis dahin 330 Sch. beträgt, bemerkt man rechts einen Seitengang, wo man eine Wasseransammlung antrifft. Tropfsteinbildungen finden sich an manchen Stellen in dieser wegen ihrer Größe merkwürdigen Höhle, welche zugleich ohne alle Beschwerlichkeit zu besuchen ist. Nicht weit davon auf derselben Seite liegt das kleine Teufelsloch..."
1830 bekommt sie Besuch von Dr. Michahelles aus Nürnberg. Er schrieb: "Bey Pottenstein ist eine wenig bekannte, aber sehr sehenswerte Dolomit-Höhle, das Teufelsloch. Eine hohe Felsen halle öffnet sich hier gegen Norden, und geht an Höhe verlierend, in's Innere des Berges."
1904 kam Adalbert Neischl mit seinem 2-Mann-Team und vermaß die Höhle. Sie galt ihm als "gutes Beispiel für eine Schichtfugenhöhle, die in einer Zerklüftungszone längs einer Schichtfuge entstanden ist." Kyrle, Theoretische Speläologie 45.
Dann kam ein Herr B. und "beschritt völlig neue Wege", die ihm noch 1961 eine Gedenktafel der Stadt Pottenstein "in Verehrung und Dankbarkeit" einbrachte, weil er es möglich gemacht hatte, daß man die Höhle nun "mühelos und bequem im Schein der elektrischen Lampen und Scheinwerfer genießen" konnte.
Wer heute, 2004, zu diesem Ort kommt, der wird vergeblich diese Eloge an die Leistungen dieses Herrn an prominenter Stelle finden. Es gibt am Kassenhäuschen eine große Schautafel, die auf die Geschichte der Erforschung der Höhle hinweist, aber wer liest die wirklich?
Die Höhlenkarte der Fränkischen Schweiz aus dem Hellerbuch, 1829, mit der Eingangsumgebung, aber ohne Eintragung der Höhle | |
Die Eintragung der Teufelshöhle aus der Gümbelschen Höhlenkarte von Bayern, 18... |
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Eine alte Ansichtskarte mit dem Eingang |
Heute ist die Höhle der Tourismusmagnet der Fränkischen Schweiz. Die Gesamtlänge der Gänge wird mit 1500 m angegeben, von denen die schönsten Teile für die Besucher zugänglich sind. Tatsächlich gibt es wirklich ansehnliche Tropfsteine in der Höhle, der "Barbarossa" ist das Highlight, aber es gibt schon auch andere, bei denen sich das Hinschauen lohnt. Was aber auffällt, das sind die langen "Stollen". Für einen Münchner gehts es zu wie im Bergwerk im Deutschen Museum. Da ist was, dann lange nichts, und dann kommt wieder eine Schaustelle. Ursprünglich gab es da wohl überhaupt keine natürliche Verbindung zwischen den verschiedenen Teilen des einem heute als Einheit vorgeführten Systems.
Aber es lohnt sich, dorthin zu gehen. Man gibt sich größte Mühe. Am Eingang schon "Wagner"! Tannhäuser! Später wieder Wagner. Ganz gut passend. Auch historisch! Wie oft sucht auch ein Höhlenforscher nach Tropfsteinen. Und findet keine - oft auch "mehr". Weil sie inzwischen längst alle kaputt geschlagen sind, verdreckt sind, weggesperrt sind. Hier ist der einfach Genuß möglich. In Indien sind solche schlanken, nach oben ragenden Säulen Kultobjekte! Symbole für Shiva! Wo sind die "Yonis"?
Inzwischen dient die Höhle nicht nur als Schauhöhle, wo mal halt die Touristen melkt, in dem man sie durch die "Hallen" führt, sondern es gibt inzwischen noch mehr monetäre und (glücklicherweise) nichtmonetäre Anwendungsmöglichkeiten:
Konzertsaal
Seit einigen Jahren wird der Eingangsbereich der Höhle
für Konzert- und Theateraufführungen benutzt. Das
Höhlenambiente, die Akustik und die
"Wetterbeständigkeit" sind die Pluspunkte
dieses Raumes. Um die 2000 Menschen sollen inzwischen
alljährlich dorthin kommen. Das Programm war sogar im
Internet zu finden und reichte von Swing- und
Jazzmelodien bis zu der Lachnummer "Wie im richtigen
Leben".
