Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen in Sternstein, Fränkische Alb, D


Sind "Höhlen" immer "abenteuerliche" Weltorte? Die Antwort auf diese Frage kann man an vielen Stellen auf dieser Welt suchen und zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Ein "Abenteuer" ist laut Duden ein "prickelndes Erlebnis", ein "gewagtes Unternehmen". Ob ein Erlebnis "prickelnd" oder "gewagt" ist, das hängt immer vom eigenen Erlebnishorizont ab. So kann auch für manchen der Besuch der Höhlen im Sternstein, westlich von Sulzbach-Rosenberg, dazu werden. Die höchste Erhebung dort ist laut Karte 444 m über dem Meeresspiegel, der Rest liegt drunter. Auffallen tut der Sternstein nicht, Die Straße von Amberg Richtung Bayreuth führt direkt daran vorbei und die von Sulzbach-Rosenberg nach Nürnberg. Viel sieht man von außen nicht - Wald. Wer genau hinschaut, der sieht vielleicht auch das Zeichen für ein Naturschutzgebiet. Das ist der Sternstein nämlich auch.

Auf der "Karst- und höhlenkundlichen Karte der Fränkischen Alb" zum Karstgebiet A - östliche Hersbrucker Schweiz, die 1967 erschienen ist, sind gleich 9 Höhlenzeichen dort eingetragen und bilden richtig eine Insel im ansonsten völlig höhlenfreien Raum.

Wo stecken nun diese Höhlen? Die Beschreibungen im Buch sind zwar wohl zutreffend, aber oft nur wenig nützlich. Denn wenn ich mich auf einen Kirchturm in Sulzbach-Rosenberg beziehe, der ja überhaupt nicht sichtbar ist, wenn ich im Wald herumlaufe, dann verlasse ich mich gleich auf meine Intuition und schaue mir einfach selber jeden Fleck und jede Felswand an. Da hab ich dann wieder den Abenteuercharakter. Ist da was oder nix? Und an vielen Stellen ist da wirklich eine Erdöffnung. Die Frage ist dann, inwieweit ich mich darauf einlasse. Ganz oder nur teilweise? Begnüge ich mich mit einem Blick in die geöffnete Tiefe der Erde oder muß ich unbedingt auch ganzkörperlich das Erlebnis haben? Das hängt dann auch von meiner Ausrüstung ab. Wenn ich nur mit Shorts, kurzem Hemd und einer Tikka unterwegs bin, dann verzichte ich gerne auf einiges. Genau das habe ich Anfang September 2006 mal gemacht, wo ich ein paar Stunden Zeit hatte, um mich dort umzusehen.

Das ist schon spannend. Im Hintergrund das "Wissen" aus der Literatur zu haben, und dann selber loszulaufen. Und zu schauen. Und zu hören. Das war weniger erbaulich. Aus dem Wald gegenüber drangen dauernd Baumbrech- und Sägeräusche. Gelegentlich war wieder ein Baumstamm beim Umfallen zu beobachten. Auch der Verkehrslärm ist natürlich kräftig zu vernehmen. Von Stille und Ruhe braucht hier keiner mehr zu träumen. Zuerst stieß ich wohl auf die "Nördliche Sternsteingrotte", denn die ist dem offenen Auge wirklich nicht verborgen. Ein paar Meter geht es gebückt rein, dann steht man an der Felswand definitiv an. Umdrehen und ein Foto vom Eingang machen. Mehr "Aufregung" war da nicht für mich zu erleben. Allerdings bin ich ein paar Minuten noch an der Stelle geblieben und hab geschaut, gehorcht und hab sonst nix mehr getrieben. Ein bißchen unbequem war es, wegen der Deckenhöhe, aber das macht doch gerade auch den besonderen "Reiz" der "Höhle" aus - oder? Unbequemlichkeit! Sonst könnte ich auch zuhause auf der Couch ausharren und nach Abwechslung suchen. Und dann nach der Abwechslung von der Abwechslung......

