Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Schreiberhöhle, Ostalb


An der Straße zwischen Steinheim a. Albuch und Bartholomä auf der östlichen Schwäbischen Alb liegt rechts der Straße gleich nach der Einfahrt in einen Wald einen Wanderparkplatz. Dort steht auch eine große Informationstafel über mögliche Wanderziele in der Umgebung. Wer genau hinschaut, der sieht darauf auch den Hinweis auf die "Schreiberhöhle", die auf der anderen Seite der L 1165 liegt. Auf einem mit Juraschotter angelegten Weg geht es ins Doschental geht es dahin. Schön, daß man so etwas wieder macht und nicht einfach Teer in die Landschaft kippt, um einfach und billig eine Straße hinzubekommen. Links vom Weg ist eine dolinendurchsetzte klassische Juralandschaft mit vielen Wacholderbüschen. Schön, daß es auch so etwas noch gibt.

Kaum 100 m Strecke hat man zurückgelegt, dann weitet sich rechts vom Weg der Hang zu einem Halbrund, in dem der nicht zu übersehende Stahlgitterkäfig über dem Eingang in die Schreiberhöhle steht. ......

 

 
     
 
     
 

Im Mai 2016 sind wir zum Eingang wieder gewandert, um in die Höhle zu gelangen, alleine, das war wieder nicht möglich. Der Gitterkäfig war so geschlossen, im übertragenen Sinne, wie Fort Knox. Immer noch. Ein Schild tat kund, daß man nur zwischen Mitte Mai und Ende Juni noch hineinkönne, irre ich mich? Ansonsten sei die Höhle aus "Fledermausschutzgründen" versperrt. Die Anführungszeichen stehen hier nicht zufällig. Wirklich? "Fledermausschutzgründe"? In einem Bundesland Deutschlands, wo die Erde so aufgerissen wird, wie ausgesucht. Eine einzige Passage von Ulm in Richtung Stuttgart im Moment reicht, um sich zu fragen, wie das Verhältnis von Wirtschaftswachstum, das ja allerorts als magisches Wundermittel uns überall verkauft wird, und "Naturschutz" momentan noch austariert wird. Werden da nicht ein paar "Flagschiffprojekte" auserkoren und hochgehalten, "Fledermausschutz", um dann von ganz wo anders, sprich z.B. "CO2-Ausstoß" von Autos, ablenken zu können?

Als wir Mitte Juni 2016 dann noch einmal kamen, da war tatsächlich das Gittertor offen. Wau. Kein Hinweis war dann auch da, wann man vorhat, es wieder zuzumachen. Vor vWielen Jahren war ich ja schon einmal da und habe gute Erinnerungen daran. Wer da heute reinwill, der wird sich wundern, denn der ursprüngliche Zustand der Höhle wurde gründlich verändert. Man kann gerade noch ein paar Meter hinunterklettern, dann ist der ursprüngliche Zustand, nämlich ein Weg nach rechts und links, deutlich verändert. Steinschlichter waren da am Werk, fleissige. Sie haben nach einer Richtung den Weg massiv verschlossen, so daß nur noch eine Öffnung offen ist. Da kann man hinunterblicken, aber für Menschen für Weiterlebenswillen ist da erst einmal Schluß. Ein Felsloch öffnet sich da, da man wohl nur noch mit künstlichen Hilfsmitteln meistern kann, will man nicht verkrüppelt oder ziemlich entmenschlicht unten ankommen. Heutzutage tragen ja Menschen schon lange Aluleitern mit sich, die sie da gut aufstellen könnten, um hinunterzukommen. Andere, traditionellere Typen, hängen ein Seil irgendwo an der Sperrkonstruktion am Eingang fest und machen SRT. Legal ist das jetzt nur noch für wenige Wochen im Jahr scheinbar möglich. Immerhin wurden beim Sperrbau die Gitterstäbe horizontal angebracht. Andere "Fledermausschützer" anderswo haben sie, gewohnterweise, vertikal anlöten lassen, und verheerende Resultate erlebt: die Fledermäuse blieben einfach weg!

Im 19. Jahrhundert haben Philosophen einmal die Geschichtsphilosophien entwickelt, Hegel z.B., haben die These vom "Fortschritt" der Weltentwicklung in die Welt gesetzt. Ist da etwas dran? Ist der Bau eines Eisenkäfigs über einem Höhleneingang ein "Fortschritt"? Ist die Versperrung einer Höhle für den größten Teil des Jahres ein "Fortschritt"? Ist die Veränderung des natürlichen Zustandes einer Höhle, um sie für den größten Teil der Menschheit unzugänglich zu machen, ein Fortschritt? Ursprünglich war dieser Begriff positiv besetzt. Umdenken war längst angebracht - und hat sich schon vollzogen. Ist das die "Zukunft", ein weiterer sehr philosophischer Begriff. Tier und Mensch - weit von einander getrennt durch dicke Eisenstangen für möglichst lange Zeit - unser Zukunftsmodell?

   
     
   

Literatur:

Arbeitsgemeinschaft Berg, HHVL Laichingen, Höhlenforschungsgruppe Kircheheim & Höhleninteressengemeinschaft Oberkochen Die Höhlen des Kartenblattes 1:25 000 7226 Oberkochen (Ostalb), Laichinger Höhlenfreund 15 (2), Laichingen 1980, S. 11-40
Binder, H., & Frank, H., & Müller, K.  Die Höhlen der Heidenheimer und der Ulmer Alb.- Jh. Karst- u. Höhlenkde 1: 35- 55, 27 Abb., 1 Tab.; Stuttgart 1960
Kreuz, R. Neuvermessung der Schreiberhöhle im Doschental (Schwäbische Alb, 7226/06).- Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstf. 20 (1): 11- 14, 1 Abb.; München 1974

Links:

Die Schreiberhöhle (7226/06) bei Steinheim | Das Höhlenblog

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