Sanatorium
Seit einigen Jahren wird ein Teil der Höhle,
ähnlich wie andere Höhlen des In- und Auslands, zur
Behandlung von Atemwegserkrankungen genutzt. Die
Ergebnisse sind ermutigend, weil tatsächlich viele
Erkrankungen gelindert werden konnten. Der Grund scheint
die staub- und allergenarme Luft in den Höhlen zu sein,
die zum Abklingen der Übererregbarkeit der Schleimhäute
führt. Für den örtlichen Fremdenverkehr sind solche
Kurgäste natürlich auch höchst willkommen, weil sie
längere Zeit am Ort bleiben.
Laboratorium
In einem Höhlenteil, der abseits des
Führungsweges liegt, betriebt die Forschungsgruppe
Höhle und Karst Franken seit
den 70er Jahren ein Höhlenlabor, ausgestattet mit allen
Einrichtungen zur Messung des Höhlenklimas und des
Karstwassers.
Es wurden da richtig verblüffende Untersuchungen
angestellt. So hat man die Fallgeschwindigkeit der
Wassertropfen in der Höhle gemessen und Unterschiede
nachgewiesen. Die Tropfen fallen nicht alle gleich
schnell von der Decke! Manchmal fallen sie schneller,
dann wieder langsamer! Wovon die Geschwindigkeit
abhängt! Vom Mond! Was sich draußen als Ebbe und Flut
zeigt, sind unter der Erde die Fallgeschwindigkeiten der
Tropfen!
Durch diesen Weg kamen "wir" vor über 30
Jahren mal in die Höhle und konnten ein von der
Öffentlichkeit vollkommen unbemerkt gebliebenes
"privates" Höhlenkonzert damals schon abhalten
- mit richtigen Plattenspielern noch! Schon damals sind
da "Experimente" angestellt worden, die mehr
der Fachrichtung "Psychologie" zuzuordnen sind,
mit Folgen, die heute noch spürbar sind!
Nach der 40-Jahr-Feier der FHKF in Pottenstein am 9. Oktober 2004 war ich am nächsten Tag wieder in der Teufelshöhle. Warum sind die eigentlich zu "Jubiläumszwecken" nicht dorthin gegangen?
Für mich war das ein echtes Erlebnis. Mehr als 30 Jahre war ich nicht mehr in der Höhle, aber es lohnt sich selber hinein zu gehen. Immer wieder. Bei mir nach 30 Jahren. Besonders auffallend waren für mich die Stellen, wo Menschen mit den Händen nach der "Höhle" gegriffen haben. Wer hier aufmerksam hinschaut, der sieht richtig die Menschenschliffe. In ein paar Höhlen werden einem "Bärenschliffe" gezeigt, Stellen, wo früher viele Bären drübergeschliffen haben, z.B. in der Charlottenhöhle auf der Schwäbischen Alb. In der Teufelshöhle gibt es viele viele Stellen, wo Menschen sich festgehalten haben, und das sieht man heute. Es ist auch gut so. Wie oft sehen wir auch in den Höhlen die Schilder "Nicht berühren", "Don't touch", "Ne pas toucher" - wobei gerade das das größte Streben vieler Menschen in dieser Situation ist, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren und sich irgendwo festzuhalten, z.B. am nächstbesten Tropfstein, der ja einen wunderbaren Halt bietet. Ein unverhofftes Highlight war die Ausgangspartie. Eine prachtvolle Ausgangsspalte, ein Felslabyrinth hinterher, ein Abstieg in ein Stück Natur, das halt intensivst heute kommerziell genutzt wird, aber das wohl nicht "klein" zu kriegen ist. Das Enderlebnis für mich war der Gang durch den Geld-aus-dem-Beutel-zieh-Bezirk, der am Ende des Schauhöhlenbesuchs stand. Das ist immer das "high end" für mich, im profansten Sinne. Da habe ich längst "den Glauben an die christliche Menschheit verloren". Wer kann da noch helfen? Allah? Shiva? Buddha? Merkel?
