Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

cueva Cullalvera


Nicht weit vom Ortszentrum von Ramales de la Victoria in Kantabrien liegt der Eingang in die Höhle Cullalvera. In einem zehnminütigen Spaziergang ist er zu Fuß leicht zu erreichen. Zahlreiche Text- und Photohinweise zeigen dem Besucher, wo er hingehen sollte. Die Besucher strömen, wer in Hauptbesuchszeiten hin will, der sollte vorher im Internet schon gebucht haben, sonst kann es passieren, daß er warten muß oder gar abgewiesen wird.

Das war nicht immer so. Als ich Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts einmal mit Klaus Vater die Gegend besuchte, da konnte man einfach in die extrem geräumige Höhle hineinspazieren. Nichts und niemand hinderte uns, da mit unseren Karbidlampen einfach hineinzuschauen, so weit zu gehen, wie wir Lust hatten, sahen auch die prähistorischen Zeichnungen an der Wand, irgendwann drehten wir wieder um. So haben es sicherlich Tausende von Menschen getan. Den Menschen, die in Ramales wohnten, kannten alle immer schon die Höhle und es ging auch. In der Zeit des Spanischen Bürgerkrieges hatte man im Eingangsbereich sogar ein Fahrzeugdepot unterhalten.

Nun steht also am Eingang ein geschmackvoll gestaltetes Schauhöhlengebäude, in dem man seine Tickets erwerben kann, marschiert auf dem betonierten Steg höhleneinwärts und wird dann von einer Abschließkontruktion aufgehalten. Hier hat man sich viel Mühe gegeben. Die linke Seite besteht aus einer Gitterkonstruktion aus senkrecht gestellten Eisenstangen, rechts sind große längliche Stahlplaten hochgestellt und zusammengeschweißt. Dann erinnert mich an die kunstvolle Konstruktion im Eingangsbereich der Niaux-Höhle (Vielleicht war da ja derselbe Architekt am Werk) oder die Stahlkunstwerke eines Richard Serra im Guggenheim-Museum in Bilbao. Für mich ist das wirklich das Alleinstellungsmerkmal dieser Höhle - was man ansonsten in der auf 400 m Länge erschlossenen Höhle sieht (sogar für Rollstuhlfahrer ist sie zugänglich), das ist eher "under par". Was hier noch zu zeigen ist, ist das, was der "Mensch" übrig gelassen hat von dem Naturobjekt und zu groß war, um zerstört oder hinausgetragen zu werden. 

Der Besucher wird hinter der Sperre erst einmal wieder "eingesperrt" in einer Zone, wo ihm zuerst einmal ein Film über die Region und die Höhle gezeigt wird. Für Ausländer, die kein Spanisch verstehen, wird das schnell etwas langweilig und man möchte lieber das "real thing" sehen, als schon wieder von optischen Medien drangsaliert zu werden. Dann geht es aber endlich los, man durchläuft eine zweite Stangensperre und steht auf einem geschickt gebauten breiten Steg, auf dem man den Höhlengang 1 Meter über dem Boden durchläuft. Gleich rechts an der Wand ist eine Überraschung: die Zeichnung eines roten Tieres. Warum nur in aller Welt hat damals der steinzeitliche Mensch dieses Kunstwerk angebracht? Schon hier im Eingangsbereich. Alles, was ich bisher von den "Fachleuten" dazu gelesen habe, hat mich nicht überzeugt. Es bleibt ein Rätsel. (Leroi-Gourhan beschreibt in seinem Buch die Höhle aus der Sicht eines Wissenschaftlers. Sehr lesenswert!)

Unser Führer gab sich alle Mühe, das Wenige, was da zu sehen war, ausführlichst zu beschreiben und zu erklären, für mich sogar extra in englisch. Es ist schon richtig eine Tortur, zum vielleicht fünfhundertsten Male zu hören, daß man die von der Decke hängenden Steinteile Stalaktiten nennt. Etwas Neues bitte mal!

Die Höhle liegt im Monte Pando und ist heute auf ca. 12 km Länge erforscht. Es gibt zwei Eingänge: die cueva Cullalvera in 95 m Seehöhe und die Torcas Humizas auf 285 m. Aus der steigt dauernd kalte Luft auf, die oft als Nebelschwaden sogar zu sehen ist. Der Hauptgang hat gewaltige Dimensionen von etwa 35 auf 25 m Durchmesser. Es gibt zwei riesige Hallen: die Sala Dantesca (140x80x30m) und das Caos Final (115x50x40m). Die Höhle fungiert als Überlauf eines unterirdischen Flußsystems, das aus dem Karstgebiet des El Pando-El Moro gespeist wird. Wenn die Wassermenge zu groß wird, steigt der Spiegel so weit an, daß auch in der Höhle Wasser zu fließen beginnt.

Die früheste bibliographische Hinweis auf die Höhle findet sich 1894 in der Arbeit von Gabriel Puig und Larraz in "Cavernas y Simas de Espana". 1909 besucht Brehuil die Höhle aus biospeläologischem Interesse. Im selben Jahr untersucht Obermaier die Höhle, um eventuell prähistorische Kunst zu finden, entdeckt aber offenbar nichts. 1954 finden dann spanische Höhlenforscher und Felsbildfachleute zwei Felsbildstationen. 1957 setzen intensive Höhlenerkundungen durch spanische Höhlenforscher von der G.E.S. ein und der sala Dantesca wird gefunden. Der Endsiphon wird 1963 erreicht. 1965 beginnt die Forschung im Torcas Humizas, dessen Verbindung mit darunter liegenden großen Höhle gesucht wird.

 

  2010   
     
2017

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Literatur:

Leroi-Gourhan, André Prähistorische Kunst - Die Ursprünge der Kunst in Europa, Herder, Freiburg 5. Auflage  1982
Puch, Carlos EL TOPO LOCO LAS GRANDES CAVIDADES ESPANOLAS, N° 3/5 - Julio, 1981
Puig, Gabriel, Larraz Cavernas y Simas de Espana, Boletin de la Comision del Mapa Geologico de Espana 1894-2

Links:

http://cuevas.culturadecantabria.com/cullalvera-2/

http://www.speleoclubcantabro.com/fotos/topos/lazos/cullalvera.html

Ramales, Landschaft und Höhlen bei

Landschaft und Höhlen im Val de Ason


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