Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Bielshöhle bei Rübeland, Harz
Auf das Jahr 1672 wird die Entdeckung der Bielshöhle datiert, so daß man hier sehr gut studieren kann, wie eine Höhle im dauernden Kontakt mit dem "Menschen" nach bald 350 Jahren heute aussieht. Eine spannende Sache. Er nimmt am liebsten alles mit, was er meint momentan zu brauchen, und läßt zurück, was ihm dort wichtig erscheint, offenbar, seinen Namen und die Jahreszahl, wann er dort gewesen ist.
Nach einem Waldbrand, veruirsacht von einem "säumigen Köhler" (Tschorn 34), sei die Höhle entdeckt worden. Wegen des vielen Kalkstaubs, der alles überpudert hatte, wurde sie anfangs "Mehlloch" genannt. Man fand keine spektakulären Tropfsteine wie in der nahen Baumansgrotte, deshalb verschloß sie die Forstbehörde einfach wieder mit einer Türe.
Erst 115 Jahre später richtete sie der ehemalige Steiger aus dem Marmorbruch Christian Friedrich Becker für den Schauhöhlenbetrieb ein. Man kann noch heute seine Einritzung an der Wand der Höhle sehen. Vieles mußte erst eingebaut werden, ehe man Besucher hindurch führen konnte: Treppen, Geländer, "Bühnen und Fahrten" (Tschorn 34) wurden eingerichtet, um die Besucher sicher durch die Höhle zu bringen. Allein der Zugang ist ja schon ein kleines/großes Problem - ein steiler Hang ist zu bewältigen, ehe man am Eingang überhaupt erst ankommt. 1788 erhält Becker die Konzession als Höhlenführer von der Herzoglichen Kammer Blankenburg. Den Namen "Bielshöhle" erhielt sie, weil die Höhle im Bielstein liegt. "Biel" sei ein Götze gewesen, der die Beile der Holzfäller weihte (offenbar war man gerade "antichristlich", proheidnisch eingestellt). Der Schlangengang in der Höhle seien von Biels Priestern bearbeitet, spricht geschliffen worden. Die reine Tätigkeit des Wassers scheint nicht genug gewesen zu sein.
Das Geschäft schien gut gelaufen zu sein. In den ersten acht Jahren zählte man 1.130 Besucher, mehr als in der nahen Baumannshöhle, "darunter viele berühmte Leute". Vor dem Besuch stimmte man die Besucher durch ein Gedicht ein - was bis 1890 so blieb. In der Höhle sang man zeitweise ein Lied, "aus dem Verborgenen heraus, um die Wirkung zu erhöhen, wurde das Licht gelöscht (Tschorn 39).
Irgendwann rentierte sich das Geschäft nicht mehr, der Höhleneingang wurde vermauert. Erst im Jahre 1927 wurde sie von Maurern im Auftrag von Friedrich Stolberg wieder geöffnet. Er sei begeistert gewesen "von den durch die Paläobode modellierten Strecken" (Tschorn 40). Andere Höhlen wurden in der Nähe entdeckt, später an das Gesamtsystem angeschlossen. Hermann Gruber aus Salzburg etwa gelang es anläßlich einer Höhlenforschertagung 1926 von der Haasenhöhle aus sich in Richtung Bielshöhle durchzugraben. Es soll noch immer dort eine Namensinschrift von ihm geben! Inzwischen ist die Höhle auf 1.040 m Länge erforscht und vermessen
Im Herst 2015 hatte ich zusammen mit Willi Adelung versucht, wenigstens den Eingang zur Höhle zu finden. Es war uns trotz eifrigster Bemühungen nicht gegönnt, ihn zu finden. Ganz einfach ist es nicht, im Steilgelände des Bielsteins herumzusteigen! Vorsicht ist sehr angebracht, weil es steil runtergeht. Der Schlüssel zur Höhle sind die Schotterhaufen an der Straße, die nach einer Baustelle ausschauen. Sie sind in Wirklichkeit wohl Schutzwälle vor den Steinschlägen, die jederzeit passieren können. Auf Straßenhöhe ist der erste verschlossenen Höhleneingang, wohl der Eingang zu dem früher als Luftschutzbunker genutzen Höhlenraum. Eirn ausgetretener schmaler Pfad setzt in der Nähe an und führt nach oben. Ausrutschen darf man da nicht, sonst landet man im günstigen Fall nur im Krankenhaus. Ein Höhlenportal tut sich auf, aber schon nach 3 Metern ist Schluß. Eine Eisentür versperrt den Weg.
