Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Geißenklösterle
Schwäbische Alb, D
4 km nordöstlich von Schelklingen liegt im Achtal, 50 m über der Talsohle, in der Nähe der Firma Prinzing, eine große Höhlenruine, das "Geißenklösterle". Bei einem Parkplatz setzt ein Fußpfad an, zu dem Kalkfelsklotz hinaufführt. Eine Gedenktafel erinnert heute an Joachim Hahn, ehemals Professor an der Universität Tübingen, der viele Jahre hindurch in der Höhle gegraben hat. Die Höhle gehört inzwischen, zusammen mit einigen anderen Höhlen der Umgebung seit 2017 zum UNESCO-Weltkulturerbe und wird heute entsprechend vermarktet.
Bei den Felsen passiert ein Felstor von 4 m Breite und 4 m Höhe und gelangt so in den Kessel mit einem Durchmesser von ca. 25 m. Zwei Höhlen von 8 m und 10 m Länge liegen in der oberen Begrenzung, massiv abgegittert, weitere kleine Höhlen sind in den Wänden und es gibt auch noch ein Felstor am Hang des Bruckfelsens.
Bekannt war diese Örtlichkeit schon immer. Sie bot ja durch ihre Abgelegenheit und Charakteristik ein wenig Schutz. Im Namen ist bewahrt, daß man dort wohl die "Geißen" hinauftrieb, wo sie Schutz in der Halbhöhle vor dem Wetter fanden. Auch die Menschen zog es immer wieder dorthin, zuletzt im 2. Weltkrieg, als man dort eine Art Bunker hineingebaut hatte, der wieder abgetragen wurde, als man entdeckte, daß sich im Boden der Halbhöhle archäologische Funde befanden.
1957 war Reiner Blumentritt, damals noch Schüler, wohl der Erste, der darauf aufmerksam machte. 1963 begann Gustav Riek im mitteren Höhlenbereich mit einer ersten Sondage. 1973 machte Eberhard Wagner weiter, 1974 begannen die systematischen Ausgrabungen, zusammen mit Joachim Hahn. Bis 1991 wurden die Kampagnen fortgesetzt. 2001 wurden sie von Nicholas Conard und Hans-Peter Uerpmann fortsetzt und abgeschlossen.
Von den Ergebnissen gibt ein umfangreiche schriftliche Berichte, auf die hier verwiesen sei. Die Schichten reichten vom Mittelalter bis zurück, vermutlich, ins Moustérien. Herausragend war der Fund von vier aus Mammutelfenbein geschnitzten Figuren, ein Mammut, ein Bär, ein Bison und eine Mensch. Nach dem erfolgreichen Zusammensetzen vieler Bruchstücke konnte man eine Knochenflöte erkennen, womöglich das früheste bislang bekannteste Musikinstrument.
Literatur:
Binder, Hans, Herbert Jantschke (2003): Höhlenführer Schwäbische Alb. Höhlen – Quellen – Wasserfälle. 7., völlig neu bearbeitete Auflage. DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen
Moreau, Luc (2009): Geißenklösterle. Das Gravettien der Schwäbischen Alb im europäischen Kontext. Kerns, Tübingen
Striebel, Thomas (1995): Höhlen im Gebiet der Stadt Blaubeuren, Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten, Das Jahresheft 1995, S. 150ff
Wagner, Eberhard (1979): Eiszeitjäger im Blaubeurener Tal. (= Führer zu arch. Denkm. Bad.-Württ. Band 6). Theiss, Stuttgart
Links:
https://web.archive.org/web/20051222162807/http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.de/index.php?id=49
https://www.urmu.de/de/Forschung-Archaeologie/Fundstellen/Geissenkloesterle-(Blaubeuren-Weiler)
https://media.lgrb-bw.de/link/gtk/gtk_32.pdf
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