An einer Stelle wird der Sternstein richtig zu einem "Stein", einem, wenigstens ein bißchen, auffallenden. Vom neuen Industriegebiet bei Kauerhof am besten aus zu sehen -  als "Fels". Da öffnet sich auf einmal die "Erde". Da ein Loch, drüber noch eins, daneben noch eins. Die Hände sind an den Kalkstein zu legen, sonst schafft man es nicht. Da ein kleiner Tritt, dort eine Verebnung, schon ist man oben. Klein sind die Öffnungen, gut für kleine, bewegungslustige Kinder, unbequem für Große, behäbige, langsam "faul" werdende "human beings". Dreckig macht man sich da ja auch noch. Ich gebe es zu! Ich habe nur noch die Kameralinse hineingehalten und abgedrückt. Hier ein Bild und dort eines. Das hat mir genügt. Selber nachschauen, ob es drinnen nicht doch noch weitergeht, die aufrechte Haltung eines "echten" Höhlenforschers, davon entferne ich mich immer mehr. Doch schon ein "couch potato"?

Am spannendsten am ganzen Sternstein, obwohl es nicht das "längste" Loch ist, finde ich das "Schreiermaiglloch" A 173. Was hat sich dort mal abgespielt? Wer heute unbedarft da hingeht, wie ich es nicht getan habe, aber gesehen habe, was halt zu sehen war, der wird nicht viel sehen. Ein paar Holzscheitln, eine kleine Feuerstelle, die wohl vor gar nicht so langer Zeit genutzt worden ist. Der Bergspalt zieht sich tiefer hinein, irgendwann wurde es mir zu eng. Ich drehte um, machte ein paar Blitzerbuildn, kam wieder heraus. Wie zeigt sich "Geschichte"? Speichert sie sich in der Materie in der Umgebung? Mit dem Wort "Geist" ist das oft schon beschrieben worden. Gibt es so etwas wie einen "Schreiermaigllochgeist"? Wer merkt ihn? Oder ist das alles nur Einbildung, wenn einer sagt, da habe er was "gespürt"? Ist alles nur "Schall und Rauch"? Jedenfalls war die Höhle ein idealer Baustein für mein Thema "Sex und Höhle". 

Am Ende hatte ich wirklich nicht alle Katasterobjekte erblickt. Das macht ja auch nichts, denn gerade in der Unvollständigkeit liegt ja der Reiz, mal wieder hinzugehen und weiter zu schauen und zu finden.....

 

Zerstörte, verrußte Höhlenwände
- dunkle stumme Zeugen des Umgangs
der "Krone der Schöpfung" mit der Natur
- Georg Danzer hat mal ein Lied mit dem
Titel "Traurig, aber wahr" geschrieben
- beschreibt auch hier den tatsächlichen
Zustand / auf Hoffnung hoffen? Ausplündern
und die Rückstände in den Untergrund
stopfen - das ist heutige "Humanität"!

Aus: Cammerer 1832 "Der Stöhrnstein": "So heißt eine Höhle, die in der bergigen Gegend von Sulzbach im Regenkreise liegt, und häufig besucht wird. Ihre Größe ist zwar nicht bedeutend, aber schön und mannigfaltig der darin vorkommende Tropfstein."


Aus: Schleis von Löwenfeld 1789: "Der Eingang in dieselbige ist gegen Mitternacht, und ziemlich weit, aber nicht so hoh, daß man auch gehen könnte, die Oefnung ist fast in der Mitte dieses kleinen Bergs, und gehet tief abwärts gegen 15 Schritte, alsdann muß man senkrecht 3 Schuh in die Tiefe steigen, und einen ziemlich engen Gang 6 bis 7 Schritte zwischen Felsen passiren, wornach sich ein geraumer Gang öfnet, und in verschiedene theils ziemlich breite, theils auch hohe Kammern führet. Man merket, daß in manchen oben eine Oefnung, vermuthlich um das Tagslicht hineinzubringen gewesen seye. Fast der halbe Berg in seiner Rundung wie Kasematten ausgehöhlet, und mein Vater rechnete den Umfang auf eine kleine Viertelstunde von einem Ende bis zu dem andern. In den hier genannten Kammern findet man überall Tropfstein..."


Literatur:

Cammerer, Anseln Andreas Caspar Naturwunder, Orts- und Länder-Merkwürdigkeiten des Königreiches Bayern für Vaterlandsfreunde, sowie für kunst- und naturliebende Reisende, Kempten 1832
Huber, Fritz Jahreshefte für Karst- und Höhlenkunde, 8. Jahresheft - 1967, Die Höhlen des Karstgebietes A Königstein, München 1967
Schleis von Löwenfeld, Maximilian Joseph Beyträge zur Urgeschichte Sulzbachs aus den entferntesten Zeiten bis auf die Erscheinung Ernsts des ersten Grafen und Herrn von Sulzbach, Seidel-Velag, Sulzbach 1789

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