Im Mai 2016 hatte ich mehr Glück. Im Rahmen der 56. Jahrestagung des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher in Rübeland war eine geführte Höhlentour ausgeschrieben. Ich meldete mich sofort, hatte ich doch noch den Frust der Vorjahrestour in den Knochen. Niemand anderes wollte noch mitkommen, so war ich Salvatore Bolognas einziger Begleiter. Alleine waren wir dann doch nicht, denn es gab ja auch noch die ausgeschriebene "Kinderführung" in die Höhle. Auf die dort mitkommenden drei Kinder und zwei Begleiter trafen wir später. Da gelten noch ganz andere typische Werte: möglichst schnell, möglichst einzig, ich zeige dir, was du noch nicht siehst! Wir warteten, bis die Kleinen und begleitetenden Großen wieder weiter waren und zogen dann weiter, wenigstens so weit, bis man sich hätte bücken hätte müssen. Gute Bilder erkennt man nicht daran, wie mühsam man sie sich erarbeitet hat, sondern einfach am Gelungensein. Und das war mit Hilfe von Salvatore, der eine erstaunliche Geduld mitbrachte, möglich, sofern dann die störanfälligen Blitze noch mitmachten.
Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist. Der Punkt war bald erreicht und wir strebten der warmen Erde draußen wieder zu.
Was war bloß im Jahre 1792 los? Viele Inschriften in der Höhle tragen diese Jahreszahl. Drei Jahre nach der Französischen Revolution. Warum ging man da so viel in die Höhle und "verewigte" sind dort?
Lithographie von Täuber
ohne Jahresangabe |
Wahre Sprachkunst - da komme erst einmal einer und mache das "besser"!
Hier von der Welt geschieden,
Im Tempel der Natur,
Hier find den wahren Frieden
Des Wandrers Seele nur.
Frey von der Sinne Ketten,
Von niedrer Ehrsucht frey,
Wollt ich zu dir mich retten
Du traute Siedeley.
An deines Altars Stufen,
Ruf ich zum Schöpfer dann,
Der aus dem Nichts gerufen,
Mir zeigte deine Bahn.
In deinen dumpfen Hallen,
In deiner kühlen Gruft
Wollt ich in Staub zerfallen,
Bis mich mein Engel ruft.
Ein Gedicht von Heinrich von Kleist nach seinem Besuch der Bielshöhle 18. 6.
1798
Literatur:
Brandes, Fritz | Die Haasenhöhle im Bielstein Rübeland (4231/RÜ-13), Arbeitsmaterial der Höhlenforscher 1984, S. 8 |
Hallbauer, Carl | Die Bielshöhle bei Rübeland im Harz, ein Erinnerungsbuch, 1842 https://books.google.de/books?id=eokAAAAAcAAJ&pg=PA6&lpg=PA6&dq=Bielsh%C3%B6hle&source=bl&ots=lvkMwgUFJ1 &sig=g7q3BkVbApJiR0awe4RV06L3V9U&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiy6oTvmJbbAhWvh6YKHYRPBdYQ6AEIczAN#v=onepage&q=Bielsh%C3%B6hle&f=false |
Schröder, Christian Friedrich | Naturgeschichte der Baumanns- und Bielshöhle wie auch der Umgebung
des Unterharzes, nebst den Jahrbüchern der Bielshöhle von 1788 bis
1796, Berlin 1796 https://books.google.de/books?id=rZ05AAAAcAAJ&pg=PA205&lpg=PA205&dq=Bielsh%C3%B6hle&source=bl&ots=lTQ_VZEtLO&sig=W7wfy_uFh9M4EShlf2 U0RrRLDK8&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiy6oTvmJbbAhWvh6YKHYRPBdYQ6AEIbjAL#v=onepage&q=Bielsh%C3%B6hle&f=false |
Strahlendorf, Jörg | Höhlenexkursion 7: Bielshöhle mit Labyrinth, in: ABHANDLUNGEN der Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. Neue Folge Heft 8, Exkursionsunterlagen VdHK-Jahrestagung 2016 in Rübeland/Harz, S. 11 |
Tschorn, J.-S. | Die Bielshöhle, Mitteilungen Niedersachsen 2-1990, S. 34ff. |
Völker, Christel und Reinhard | Schauhöhlen in historischer Zeit, Heft 14, Mitteilungen des Karstmuseums, Uftrungen |
Links:
http://www.harzlife.de/untertage/bielshoehle.htm
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