Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Erdstall Hochbrunn
Wie viele Erdställe gibt es? Niemand kann diese Frage wirklich beantworten, genauso wenig, zumindest im Moment, warum sie einst einmal gebaut wurden. Und man weiß nicht, warum man sie wieder verfüllt hat. Lauter Fragen, bloß keine Antworten.
Den Erdstall in Hochbrunn, einem Weiler in der Nähe von Roding in der Oberpfalz, hat niemand vorausgeahnt. Beim Bau einer Wasserleitung war der Bauer 1876 auf einen Hohlraum gestoßen, der aber wegen Frostgefahr gleich wieder aufgefüllt wurde. 5 Jahre später kümmerten sich Erdstall- und Höhlenforscher wieder um das Objekt und begannen mit Zustimmung des Eigentümers mit der Wiederaufgrabung und Erkundung des unterirdischen Objektes, der bis dahin vollkommen unentdeckt geblieben war.
In Hunderten von freiwilligen Arbeitsstunden wurde der Erdstall aufgegraben, gesichert mittels des Einsatzes von Betonrohren, vermessen und ein Plan gezeichnet und die gemachten Funde sichergestellt, datiert und wissenschaftlich untersucht.
Im Grundriß ähnelt der Erdstall einem Ypsilon mit einem geraden Gang, der sich an einem Ende aufgabelt in zwei Äste. Ein Ast führte zu einem Horizontalschluf, der erst wieder aufgegraben werden mußte und dann in einen senkrecht in die Höhe führenden Schlot mündete, der verfüllt war, und in eine Kammer. Von oben her arbeitete man sich an der passenden Stelle nach unten und konnte so die Zustand vor der Verfüllung wieder herstellen. In dem Aushubmaterial kam Keramikmaterial und Holzkohle zum Vorschein, auch verrottetes Holz und ein kompletter Tonkrug, der bis oben hin mit Sand gefüllt war.
Vom jetzigen Einstieg geht in südlicher Richtung ein etwa 5 m langer Gang, der sehr verschüttet gewesen war. Die ursprüngliche Höhe war 1,40 m, die teilweise vollkommen wieder mit Löß-Lehm verfüllt war. Man holte alles wieder heraus, fand kleine und größere Steine, Holzkohle, verfaulte Holzstücke, Eisenabfälle und einen verrosteten geschmiedeten Nagel - keine Schätze! Am Ende stießen die Forscher auf eine Trockenmauer "in sauberer Mauertechnik". Was kommt dahinter? Über der Mauer ist ein Loch in der Decke. Man nimmt an, daß durch diese Öffnung das Einfüllmaterial heruntergekommen ist.
Ein weiterer Erdstallteil wurde gefunden, der sich unterhalb des heutigen Wohnhauses darüber erstreckt. Eine Stufe ist im Gang, dann stießen die Ausgräber auf einen Gangteil, der die Bezeichnung "Zelle" von ihnen bekam. In ihr setzt ein Vertikalschacht von 35/40 cm Durchmesser an, der von ihnen mühsamst wieder ausgeräumt werden mußte. Vor der Zelle befindet sich eine ca. 10 cm starke und 50 cm hohe Trockenmauer, die nur noch teilweise erhalten ist und die einst den Zugang zur "Zelle" verschloß. Am Grund des Schlupfes führt ein Gang in nordwestlicher Richtung weiter, der eine rundbogenförmige Decke hat, und stark verfüllt ist.
Auch hier stellen sich wichtige Fragen bei der Erforschung des Erdstalls: Wo liegt eigentlich der originale Zugang? Von welcher Richtung her wurden die Gänge vorgetrieben? Was steckt hinter den Trockenmauern? Wie groß ist die gesamte Anlage?
Anläßlich der 2016er Tagung des Arbeitskreises für Erdstallforschung in Kloster Strahlfeld wurde auf eines der Exkursionsziele wieder dieser Erdstall. Man hatte bereits vorgearbeitet und den tiefsten Teil des Erdstalls, der nur durch einen echten Erdstallschluf erreichbar ist, mit einer Pumpe wieder vom Wasser befreit, so daß er überhaupt erst zugänglich war. Allerdings sind die Bedingungen so extrem gewesen, daß meines Wissens nur eine einzige Person der Tortur unterzog, dort hinunter zu schlupfen. Herauskam wie ein lehmpaniertes Wesen, von oben bis unten überzogen von einer pappigem gelben Lehmschicht. Bestimmt die Hälfte der ganzen Truppe verzichtete ganz auf das "Vergnügen" über die Betonröhre in die Tiefe zu steigen. Unten empfing einen ein niedriger Gang mit aufgeweichtem Lehmschlammboden. Ja nach Körpergröße mußte man entweder im Entengang schlurfend sich noch fortbewegen oder knieenderweise vorwärtsrampfen. Weit kam man nirgends. Und der Blick hinunter in den Schlupf und der dahinter angsetzenden feuchten Kammer genügte den allermeisten. Früher war es hier trockener und entsprechend befahrungsfreundlicher. Heute ist das nur noch etwas für Hardcoreerdstallerer ohne Schlammbremse.
Literatur:
Schwarzfischer, Karl | Entdeckung eines unberührten Erdstalls in Hochbrunn bei Roding, Landkreis Cham, Der Erdstall 8-Roding 1982, S. 15ff. |
Werner Endres | Hafnergeschirr aus einer Erdstallverfüllung in Hochbrunn bei Roding, Landkreis Cham, Der Erdstall 8-Roding 1982, S. 41ff |
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