Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Erdstall Rabmühle bei Stamsried


Schaut man sich die Filme an, die in den vergangenen Jahren über "Erdställe" gedreht und gezeigt worden sind, dann nimmt die "Rabmühle" den obersten Platz in der Zeigehäufigkeit ein. Er eignet sich in vieler Hinsicht sehr gut dafür: leicht erreichbar, großräumig, keine Schwierigkeiten, um ins Innerste hineinzukommen. Ganz typisch ist er allerdings nicht, denn der Stachel, die engen Engstellen fehlen, dort wo es knackig wird. In vielen Erdställen gibt es nämlich Räume, die nicht mehr jedermann zugänglich sind. Wer sich da hindurch getraut hat, gewagt hat und tatsächlich durchkam, der kommt wieder in einen leeren Raum, oft mit einer kleinen Sitzbank am Rand. Mehr ist da nicht drin.

In der Rabmühle gibt es solche "inner spaces" nicht. Alles ist leicht erreichbar, ein wenig rutschig ist es vielleicht unterwegs, weil durch die vielen vielen Menschen, die inzwischen da sich schon durchbewegt haben, der Boden glatt geworden ist, teilweise spiegelglatt und richtig rutschig. Man muß schon richtig gut hinschauen, wohin man tritt, sonst liegt man schnell auf der "Schnauze". Zeitweise steht auch Wasser in einigen Gängen, dann versuchen die Besucher ihm zu entkommen. Das ist die Ursache für die zahlreichen "Trittsteine", die auf dem Boden liegen.

Ein Großteil des Erdstall ist heute ein Nachbau in Beton. Wenn man den nicht vorgenommen hätte, dann wäre er heute viel "kürzer". 35 Meter werden heute als Gesamtganglänge angegeben (eine schriftliche Quelle spricht von "58 m"), aber die Dimension der "Länge" sagt in Bezug auf Erdställe ja im Grunde gar nichts. Die Hilflosigkeit einer sich gerne als "vernünftig", "rational", den "Erkenntnissen der Wissenschaft folgenden Gesellschaft" wird angesichts eines Phänomens, das sich einem solchen Denkschema entzieht, besonders deutlich. "Länge" zählt hier nicht, auf mich wirkt das wie die verzweifelt wirkende Werbung für "Penisverlängerungen", die durchs Internet tobt.

Viele, viele Menschen haben durch den Besuch der Rabmühle einmal einen echten Eindruck von einem "Erdstall" bekommen. Die Spuren sind zu sehen, insbesondere an den "Feinheiten", z.B. an der Form der Felsstufen. Da ist nichts mehr eckig, sondern alles rund geworden.

Die Rabmühle war einer meiner allerersten Erdställe. Es war noch meine Sturm-und-Drang-Zeit. Nach einer ersten Befahrung mit Licht bis in die innerste Kammer habe ich das wiederholt. Von vorne bis hinten und zurück - und das alles ganz ohne Licht! Es hat geklappt, mit viel Vorsicht und Umsicht, Zuversicht, daß das schon möglich ist. Der Versuch geschah nicht ins Blaue hinein, gute Erfahrungen mit Befahrungen von einzelnen ausgewählten Höhlengängen, die wir, wirklich wir, weil es viele waren, hatten, gaben mir den Mut, das mal zu machen. Und es gelang.
Nichts ist erfolgreicher als Erfolg. Ich glaube nicht, daß das, was ich erlebt habe, wirklich verallgemeinerbar ist. Jeder geht seinen eigenen Weg - die Erfahrung des Labyrinths. Und da gibt es scharfe Wendungen. Auch für mich. Immer weiter wagte ich mich ohne Licht hinein in die unterirdischen Hohlräume, und plötzlich stürzte ich ab. Wie sich hinterher zeigte, war es eine Stufe von 1 m. Ich hatte Glück gehabt. Sonst könnte ich auch nicht mehr diesen Bericht schreiben.

Vor der 2013er-Erdstalltagung im Kloster Strahlfeld bin endlich wieder einmal hingefahren. Sekunden vorher traf Wolfgang Stich in seinem Bus ein, das SIEMENS-Zeichen tragend. Wolfgang war schon im Gespräch mit dem "Grundeigentümer". Ich gebe gerne zu, es ist schon wirklich sehr eigentümlich, daß ich da keinen "Namen" angeben kann, aber ich weiß ihn im Moment ehrlich nicht. Schade, aber so ist halt unsere gegenwärtige Kommunikation. Und zu fragen: "Wie heißt du?" Das wäre ja völlig schräg gewesen.

Wir bekamen sofort den Schlüssel für die Verschlußtüre. Small talk war angesagt. Ich fragte danach, wie oft Besucher kämen. Nicht oft, aber doch. Eine seltsame Besuchergruppe stellen die Geocachers dar, die irgendwo ein solches Gebilde beim Eingang stationiert haben, wo auch immer wieder Leute hingehen, die aber dann auch wieder weitergehen.

Mit Wolfgang Stich  habe ich mehrere Stunden freie Zeit im Erdstall gehabt. Niemand anders lief durch das Bild, keiner drängte darauf, daß bald schon wieder der Bus weiterfahren würde. Einzig das Abendessen im Kloster Strahlfeld gab ein vages Zeitlimit. Eine ideale Situation, um Erdstallbilder zu machen, 3.0-Qualität. Eine Kamera kann heute jeder kaufen, die Blitze, vielleicht, auch noch (ich schreibe das aus leidvoller tatsächlicher Erfahrung, weil das heute nicht wirklich gesichert ist - kein Wunder), dann braucht man. vielleicht auch noch ein Stativ, ich hatte eines, das dann, leider oft nur noch auf 2 Beinen stand, kein gutes Setting. Aber so ist das Leben. The ups and downs of  life. Ein paar Bilder von diesem schönen Tag, nicht unbedingt die gelungendsten im Internet.

 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     

 

Literatur:

Binder, Diana Die Tür, die aus der Erde kam, Chamer Zeitung 21. Dezember 2018, S. 19
Glatthaar, Regine Der Erdstall bei der Rabmühle, Der Erdstall Heft 19-1993, S. 57-66
Mittermüller, Andreas Sicherungsmaßnahmen am Erdstall Rabmühle, Markt Stamsried, Lkr. Cham, DER ERDSTALL 37-2011, S. 48-50
Nowak , Edgar Die Schrazelgänge bei der Rabmühle, in: Oberpfälzer Heimat 6, 1961, S. 49-54

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