Dezember 2018: Durchbruch in neue Räume in der Teufelshöhle nach Grabungen durch :Hanns Nägerl und Hans-Joachim Betko: https://www.tvo.de/mediathek/video/pottenstein-die-hoehle-in-der-hoehle/
Juni 1977 |
10.10.2004 |
Die Eingangstüre |
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Maschinen, die beim "Bau der Höhle" eingesetzt worden ist gleich im ersten Saal der Höhle |
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Wandstruktur | |
Aufgeschnittener Tropfstein | |
Auf dem Weg in die Therapiestation - ein mutiges Höhlenbeleuchtungsexperiment |
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Der Eingang zum "Heilteil" der Höhle | |
In den Bergwerksteilen der Teufelshöhle | |
2004 | 1974 |
Kleine Teufelshöhle | |
Dezember 2013 |
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Januar 2019 |
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Fotoexperimente in der Teufelshöhle
2022 - 100 Jahre Teufelshöhle, ein Besuch im Jubiläumsjahr
Deckenkuppel | |
Eingang Therapieteil | |
Die Besucherzahl liegt 2018 bei 145.000. Vergleichszahlen: Binghöhle 30.000, Maximiliansgrotte 5.000.
Literatur:
Bierl, Peter | Bayerische Mysterien, KAUFDOWN Urlaub in Bayern, 2024, S. 26 |
Brand, Hans | Die Erschließung der Teufelshöhle, in: |
Cammerer, Anselm Andreas Caspar | Naturwunder, Orts- und Länder-Merkwürdigkeiten des Königreiches Bayern für Vaterlandsfreunde, sowie für kunst- und naturliebende Reisende, Kempten 1832 |
Heller, Joseph | Muggendorf und seine Umgebungen oder die fränkische Schweiz, Nachdruck der 1. Auflage aus dem Jahre 1829, Palm & Enke, Erlangen 1979 |
Hermann, Friedrich | Höhlen der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz, Pustet-Verlag, Regensburg 1980 |
Illmann, Renate | Chronik zur Großen Teufelshöhle D 95 und Hans Brand - zum 100jährigen Jubiläum der Erschließung zur Schauhöhle, Der Fränkische Höhlenspiegel 65-2023, S. 60ff. |
Kyrle, Georg | Theoretische Speläologie, Wien 1923 |
Macht, Dr. Franz | Untertageklimatherapie in der Teufelshöhle in Pottenstein, Mitteilungsblatt der Speläogruppe Bayreuth, Heft Nr. 9, 1998, S. 41-42 |
Maurer, S., Engelbrecht, P. | Touristenidyll und KZ-Grauen. Vergangenheitsbewältigung in Pottenstein. Verlag Rabenstein, Bayreuth |
Michahelles, Dr. | Neu entdeckte Berghöhlen in Bayern, Das Inland, Num. 207 und 208, 1. u.2.August 1830, S. 1 |
Neischl, Adalbert | Die Höhlen der Fränkischen Schweiz und ihre Bedeutung für die Entstehung der dortigen Täler, Nürnberg 1904 |
Preu, Dieter | Luftdruckabhängige Tropffrequenzen an kapillar gespeisten Deckentropfsteinen, Der Fränkische Höhlenspiegel 61, 2017, S. 27ff. |
Preu, Dieter | Die Teufelshöhle bei Pottenstein, Der Fränkische Höhlenspiegel 29-1988, S. 9ff. |
Preu, Dieter | ...in Szene gesetzt - Erschließungsszenario in der Teufelshöhle eingerichtet, Der Fränkische Höhlenspiegel 49-2001, S. 6f. |
Sieghardt, August von. | Teufelshöhle, Pottenstein 1964 |
Stadt Pottenstein, ZV Teufelshöhle, Eigenverlag | 1922-2022 100 (Jahre) Teufelshöhle, 2022 |
Thein, Karl | Die schönsten Höhlen Europas, Bruckmann-Verlag, München 1978 |
Links:
http://www.showcaves.com/german/de/showcaves/Teufels_Franken.htmls
http://www.burgen.strasse-online.de/5-erlangen-heiligenstadt/5-15-teufelshoehle/
https://www.tvo.de/mediathek/video/pottenstein-die-hoehle-in-der-hoehle/
Abbildung aus Kyrle
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